Die Corona-Krise trifft das politisch gespaltene Venezuela voll in eine offene Wunde. Das südamerikanische Land befindet sich wegen der diktatorischen Herrschaft des sozialistischen Präsidenten Nicolás Maduro (57) in einer tiefen Krise. Sie wurde verschärft, seit westliche Staaten Oppositionsführer Juan Guaidó (36) als Präsidenten anerkennen und Sanktionen ergriffen haben.
Bisher wurden offiziell 33 Fälle von Infizierten registriert. Seit Sonntag gilt daher eine soziale und kollektive Quarantäne in der Hauptstadt Caracas sowie weiteren Teilen des Landes. Es ist eine wirtschaftliche Katastrophe für das ohnehin schon stark gebeutelte Land, in dem die Löhne heute kaum mehr für ein Kilo Fleisch reichen.
Gesundheitssystem am Boden
Gegen fünf Millionen Menschen sind in den vergangenen fünf Jahren aus Venezuela geflohen, darunter viele Ärzte und medizinisches Personal. Es fehlt an Wasser, Nahrung, Strom, Medikamenten, Schutzanzügen, Seife. Die Inflation stieg im vergangenen Jahr um fast 10'000 Prozent an. Da kommt eine Corona-Krise zum dümmsten Zeitpunkt.
José Félix Oletta, der von 1997 bis 1999 Gesundheitsminister war, sagt: «Das Gesundheitssystem ist völlig geschwächt und kann nicht auf die Grundbedürfnisse der Menschen eingehen – erst recht nicht bei einer epidemiologischen Situation wie jetzt.»
Hände waschen ohne Wasser
Eine Umfrage unter Ärzten, die von Médicos Unidos durchgeführt wurde, ergab, dass nur 25 Prozent der Befragten in ihren Spitälern über genügend Wasser verfügten. Zwei Drittel gaben an, dass sie weder Handschuhe noch Masken, Seifen, Schutzbrillen und Schutzanzügen hätten.
Maduros Regierung hat zwar Massnahmen ergriffen und nebst der Quarantäne Schulen geschlossen, Veranstaltungen verboten und den Flugverkehr aus Europa und Kolumbien lahmgelegt. Auch Anweisungen zur Hygiene wurden erteilt. Wie aber sollen sich die Venezolaner überhaupt die Hände waschen, wenn sie nicht einmal Wasser haben?
Appell an die Welt
Venezuela hat inzwischen einen internationalen Hilferuf abgesetzt. Aussenminister Jorge Arreaza (46) beantragt beim Internationalen Währungfonds (IWF) einen Notfallkredit von fünf Milliarden Dollar. Der IWF hat einen Krisenfonds von 50 Milliarden Dollar eingerichtet, um Entwicklungs- und Schwellenländern Erste Hilfe in der Corona-Krise zu leisten.
Der Oppositionspolitiker und Arzt José Manuel Olivares (34) sagt im «Guardian»: «Die Massnahmen, mit denen Maduro dem Gesundheitssystem geschadet hat, werden dazu führen, dass die Coronavirus-Pandemie weitere Todesfälle in Venezuela und der Region verursachen wird.»
Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.
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