Die Schweiz hat die tiefste Wohneigentumsquote in ganz Europa. 64 Prozent der Einwohner leben zur Miete. Viele von ihnen würden daran gern etwas ändern. Zwei Drittel der Mieterinnen und Mieter träumen von einem Eigenheim, wie eine Studie von Moneypark im Frühling ergeben hat. Für die meisten bleibt es jedoch beim Traum. Denn die Immobilienpreise sind in den vergangenen 20 Jahren viel stärker gestiegen als die Löhne.
Viele Haushalte scheitern bereits am nötigen Eigenkapital. Wer eine typische Wohnung für 900'000 Franken kaufen will, muss mindestens 180'000 Franken an Eigenmitteln mitbringen. Geld, das viele nicht haben. Die Wirtschaftskommission des Ständerats möchte deshalb, dass der Bund jungen Familien bei der Finanzierung mit einer Bürgschaft unter die Arme greift.
«Tragbarkeit ist das grössere Problem»
Bereits unter den heutigen Eigenheimkäufern fehlen vielen die nötigen Mittel: «Die Mehrheit unserer Hypothekenkunden, die eine Wohnung oder ein Haus kaufen, ist auf Erbvorbezüge oder Finanzhilfen aus der Familie angewiesen», sagt James Kuhn (47), Hypothekarberater beim VZ Vermögenszentrum. Auch bei Moneypark sind die Hälfte der Hypothekarnehmer auf finanzielle Unterstützung aus dem Familienumfeld angewiesen, so Dennis Eicker (34), Leiter Partner & Produkte bei Moneypark.
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Die beiden Hypothekenexperten halten die Wirkung von Bürgschaften jedoch für gering. «Das viel grössere Problem ist die Tragbarkeit», sagt Eicker. Die Rechnung ist einfach. Angenommen, eine Familie kauft ein Einfamilienhäuschen für 1,1 Millionen Franken. Muss sie dafür eine Hypothek von 900'000 Franken aufnehmen, ist für die Tragbarkeit ein Haushaltseinkommen von 160'000 Franken nötig. Oder man muss mehr eigenes Geld einschiessen. Deshalb belaufen sich die Eigenmittel oft auf 30 oder 35 Prozent des Kaufpreises. Eine kleine Bürgschaft scheint da nur ein Tropfen auf den heissen Stein.
Baulandspekulanten verschärfen Problem
«Hilfreicher wären Massnahmen, die die hohen Preise herunterbringen würden. Und dafür muss mehr gebaut werden», so Kuhn. Er denkt dabei an einen Abbau von Regulierungshürden. «Heute dauert es von der Planung bis zur Bewilligung oft drei oder vier Jahre.» Das schrecke viele Investoren bereits ab. Schliesslich könne sich in dieser Zeit der Markt wieder verändert haben. Kuhn ist überzeugt: «Könnte man diesen Prozess auf ein Jahr verkürzen, würde die Bautätigkeit stark ansteigen.» Auch mit höheren Ausnützungsziffern könnte das Angebot mittelfristig erhöht werden.
Eicker sieht auch bei den Bodenpreisen grossen Handlungsbedarf: «Wir haben seit der Annahme des Raumplanungsgesetzes vielerorts zu wenig Bauland», sagt Eicker. Im urbanen Raum kann dies rasch ein Drittel oder gar über die Hälfte des Immobilienpreises ausmachen. Dazu tragen auch Spekulanten ihren Anteil bei.
«Es kann nicht sein, dass Besitzer ihr Bauland an zentralen Lagen über lange Zeit horten, weil sie darauf hoffen, dass die Preise immer weiter ansteigen.» Eicker sieht die Gemeinden in der Pflicht. Das Raumplanungsgesetz würde ihnen die notwendigen Instrumente liefern. Wer nicht innerhalb einer vorgegebenen Zeit, beispielsweise zehn Jahre, baut, muss seinen Boden veräussern.