Kilos wollen nicht mehr runter
Warum Corona uns wirklich so dick macht

Weil sich viele nicht mehr so oft bewegen wie vor der Pandemie und anders ernähren, werden sie immer dicker. Und damit Teil einer Risikogruppe. Ein Teufelskreis.
Publiziert: 29.06.2021 um 15:18 Uhr
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Ein Patient im Spital Riviera-Chablais Vaud-Valais.
Foto: keystone-sda.ch

Der Zürcher Endokrinologe Philipp Gerber sieht in Übergewicht und Corona gewissermassen zwei Pandemien, die sich gegenseitig hochschaukeln: Wie die Massnahmen gegen Covid-19 Übergewicht fördern, erhöht Übergewicht das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf.

Es gibt zahlreiche Studien zu Übergewicht und Corona, mit teilweise widersprüchlichen Ergebnissen. Manche zeigen, dass Lockdown und Homeoffice zu ungesunder und undisziplinierter Ernährung geführt haben. Andere legen dar, dass Menschen häufiger selbst den Kochlöffel schwingen und weniger Fast Food essen.

«Nicht zwingend ein Widerspruch»

«Die Resultate sind nicht zwingend ein Widerspruch», sagte der Endokrinologe und Arzt Philipp Gerber von der Universität Zürich und klinischer Leiter des Adipositas-Zentrums des Universitätsspitals Zürich in einem Artikel des Magazins der Hochschule. Wer schon vor der Corona-Pandemie bewusst gegessen habe, ernähre sich nun noch bewusster.

Anderen brachte die Stresssituation, die Ungewissheit und der Mangel an sozialen Kontakten während der Gesundheitskrise mehr Probleme bezüglich dem Essverhalten: In Stresssituationen nehme das Bedürfnis nach Selbstbelohnung zu, mithin auch die Nascherei, so Gerber.

Kein Arbeitsweg mehr

Zudem bewegten sich die Menschen weniger, weil unter anderem der Arbeitsweg wegfiel und Fitnesscenter geschlossen waren. Insgesamt münde die ganze Situation gerade bei Adipositas-Patienten oft in einem Teufelskreis, sagte Gerber: «Sie nehmen rasch zu, wollen sich deshalb nicht mehr in der Öffentlichkeit zeigen und haben dadurch erst recht keine Bewegung mehr.»

Tatsächlich nahmen seit Beginn der Pandemie die Patientenzahlen gemäss dem Endokrinologen am Adipositas-Zentrum deutlich zu. Darunter seien auch vermehrt Fälle mit besonders starkem Übergewicht - also Hochrisikopatienten. Er rät Betroffenen, nicht zu warten, bis die Pandemie vorbei ist, sondern möglichst rasch Hilfe zu holen.

In der Schweiz gelten über vierzig Prozent der Erwachsenen aus medizinischer Sicht als übergewichtig, zehn bis zwölf Prozent als adipös.

Mehr Fettleibigkeit unter Kindern

Das Europa-Büro der Weltgesundheitsorganisation WHO warnte kürzlich davor, dass die Coronavirus-Pandemie auch zu mehr Fettleibigkeit unter Kindern führen würde. Das in Kopenhagen ansässige Regionalbüro geht davon aus, dass die Schliessung von Schulen und Lockdowns negative Folgen für Ernährung und Bewegung von Kindern haben könnten, etwa durch den fehlenden Zugang zu Schulmahlzeiten und mangelnde körperliche Aktivität. (pbe/SDA)


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