Nach wie vor sprechen viele Menschen in der Schweiz nur sehr ungern über ihr Gehalt. Topverdiener fürchten eine Neiddebatte oder setzen auf das schweizerische Understatement: Bloss nicht angeben! Geringverdiener halten sich aus Scham bedeckt. Am ehesten rücken noch die Normalverdiener mit ihrem Gehalt heraus. Nicht aber, ohne unmissverständlich klarzumachen, dass man für die eigene Leistung ganz offensichtlich unterbezahlt ist.
Ganz in der Tradition des Schweizer Finanzplatzes setzen auch die Eidgenossinnen und Eidgenossen beim lieben Geld auf Geheimniskrämerei. Da kommt das neuste Lohnbuch Schweiz 2024 gerade recht. Auf den 758 Seiten werden Tausende Angaben zu Monatslöhnen für Branchen, Berufe und zum Teil auch Altersgruppen gemacht. Oft sind es statistisch erfasste Medianwerte oder Durchschnitte. In anderen Fällen werden die in Gesamtarbeitsverträgen (GAV) definierten Löhne aufgelistet. Oder für Berufe ohne GAV Lohnempfehlungen aufgeführt. Blick liefert eine Übersicht, wie viel Arbeitskräfte in verschiedenen Branchen verdienen.
Kaderlöhne in der Statistik wenig aussagekräftig
Der Fokus liegt dabei auf Arbeiterinnen und Arbeitern ohne Kaderfunktion. Damit fallen die Berufe mit Bruttolöhnen von 15'000, 18'000 oder über 20'000 Franken pro Monat weg. Allzu viel Aussagekraft haben die Top-Löhne sowieso nicht. So verdient ein Managing Director im Investmentbanking gemäss Lohnbuch im Schnitt rund 21'538 Franken pro Monat und die Top-Leute unter ihnen gar 27'000 Franken. Inklusive Boni streichen diese Funktionen jedoch ein Vielfaches davon ein.
Im Investment und Private Banking fliessen auch ohne Kaderrolle üppige Gehälter. Zum Beispiel bei den sogenannten «Jägern». Diese Kundenbetreuer gehen ausser Haus offensiv auf reiche Kunden zu und versuchen, ihnen Anlageprodukte schmackhaft zu machen. Durchschnittslohn: 17'000 Franken – exklusive Boni. Die «Sammler» sitzen im warmen Büro und warten auf den Anruf eines Kunden. Durchschnittslohn: rund 11'500 Franken ohne Boni.
Bei den Finanzfachleuten sind Boni hingegen kaum ein Thema. Mit genügend Berufserfahrung können Controller, Wirtschaftsprüfer oder Steuerspezialisten bei Kreditinstituten, Banken und Sparkassen mit einem Lohn von 10'000 Franken und mehr rechnen. KMU zahlen erwartungsgemäss etwas schlechter.
Tiefer Lohn für Angestellte in Schokoladenindustrie
Die Chemiebranche in der Nordwestschweiz zahlt gemäss Lohnbuch in vielen Berufen Medianlöhne zwischen 4500 und gut 12'500 Franken. Wer einen Hochschulabschluss in der Tasche hat, baut den Lohnabstand auf die Kollegen mit einem Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) in der Regel bis zum Karriereende deutlich aus.
Die Schweizer Schokoladenindustrie bringt mit ihren Pralinen die Herzen der Konsumenten zum Schmelzen. Die Angestellten werden dafür nur mit einem kleinen Zückerli belohnt. Wer unter 30 ist, erhält einen Medianlohn von weniger als 4000 Franken – brutto. Bei den Über-50-Jährigen sind es monatlich gut 4800 Franken – und das 13 Mal im Jahr.
Angestellte in der Produktion von Pharmazeutika erhalten in den ersten Arbeitsjahren 6874 Franken pro Monat und klettern bis zum Ende der Laufbahn im Mittel auf 8420 Franken.
Berufe zum Anpacken
Für körperliche Jobs gibt das Lohnbuch häufig die Löhne an, die gemäss Gesamtarbeitsverträgen gelten. Ein Metzger mit fünf Jahren Erfahrung darf gemäss GAV mit mindestens 4550 Franken pro Monat rechnen; ein Uhrenmacher in Bern nach einer 4-jährigen Ausbildung mit mindestens 4700 Franken.
In Berufen ohne GAV sind die Lohnempfehlungen von Verbänden ein guter Anhaltspunkt. Bei einer Floristin EFZ wird ein Lohn von 4250 bis 4500 empfohlen. Ein Elektroinstallateur mit einem Jahr Berufserfahrung sollte mit 5000 Franken entlohnt werden. Für KV-Angestellte nach der Lehre beträgt die Empfehlung 4500 Franken. Mit Anfang 30 sollten es dann knapp 5500 Franken sein.
Grosse Bandbreite bei Bürosesselklebern
Was die Eltern ihren Kindern nunmehr seit 20 Jahren sagen, gilt weiterhin: Informatiker sind hoch gefragt und können schon mit Mitte 30 mit einem Monatslohn nahe an 10'000 Franken rechnen. Top-Leute kriegen noch deutlich mehr.
Spitzenaussichten auf dem Jobmarkt haben zudem Ingenieure, die auch ganz ohne Führungsposition im Durchschnitt ab Mitte 30 um die 10'000 Franken im Monat verdienen und mit Mitte 50 auf über 12'000 Franken kommen. In der Immobilienbranche erscheinen die Löhne auf den ersten Blick tiefer als erwartet. Gerade Makler leben aber von Provisionen, die im Schnitt von 5000 Franken pro Monat nicht enthalten sind. Ein Verwalter von Überbauungen mit Eigentumswohnungen erhält im Schnitt immerhin knapp 7700 Franken.