«Wir wurden überschwemmt mit Kündigungen»
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Zertifikatspflicht im Gym:«Wir wurden überschwemmt mit Kündigungen»

Erster Zoff um Firtnessabos
«Jetzt haben wir das Gstürm!»

Der Bundesrat macht das Zertifikat zur Pflicht beim Training im Fitnessstudio. Zwei Unternehmer und eine Unternehmerin reagieren auf den Entscheid.
Publiziert: 08.09.2021 um 17:17 Uhr
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Aktualisiert: 08.09.2021 um 18:32 Uhr
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Pascal Jörg, Fitnessunternehmer in Bern und Solothurn: «Da kommt ein Riesenproblem auf uns zu.»
Foto: STEFAN BOHRER
Marc Iseli

Das Covid-Zertifikat ist Pflicht im Fitnessstudio. Ab Montag dürfen nur noch Geimpfte, Genesene und Getestete Hanteln stemmen. «Absolut unbegreiflich und unverständlich» sei das, sagt Unternehmer Pascal Jörg (53).

Jörg betreibt mit seiner Fitness Factory neun Filialen an sechs Standorten. Er erwartet schwierige Momente in den nächsten Tagen. «Jetzt haben wir das Gstürm», sagt er über den jüngsten Bundesratsentscheid. «Wir müssen das ausbaden. Da kommt ein Riesenproblem auf uns zu.»

Jörg hat in den letzten Tagen bereits gemerkt, was die Zertifikatspflicht genau bedeutet. Kunden schreiben Mails oder rufen an. Sie fragen nach einer Sistierung des Abonnements oder entschuldigen sich dafür, dass sie mit einer Verlängerung zuwarten.

Loch beim Umsatz

Die Umsatzeinbussen sind gross. Jörg schätzt, dass er 50 Prozent weniger Umsatz macht als vor der Pandemie. Und das sei noch konservativ geschätzt. Denn der Lockdown Anfang Jahr fiel in die umsatzstärksten Monate. Und die neuerlichen Einschränkungen kommen jetzt zu Beginn des Herbsts, zu Beginn des kalten Wetters, wenn sich der Sport langsam wieder ins Studio verlagert.

«Uns hat man die besten Monate geklaut», sagt Jörg. «Kleinere und mittlere Betriebe müssen ums Überleben kämpfen.»

Der Unternehmer ist aufgebracht. Verständlich. Er hat sein Bestes dafür getan, die Kunden zu schützen. Zusatzlüftungen sind installiert, Hygienemassnahmen umgesetzt, ein Schutzkonzept ausgearbeitet. Seit Beginn der Pandemie sei es zu keiner einzigen Ansteckung im Betrieb gekommen, sagt er. Und trotzdem kommt jetzt der Massnahmen-Hammer.

System anpassen

Die bundesrätlichen Anordnungen stellen Jörg auch vor ganz pragmatische Fragen: Wer soll das Zertifikat überprüfen? Er betreibt 24-Stunden-Studios, die zum Teil ohne Personal auskommen. Muss jetzt eine Person vor Ort sein, um das Zertifikat zu prüfen? Oder muss Jörg die Öffnungszeiten zusammenstreichen? Das hätte wiederum zur Folge, dass in gewissen Stunden mehr Trainierende auf gleichem Raum seien.

Lidija Bonic (33) hat dieses Problem bereits gelöst. Sie betreibt vier Bodyworx-Studios in der Zentralschweiz. «Wir haben seit Juli damit gerechnet, dass eine Zertifikatspflicht eingeführt wird», sagt sie. Entsprechend ist das Einlasssystem so aufgesetzt, dass beim Mitgliederkonto ein Zertifikat hinterlegt werden kann. Das Drehkreuz öffnet sich nur für jene, die ein Covid-Zertifikat haben.

Die Zertifikatspflicht sieht sie weniger eng als Jörg. Klar, Freude hat sie keine. Aber: «Alles ist besser als ein dritter Lockdown», sagt Bonic. Sie kann der Situation sogar positive Aspekte abgewinnen. Man merke zwar, dass einige abwarten mit dem Entscheid, das Abo zu verlängern. Gleichzeitig habe sie auch Neukunden gewinnen können. «Wir sind das grösste Fitnesscenter der Zentralschweiz. Das war auch ein Vorteil in der Pandemie», so Bonic.

Impfung als Ausweg

Ähnlich äussert sich auch ein dritter Unternehmer. «Die Zertifikatspflicht wird uns finanziell sicher treffen. Eventuell kommen aber auch wieder einige Kunden mit Zertifikat, die bislang dem Training ferngeblieben sind», sagt Aylan Türküm (49) vom Fitnesscenter Phoenix im Aargau.

Türküm ist ein alter Hase im Business. Seit den 90ern aktiv. Ein ausgebildeter Trainer, der das klassische Hanteltraining liebt. Über 40 Leute zählt seine Lohnliste, knapp 2500 Mitglieder zählt er im Studio. Und Türküm wünscht sich nichts mehr als Normalität – so wie Bonic und Jörg auch.

Der Weg dahin? Geht nur über die Spritze. «Ich sehe keinen anderen Ausweg aus der Pandemie als die Impfung», so Türküm.

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