Der Auftrag ist klar: Der Bund muss den Kauf von Wohneigentum fördern. So steht es in der Verfassung. Doch tut er das auch?
Nicht wirklich, findet die Mehrheit der Wirtschaftspolitikerinnen und -politiker im Ständerat. Der Bundesrat tue zu wenig. Der Verfassungsauftrag sei «derzeit nicht erfüllt», hielt die Wirtschaftskommission der kleinen Kammer vor wenigen Monaten unmissverständlich fest. Nun ziehen die Politiker – wenn auch zaghaft – erste Konsequenzen.
Auf dem Tisch liegt die Forderung, dass der Bund beispielsweise jungen Familien bei der Erfüllung des Traums vom Eigenheim unter die Arme greifen soll. Wer nicht erbt, für den ist eine eigene Wohnung oder ein Haus heute in vielen Fällen unerschwinglich.
Der teure Traum vom Eigenheim
Bund soll bürgen
Die Urner Ständerätin Heidi Z'graggen (57, Mitte) sagt, oft fehlten nur einige Zehntausend Franken für einen Kredit. Gehts nach ihr, soll der Bund in solchen Fällen einspringen und – zum Beispiel – gegenüber der Bank bürgen. Eine Familie soll also den Kredit bekommen, auch wenn sie eigentlich nicht genügend Geld dafür hat. Das Risiko trägt der Bund.
Mitte Siebzigerjahre bis 2003 gab es in der Schweiz bereits direkte Staatshilfe für Haus- und Wohnungsbesitzer. Vor zwanzig Jahren hat das Parlament dann ein neues Gesetz verabschiedet. Es sah vor, dass der Bund mit zinslosen oder zinsgünstigen Direktdarlehen den Kauf von Wohneigentum erleichtern kann. Doch noch bevor das Gesetz in Kraft getreten ist, beschloss man, diese Massnahme wegzusparen. Die Umsetzung wurde sistiert. Bis heute.
Nun sei höchste Zeit, das Gesetz zu reaktivieren und die direkte Förderung von Wohneigentum endlich einzuführen, findet Z'graggen. Schon 2021 hat die Mitte-Politikerin das per Vorstoss gefordert. Jetzt will die Wirtschaftskommission den Bundesrat beauftragen, die Umsetzung zumindest einmal zu prüfen. Im Dezember muss der Ständerat den Auftrag noch absegnen. Das wird Formsache sein, schliesslich hat die Kommission einstimmig entschieden.
Linke dagegen
Trotz des einstimmigen Beschlusses ist die Forderung umstritten. Die Basler SP-Ständerätin Eva Herzog (61) sagt: «Jetzt ist nicht der Moment für solche Massnahmen.» Der gemeinnützige Wohnungsbau, dessen Wirkung im Rahmen des Vorstosses auch untersucht werden soll, habe eine viel grössere Hebelwirkung, um die Wohnungsnot zu lindern. Die Sozialdemokratin warnt, dass eine direkte Eigentumsförderung die Immobilienpreise nur weiter in die Höhe treiben würde – eine Sorge, die auch der Bundesrat teilt.
Wohnungsnot beschäftigt Politik
Auch im bürgerlichen Lager ist Skepsis da, wie aus Gesprächen mit Parlamentariern hervorgeht. Dass der Bund wieder einmal einen Bericht schreibt: Dagegen ist niemand. Doch ob man danach wirklich Nägel mit Köpfen macht, ist eine ganz andere Frage.
Parmelin muss liefern
Mitte-Ständerätin Z'graggen ist trotz allem zuversichtlich. «Es wird sicher anspruchsvoll, aber ich glaube, wir können über die Parteien hinweg eine Mehrheit finden.»
Herzog hingegen setzt ihre Hoffnungen auch in Wirtschaftsminister Guy Parmelin (63). Bis Ende Jahr soll eine von ihm eingesetzte Arbeitsgruppe Vorschläge liefern, was man gegen die Wohnungsmisere tun kann. Trotz der verhärteten Fronten glaubt sie, dass Kompromisse möglich sind. Solche, die den Mietenden helfen – und vielleicht auch den Eigenheimbesitzern.