Haben Schweizer Banken den Krypto-Zug verpasst?
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«Eher im Mittelfeld»:Haben Schweizer Banken den Krypto-Zug verpasst?

Finanzplatz zögerlich bei Bitcoin & Co.
Banken drohen den Anschluss zu verlieren

Kryptowährungen sind in aller Munde. Doch von den Schweizer Banken ist nicht viel zu hören. Noch fehlt es vielerorts an Geschäftsmodellen für die Kryptowelt. Blick erklärt, woran das liegt und wie der Finanzplatz doch noch auf den Zug aufspringen kann.
Publiziert: 22.10.2022 um 00:10 Uhr
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Finanzminister Ueli Maurer wünscht sich ...
Foto: keystone-sda.ch
Christian Kolbe

Wenn sich der Finanzminister mehr «Krypto- und Blockchain-Leuchttürme aus der Schweiz» wünscht, ist das kein gutes Zeichen. Gesagt hat es Ueli Maurer (71) im Sommer, als er mit dem «Fintech Influencer of the Year Award» ausgezeichnet wurde. Maurers Anliegen ist ein schlechtes Zeichen für den Schweizer Finanzplatz, der immer noch zu den bedeutendsten der Welt zählt – nun aber den Anschluss an die Zukunft zu verlieren droht.

Einer der aufmerksamen Zuhörer an der Verleihung war Rino Borini (49), der sich seit zehn Jahren mit der digitalen Transformation der Finanzindustrie beschäftigt. «Der Zug ist noch nicht ganz abgefahren, aber er rollt schon aus der Bahnhofshalle», schätzt der Fintech- und Krypto-Experte die Lage ein. «Wir müssen nun rennen, damit wir noch aufspringen können.»

Die Grossen zögern

Die Schweizer Banken sind zwar führend bei der Vermögensverwaltung klassischer Anlagen wie Aktien, Fonds oder Fremdwährungen. Doch gerade für den normalen Privatkunden und Kleinsparer fehle ein Angebot für den Handel und die Verwaltung von Kryptowährungen wie Bitcoin und Co., so Borini.

Von den grösseren Instituten hat erst Postfinance angekündigt, dass sie ihren knapp 2,6 Millionen Kunden den Handel mit Kryptowährungen über die eigene Plattform ermöglichen will. Allerdings ist noch nichts spruchreif.

Borini ärgert sich darüber, dass er von seiner Hausbank bei seinen Krypto-Investments keine Unterstützung bekommt. «Die meisten Banken sind sehr skeptisch oder haben gar Angst, sich auf Kryptos einzulassen», sagt Borini. Und spricht von einer verpassten Chance, denn gerade die Jungen – die Kunden von morgen – seien am Umgang mit Kryptowährungen sehr interessiert.

Erwünschte Marktbereinigung

Woran es nach Borini besonders fehlt: Das Kryptobanking ist noch nicht in der Geschäftsleitung angekommen, also an der Stelle, wo die Entscheide über künftige Geschäftsmodelle fallen. Ein weiteres Problem: Eine neue Zahlungsmöglichkeit birgt immer auch die Gefahr von Geldwäscherei.

Dieser Gefahr ist sich auch Rino Borini bewusst. Er hofft, dass der aktuelle Krypto-Crash – der Wert des Bitcoins hat sich seit April mehr als halbiert – die Branche bereinigt: «Diese Marktverwerfungen sind gar nicht so übel, schlechte Angebote verschwinden dadurch vom Markt.» Und damit vielleicht auch windige und betrügerische Produkte, die nicht die Revolution des Finanzsystems im Sinn haben, sondern nur ihren Opfern das Geld aus der Tasche ziehen wollen!

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Im Gegensatz zu den meisten Krypto-Handelsplattformen verfügen die Banken in der Schweiz über eine unbezahlbare Währung – Vertrauen. Eine grosse Chance für den Finanzplatz: Viele Kunden möchten auch ihre Krypto-Transaktionen lieber über eine Bank als über irgendeine anonyme Plattform abwickeln.

Der Finanzplatz bewegt sich doch

Bei jeder Bank-Transaktion – sei es eine Zahlung, eine Investition oder ein Währungskauf – ist die Gegenpartei, der Partner hinter dem Geschäft, bekannt. Nicht so beim Handel mit Kryptowährungen. Dieser verläuft völlig anonym über die Blockchain.

Selbst wenn es noch wenige spruchreife Projekte etablierter Anbieter gibt: Der Finanzplatz bewegt sich. Das spürt auch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma). Die Zahl der Banken, die sich bei der Finma mit Blick auf Dienstleistungen im Kryptobereich melden und aufsichtsrechtliche Fragen klären wollen, habe sich in den letzten zwei Jahren etwa verdoppelt, heisst es im Gespräch mit Blick.

Vorreiterin Hypi Lenzburg

Die Finma verweist darauf, dass es in der Schweiz bereits rund 20 Banken gebe, die im Kryptobereich tätig sind. Darunter sind die beiden spezialisierten Kryptobanken Seba und Sygnum, die über ordentliche Banklizenzen verfügen. «Dank klarer regulatorischer Anforderungen sind in der Schweiz damit vergleichsweise viele Banken im Bereich der Blockchain-Technologie tätig», heisst es bei der Aufsichtsbehörde.

Auch wegen Bankenchefinnen wie Marianne Wildi (57) von der Hypothekarbank Lenzburg. Ihre Bank entwickelt seit 20 Jahren die Bank-Software Finstar und kann auf ein grosses Know-how zurückgreifen. Deshalb steht in Lenzburg die Neugier und nicht die Skepsis im Vordergrund. «Wir wollten den Zug nicht verpassen, sind aufgesprungen, auch um die Technologie grundsätzlich zu verstehen», erklärt Wildi im Gespräch mit Blick.

Die «Hypi» bietet ihren Finstar-Kunden die Möglichkeit, tokenisierte Wertschriften oder auch Kryptowährungen zu verwahren. Noch ist die Verwahrung von Kryptowährungen für Privatkunden allerdings nicht verfügbar.

Das sei erst der Anfang, so Wildi. «Die Blockchain ermöglicht es, Kapitalerhöhungen und Aktienemissionen viel effizienter durchzuführen.» Das heisst günstiger und in einer Grössenordnung, die vor allem auch für KMU interessant ist. Etwas, das dem Wunsch des Finanzministers sicher entgegenkommt.

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