«Als ich als CEO der Credit Suisse zurücktrat, hatte das Unternehmen nach einer tiefgreifenden Restrukturierung gerade den höchsten Gewinn seit zehn Jahren erzielt. Und obwohl ich die heiklen Situationen, die sich unter meiner Aufsicht entwickelt hatten, gut gemeistert habe, ist in den folgenden Jahren einiges schiefgelaufen.»
So lautet der zweite Abschnitt eines Kommentars in der «Financial Times». Der Verfasser: Tidjane Thiam. Dieser war vom 1. Juli 2015 bis zum 14. Februar 2020 CEO der Credit Suisse Group. Es ist die erste öffentliche Stellungnahme eines früheren hochrangigen Managers zu den Vorgängen der letzten Tage bei der Credit Suisse.
Der Text soll aufzeigen, was mit der CS zuletzt schiefgelaufen ist. Es ist vor allem eine Würdigung des eigenen Tuns von Thiam. Er rettet quasi öffentlich seine Haut und legt dar, wie bei seinem Abgang noch alles im Reinen war. Ein ungewohnter Vorgang. Wasser auf die Mühlen jener, die stets monieren, wie wenig eigene Fehlereinsicht bei Topbankern zu finden sei.
Wo wurden konkret Fehler gemacht?
Im Text äussert sich Thiam viel über sich selber. Darüber, wie er die Probleme schon lange kommen sah. Wie er das Risk-Management forsch und mit vielen Investments anging. Ein Unterfangen, das nach seinem Abgang «noch nicht abgeschlossen» war, wie er selber schreibt. Er habe auch das Compliance-Team massiv ausgebaut. Daraus leitet er die hervorragenden Ergebnisse der CS zum Zeitpunkt seines Abgangs ab.
Wurde dies danach alles in den Wind geschossen? Was genau lief schief – und wann? Wer machte Fehler? Dazu schreibt Thiam nichts. Namen nennt er nicht. Sagt nur, wie ihn die aktuelle Situation traurig mache.
Keine eigenen Fehler eingestanden
Dabei lief auch unter ihm nicht alles rund. Sein Abgang war unrühmlich. Wer erinnert sich nicht an die Affäre mit der Beschattung von Mitarbeitenden durch Privatdetektive? Wie die Finma daraufhin «erhebliche Mängel» bei der Corporate Governance der CS feststellte? Eine «unangemessene Unternehmenskultur bei der operativen Führung» bemängelte? Kein Wort dazu.
Gegen Ende des Textes gibt Thiam dann immerhin noch lesenswerte Einschätzungen zur aktuellen Situation ab. Er beklagt, dass die Behandlung der Inhaber von AT1-Anleihen – deren Titel von der Finanzmarktaufsicht (Finma) unilateral zu Abschreibern erklärt wurden – zu «erheblicher Unsicherheit» geführt habe. Er erwartet hier jahrelange juristische Nachspiele. «Unter dem Strich könnten die US-amerikanischen und asiatischen Konkurrenten aus all dem gestärkt hervorgehen», orakelt Thiam.
Thiam beklagt auch, dass den Aktionären eine Abstimmung über die Vorgänge verwehrt wurde. Er ruft nach Leitfäden, mit denen man künftigen Bankkrisen begegnen könne. Man solle «aus der Vergangenheit lernen».