Im harten Wettbewerb um Kundinnen und Kunden locken Krankenkassen mit einem erweiterten Leistungsumfang in Form von Zusatzversicherungen. Wer zur Basisprämie zusätzlich Geld auf den Tisch legt, soll dafür etwas geboten bekommen.
Ein Angebot von Helsana ist so populär, dass der Krankenversicherer nun zurückkrebsen muss. Soeben hat er Versicherten, die die Zusatzversicherung «Completa Extra» abgeschlossen haben, einen Leistungsabbau angekündigt. Statt wie bisher den vollen Rechnungsbetrag für gesundheitsfördernde Massnahmen wie Fitness oder Kurse für Ernährung zu übernehmen, sind es künftig noch 60 Prozent. Neuabschlüsse für «Completa Extra» akzeptiert die Krankenkasse generell nicht mehr.
Leistung war zu beliebt
«Versicherte beziehen unerwartet viele Leistungen, insbesondere im Bereich Gesundheitsförderung», begründet Helsana den Abbau im Schreiben, das Blick vorliegt. Wer mit den Änderungen nicht einverstanden sei, könne auf Ende Jahr kündigen.
Eine Leistung abbauen, weil sie bei den Kunden zu beliebt ist? Laut Felix Schneuwly (63) vom Preisvergleichsportal Comparis ist das eine gängige Praxis unter Krankenkassen. Denn: «Solche Angebote sind oft Marketinginstrumente, um neue Kunden anzulocken», sagt der Krankenversicherungsexperte. Nebst dem Helsana-Beispiel seien ihm ähnliche Fälle primär bei der Spitalauswahl bekannt. Auch dort würden Versicherte die Leistung übermässig oft in Anspruch nehmen.
Das Problem: Nehmen zu viele Zusatzversicherte die Leistung in Anspruch, sind Krankenkassen oft nicht mehr in der Lage, die Kosten zu decken. Dies war auch bei Helsana mit «Completa Extra» der Fall. In solchen Fällen droht eine Intervention vonseiten der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma). «Sie kann die Krankenkassen dazu zwingen, die Prämien zu erhöhen», sagt Schneuwly. Will ein Versicherer das verhindern, bleibt ihm nur ein Leistungsabbau übrig.
Tatsächlich schreibt ein Helsana-Sprecher auf Anfrage: «Anstelle einer Erhöhung des Prämientarifs haben wir uns für eine Erhöhung des Selbstbehaltes entschieden.» Damit seien versicherte Personen, die keine Leistungen aus dem Baustein der Gesundheitsförderung beziehen, nicht von der Massnahme betroffen. Die Anpassung habe Helsana mit der Aufsichtsbehörde besprochen.
Investition zahlt sich nicht aus
Dass Helsana ausgerechnet bei der Gesundheitsförderung kürzt, erstaunt. Schliesslich sind gesunde Menschen weniger anfällig auf Krankheit, kommen den Versicherer deshalb günstiger zu stehen. Helsana teilt jedoch mit, Gesundheitsvorsorge und Prävention würden generell in der Eigenverantwortung des Individuums liegen.
Schneuwly erklärt: «Zwischen dem gesundheitsfördernden Verhalten und den positiven Folgen in Form von weniger Krankheit liegen oft Jahre, wenn nicht Jahrzehnte.» Darum lasse sich der tatsächliche Ertrag für die Krankenkasse nur schwierig berechnen.
Zudem sei es wahrscheinlich, dass Versicherte früher oder später den Anbieter wechseln. «Dann hat der Versicherer natürlich nichts von den gesundheitsfördernden Massnahmen, in die er investiert hat», sagt Schneuwly.