Lange Warteschlangen gibt es am Flughafen Zürich nicht mehr nur wie früher während der Sommerferien. Sie sind zur Regelmässigkeit geworden – und sorgen für rote Köpfe.
Das Problem ist auch hausgemacht: Am Flughafen Zürich übernimmt die Kantonspolizei Zürich die Sicherheitskontrolle. Das wurde vor Jahren vertraglich geregelt. Diese Sicherheitskontrolle war zuletzt jedoch öfters nicht mehr in der Lage, das geforderte Personalkontingent am Flughafen zu stellen, um eine zügige Personenkontrolle zu ermöglichen.
Fluggesellschaften sind darum alles andere als zufrieden mit der Situation am Flughafen Zürich, der jahrelang für seine effizienten Abläufe geschätzt wurde.
Abhilfe dank Rentnern?
Wie Blick aus verschiedenen Quellen vernimmt, die mit dem Flughafen zusammenarbeiten, soll die «Kapo» nun auf Rentner aus den eigenen Reihen zurückgreifen wollen. Damit wolle sie Löcher in der Personalplanung für die Hauptsaison stopfen, heisst es. Namentlich will niemand hin stehen, zu gut kennt man sich am Airport.
Die Kapo selber will sich dazu gegenüber Blick weder telefonisch noch schriftlich äussern. Sie verschickt lediglich dasselbe Statement zum Personalengpass wie Mitte April: «Die Ausbildung von neuen Mitarbeitenden für die Flughafenkontrollabteilung ist in vollem Gange.» Zudem werde temporäres Assistenzpersonal rekrutiert und ausgebildet, das in den Sommermonaten die Vorbereitung der Sicherheitskontrolle unterstütze.
Mehr Lohn kein Thema
Immerhin: Für 2023 wurden fünf Lehrgänge für Kontrollpersonen geplant. Zwei sind abgeschlossen, einer läuft, zwei weitere folgen im Laufe des Jahres. Auf dem Stellenportal Jobs.ch sind zudem mehrere Inserate für «Sicherheitsbeauftragte der Flughafenpolizei» zu finden, bezahlt im Monats- oder Stundenlohn.
Nur: «Der Arbeitsmarkt ist völlig ausgetrocknet, und attraktiv ist der Job mit den Arbeitsbedingungen nicht wirklich», sagt Flughafen-Mitarbeiter Stephan M.* (62), der anonym bleiben will. Schicht- und Sonntagsarbeiten sind wenig beliebt, die Möglichkeiten für Homeoffice beschränkt.
Eine allfällige Zulassung von Drittfirmen mit höheren Löhnen – aktuell darf nur die Kantonspolizei die Passagierkontrollen ausführen – sei auch keine Lösung. «Die Bezahlung und Arbeitsbedingungen sind dieselben, da nach GAV Sicherheit bezahlt werden muss.»
CT-Scanner kommt erst 2025
Stephan M. bemängelt aber auch, dass der Flughafen zu lange auf kommerzielle Themen fokussiert war und zu wenig auf aviatische Infrastruktur und Passagiere: «Beim Circle wurde kräftig investiert, für die eigentlichen Luftfahrtanliegen dagegen nur spärlich.»
So wird der Flughafen Zürich im Gegensatz zu anderen europäischen Flughäfen voraussichtlich erst 2025 einen CT-Scanner einsetzen wird. Das Verfahren beschleunigt die Passagierkontrollen. Die Scanner durchleuchten das Handgepäck so gut, dass Flüssigkeiten oder Laptops drinbleiben dürfen.
Andere Flughäfen machen es vor
Deutsche Flughäfen wie Frankfurt und Hamburg haben in den vergangenen Monaten reservierbare Zeitfenster für die Sicherheitskontrolle eingeführt. Passagiere können sich dabei ab 72 Stunden vor Abflug online einen fixen Zeitslot für die Sicherheitskontrolle reservieren – kostenlos. Die Kontrolle erfolgt zwischen 6 und 1,5 Stunden vor der Abflugzeit, die Zeitfenster haben einen Puffer von plus oder minus zehn Minuten.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Reisende können ihren Flughafenaufenthalt besser planen. Zudem kommt es zu weniger Stau, weil Spitzenzeiten nicht mit früh erscheinenden Flugpassagieren von späteren Flügen zusätzlich belastet werden.
In Zürich sind Zeitslots aktuell jedoch «kein Thema», wie die Medienstelle gegenüber Blick ausführt. Dabei findet die Security-Kontrolle am Flughafen Zürich auf drei Etagen statt. Eine davon könnte gemäss Aviatik-Kenner ohne Probleme für Passagiere mit reservierten Zeitfenstern genutzt werden.
Bezahlbarer Service
Zu einer radikalen Massnahme gegen Warteschlangen griff Amsterdam: Als Passagiere wegen Staus Flüge verpassten, kippte der Flughafen schlicht einige Charterflüge aus dem Programm. Von diesem Szenario ist Zürich jedoch noch weit weg.
Manche Flughäfen bieten auch eine Prioritäts-Dienstleistung für Passagiere. An türkischen Flughäfen beispielsweise bietet der Schweizer Reiseveranstalter Bentour schon ab 59 Franken pro Person den minutenschnellen Prozess für Check-in, Pass- und Sicherheitskontrolle an gesonderten Schaltern. Etwas Vergleichbares gibt es in Zürich bislang nicht, ausser einem VIP-Service für Gutbetuchte. Dabei liesse sich mit dem Bedürfnis nach Zuverlässigkeit wohl noch Geld machen.
* Name der Redaktion bekannt