«Kryptowährungen sind eine Falle für naive Menschen. Das Geld, das diese unerfahrenen Investoren verlieren, sammeln Leute wie ich wieder ein.» Pascal Rohr (40) ist ein Familienvater aus Adligenswil LU. Er ist mit Bitcoin und Co. nicht Millionär geworden. Und er hat nicht sein ganzes Geld mit Digitalwährungen verzockt, obwohl er schon lange dabei ist.
Krypto-Anleger wie Rohr sind in der Mehrheit, und doch finden ihre Geschichten in den Medien kaum Gehör. Die Märchen- und Horror-Storys, diese «Extrembeispiele», wie Rohr sie nennt, stören den Musikproduzenten und DJ aus der Innerschweiz. Der Blick-Leser will aufklären.
«Bitcoin und die Blockchain-Technologie kann eigentlich jeder verstehen. Aber man muss sich die Zeit dafür nehmen», sagt er. Zu viele Menschen würden darin investieren, ohne dass sie eine Ahnung hätten, wie Finanzmärkte funktionieren. «Ich kenne Leute, die kaufen sich aufgrund eines Videos auf Youtube ein, in dem ein Influencer seinen Zuschauern einen Kursanstieg um das Hundertfache verspricht.»
Nicht zu recherchieren sei besonders gefährlich – «egal ob es um Aktien oder Kryptowährungen geht», sagt Rohr. «Es ist das Patentrezept, wie man sein Geld verliert.»
«Sonst kann ich ins Casino gehen»
Pascal Rohr hat seinen ersten Bitcoin gekauft, als Digitalwährungen noch kaum bekannt waren. «Ein Kollege – ein Technik-Freak – hat mir davon in einer Bar erzählt.» Rohr dachte, sein Kumpel sei «auf den Kopf gefallen». «Er sagte zu mir: Das wird riesig, da musst du mitmachen.»
Rohr las sich in das Thema ein, recherchierte und entschloss sich, einen kleinen Betrag zu investieren. Obwohl der Bitcoin-Kurs in den folgenden Jahren durch die Decke ging, wurde Rohr nicht reich davon. «Ich habe immer wieder Bitcoins verkauft, also Gewinne mitgenommen. Wer das nicht gemacht hat und wegen des Kurssprungs Millionär geworden ist, hat seine Bitcoin wohl einfach vergessen oder ist ein Verrückter.»
Erst im Sommer 2021 stieg Rohr ernsthaft ein. Die Kryptowährung Bitcoin, die er all die Jahre als «ein bisschen Zocken» angesehen hat, ist seiner Ansicht nach erwachsen geworden. «Lange Zeit korrelierte der Bitcoin-Kurs mit den grossen Aktienindexes wie der US-Technologiebörse Nasdaq überhaupt nicht», erklärt Rohr. In den letzten Jahren hat sich das nachweislich geändert. Fällt der Nasdaq, gehts in aller Regel mit Bitcoin abwärts. Und umgekehrt. «Das ist für mich eine wichtige Entwicklung, denn sonst kann ich ins Casino gehen», sagt Rohr. Die Kursentwicklung sei vorhersehbarer geworden, «und die Volatilität des Bitcoin-Kurses macht das Investment zunehmend attraktiv».
«Das war Gier!»
Gut fünf Prozent seiner Vermögenswerte machen die Investitionen in Bitcoin mittlerweile aus. Kein grosser Betrag, der aber nicht grösser werden soll. Der Bitcoin hat in Rohrs breitem Portfolio nun einen ernsthaften Charakter.
Der gebürtige Aargauer bezeichnet seine Anlagestrategie als typisch schweizerisch: «Stinklangweilig, aber effektiv.» Auch Freunde sind darauf aufmerksam geworden, fragen ihn um Rat. «Ich begleite zum Beispiel eng einen Kollegen. Er hat nicht viel Geld zur Verfügung, wollte aber fünf bis zehn Prozent seines Vermögens in Bitcoin investieren», erzählt Rohr.
Sie setzten ein Kursziel von 60'000 Dollar aus. Als der Bitcoin im Herbst 2021 auf diese Höhe stieg, verkaufte Rohr fast alles. «Er wollte dann aber nicht aussteigen und meinte, dass der Kurs noch weiter ansteigen wird», erinnert sich Rohr. Der Kollege verkauft zu spät – der Bitcoin-Kurs fiel. «Das war Gier! Geleitet von Emotionen. Beides Dinge, von denen man sich beim Investieren nie beeinflussen lassen sollte.»
«Bitcoin kann gegen null gehen»
Rohrs Strategie: Einen Plan erstellen und sich daran halten. «Zuerst kläre ich das Worst-Case-Szenario ab. Trifft dieses ein, muss ich mein Leben ganz normal weiterleben können.» Dann gibt Rohr in der Krypto-Börse seine Kaufaufträge etappenweise ein. Fällt der Bitcoin-Preis unter eine Etappe, wird der Auftrag automatisch ausgelöst. «Das gleiche Spiel, wenn es hochgeht», sagt Rohr. «Gewinne muss man etappenweise mitnehmen.»
Den Plan ändert er nie. «Wer am Markt nachläuft, der wird vom Markt aufgeschluckt.» Glaubt Rohr an die grosse Zukunft des Bitcoins? «Er wird nie ein Zahlungsmittel sein. Die Zentralbanken werden sich das Geldmonopol nicht aus der Hand nehmen lassen», antwortet er. «Aber ich bin überzeugt, dass der Bitcoin eine Rolle innerhalb dieses Systems spielen kann, wenn er anständig reguliert ist.» Und wenn nicht? «Bitcoin kann gegen null gehen», gibt Rohr unverhohlen zu. «Wenn er strikt verboten wird. Eine Möglichkeit, die man einkalkulieren muss.»
Es sei nicht zu spät, einzusteigen. «Aber die Bank würde ich nicht fragen», sagt Rohr und lacht. Aus Neugierde habe er seinen Bankberater mal gefragt, ob sich ein Investment in Bitcoins lohnen würde. «Er sagte zu mir, das solle ich besser wieder vergessen. Da würde ich mein ganzes Geld verlieren. Er konnte mir aber nicht sagen, weshalb.» Wer investieren will, der soll sich selbst informieren.
Rohrs Schlusswort an die Blick-Leserinnen und Leser: «Ab dem Moment, wo Sie ins Bett gehen und an den Bitcoin-Kurs denken, sollten Sie es sein lassen.»