Im Frühling 2007, wenige Monate vor Beginn der globalen Finanzkrise, befindet sich die Credit Suisse (CS) auf ihrem Zenit: Die Aktie kostet mehr als 90 Franken, das Unternehmen hat einen Börsenwert von fast 100 Milliarden Franken – und ernennt Investmentbanker Brady Dougan (63) zum CEO.
Die Krise, die im Zusammenbruch der US-Grossbank Lehman Brothers gipfelte, überstand die CS vergleichsweise gut. Doch seither passte beim Traditionsunternehmen nicht mehr viel zusammen: Das Investmentbanking, Herzstück des globalen Kasino-Kapitalismus, wurde von der Konzernspitze ausgebaut. Von nun an ging es mit der Grossbank nur noch bergab. Aktuell gibt es die Aktie für läppische vier Franken, die CS wird nur noch mit zehn Milliarden Franken bewertet.
Fast 1,6 Milliarden für die Konzernleitung
Diese Woche verkündete die neue Führungsspitze der Bank eine Radikalkur. Die alte Führungsriege, die das Fiasko durch strategische Fehler verursacht hat, ist jedoch längst über alle Berge. Und schwimmt im Geld, das sie von der CS erhalten hat.
Berechnungen von SonntagsBlick zeigen: Zwischen 2007 und 2021 kassierten die Verwaltungsräte und Konzernleitungsmitglieder der CS rund 1,6 Milliarden Franken an Löhnen und Boni. Allein die ehemaligen CEOs Brady Dougan (2007–2015, 160 Mio.) und Tidjane Thiam (2015–2020, 90 Mio.) sowie der langjährige Verwaltungsratspräsident Urs Rohner (2011–2021, 50 Mio.) liessen sich von der CS rund 300 Millionen Franken überweisen.
«Diejenigen, die Risiken eingegangen sind, sollen für die Risiken haften.»
Michael von Felten, Präsident Schweizerischer Bankpersonalverband, findet das stossend. Er kritisiert insbesondere, dass keiner der alten Führungsriege je Verantwortung übernommen habe. «Diese Tatsache wird die Bank noch lange belasten», sagt von Felten. «Für einen echten Neuanfang würde es deshalb helfen, wenn zum Beispiel ein Urs Rohner hinstehen und sagen würde: Ich habe Fehler gemacht und zahle einen Teil meiner Entschädigung zurück.»
Marc Chesney (63), Finanzprofessor an der Universität Zürich, kritisiert wiederum, dass im Falle der CS das Hauptprinzip des Liberalismus ausser Kraft gesetzt werde: «Diejenigen, die Risiken eingegangen sind, sollen für die Risiken haften. Im Falle der Credit Suisse jedoch, die noch immer ‹too big to fail› ist, haften die Steuerzahler, nicht das Management.» Chesney zieht daraus folgenden Schluss: «Demzufolge sollten die Steuerzahler auch im Verwaltungsrat der CS vertreten sein.»
CS sieht bei Managementvergütung keinen Handlungsbedarf
Die CS selbst teilt auf Anfrage mit, dass die internen Regelungen «regelmässig überprüft und gegebenenfalls angepasst» würden. Aktuell sieht die Bank aber keinen Handlungsbedarf: «Die Managementvergütung spiegelt eine Vielzahl von Faktoren wider und muss auch im Kontext der Märkte, anderer externer Umstände und der Unternehmensleistung betrachtet werden», so ein Sprecher.