Feuer unterm Dach in der Baubranche
Gewerkschaften fordern mehr Lohn für Bauarbeiter – Verband winkt ab

Viele Bauarbeiter verdienen 2024 immer noch gleich viel wie im Vorjahr – trotz gestiegener Kosten. Das muss sich gemäss den Gewerkschaften dringend ändern. Der Baumeisterverband ist anderer Meinung.
Publiziert: 12.04.2024 um 17:43 Uhr
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Aktualisiert: 12.04.2024 um 17:45 Uhr
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Etwas mehr als ein Viertel der Baufirmen hat für 2024 Lohnerhöhungen ausgesprochen.
Foto: keystone-sda.ch
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Milena KälinRedaktorin Wirtschaft

Der Schweizer Baumeisterverband (SBV) sieht das Problem nicht, für die Gewerkschaften ist es ein klares Verdikt: Gemäss einer breit angelegten Lohnumfrage von Unia und Syna hat rund die Hälfte der Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter 2024 keine Lohnerhöhung bekommen. Das sorgt vor allem für «Wut und Enttäuschung» bei den Büezern, weil die Kosten der Lebenserhaltung massiv angestiegen sind.

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Insgesamt haben 73 Prozent der Baufirmen gemäss der Umfrage keine Lohnerhöhungen für 2024 ausgesprochen. «Wir waren selbst schockiert. Wir sind davon ausgegangen, dass die meisten Firmen eine Lohnerhöhung gewährt haben», sagt Nico Lutz (53), Sektorleiter Bau bei Unia, am Freitag an einer Medienkonferenz in Bern zu Blick.

Bauarbeiter verdienen weniger als Schweizer Median

Gemäss den Gewerkschaften liegt der Durchschnittslohn beim Baustellenpersonal bis zur Hierarchiestufe Vorarbeiter bei 6094 Franken pro Monat. Der SBV spricht gleichzeitig von einem Durchschnittslohn von fast 6300 Franken – jeweils mal 13. Beides liegt unter dem Schweizer Medianlohn von 6788 Franken.

Ende Monat bleibt den Bauarbeitern immer weniger Geld im Portemonnaie. Das allgemeine Preisniveau liegt 7 Prozent höher als noch Ende 2020. Mieten sind seit 2023 um 3 Prozent gestiegen – Krankenkassenprämien um 15 Prozent. 

Bei den Lohnverhandlungen letzten Herbst hatte der SBV trotzdem auf eine generelle Lohnerhöhung verzichtet – und setzte stattdessen auf die Eigenverantwortung der Firmen. «Es sind tendenziell die grösseren Firmen, die eine Lohnerhöhung ausgesprochen haben», weiss Gewerschafter Lutz. Unia und Syna haben auch bei Beschäftigten von Subunternehmen wie Eisenlegern und Schalern sowie bei Temporärbüros nachgefragt. Dort zeigt sich ein anderes Bild.

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Und das, obwohl die Baubranche gemäss den Gewerkschaften dank rekordhoher Umsätze und voller Auftragsbücher boomt. Nicht zuletzt wegen der gestiegenen Preise: Diese haben die Baufirmen an die Bauherren weitergegeben. «Baufirmen müssen die Preise anpassen können – es müssen aber auch die Löhne steigen», so Chris Kelley (37), Co-Leiter Sektor Bau bei der Unia.

Der SBV erwartet dagegen für 2024 weniger Neuaufträge. «Die Bautätigkeit ist bereits letztes Jahr real leicht gesunken», so Matthias Engel (45), Mediensprecher des SBV.

Er betont: «Das Schweizer Bauhauptgewerbe zahlt mit Abstand die höchsten Mindestlöhne für Handwerker – sie halten mit dem Lohnniveau akademischer Absolventen mit.» Gemäss den Gewerkschaften entwickeln sich die Löhne jedoch kaum – ab einem Alter von 46 Jahren seien die Löhne gar unterdurchschnittlich. 

Viele verlassen die Baubranche

Dabei sucht die Branche händeringend nach Personal. Die Flucht aus der Branche ist ein Hauptgrund für den Fachkräftemangel. «Jeder zweite Maurer verlässt die Baubranche komplett – viele bereits in den ersten Jahren nach dem Lehrabschluss», sagt Kelley. Höhere Löhne wären ein Weg, die Branche wieder attraktiver zu machen.

Die Bauarbeiter haben mit dem Landesmantelvertrag 2023 bereits mehr Lohn erhalten. «Angesichts des Fachkräftemangels wollte der Verband den Betrieben möglichst viel Handlungsspielraum belassen, damit diese per Anfang 2024 individuell die Löhne anpassen konnten», so Engel.

Das haben offenbar viele Firmen versäumt. «Das Problem betrifft alle: Die Bauarbeiter leiden unter einem Kaufkraftverlust, die Branche wird weniger attraktiv und es wird für Firmen zum Problem, die tatsächlich eine Lohnerhöhung gewährt haben», so Lutz. 

Im Mai wird der SBV seine eigene Lohnumfrage präsentieren, die der Verband unter seinen Mitgliederfirmen jährlich durchführt. Die Gewerkschaften werden daraufhin im Juni ihre Lohnforderung festlegen. Diese müsse «mehr als die Teuerung betragen und auch dem Lohnrückstand der letzten Jahre Rechnung tragen».

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