Tunç Karapalanci (50) freut sich über den jüngsten Entscheid des Bundesrats. Das Covid-Zertifikat im Fitnessstudio ist vorerst noch nicht Pflicht. «Ich bin erleichtert», sagt der Fitness-Fürst aus der Ostschweiz.
Karapalanci ist seit fast drei Jahrzehnten im Business. Er startete als Masseur und mauserte sich zu einem der grössten Fitnessunternehmer der Region. Zu seinem Reich zählen unter anderem die Winti-Fit-Center, das Well Come Fit in Frauenfeld und drei Studios in St. Gallen, darunter das Center im Einstein.
Über die Covid-Zeit sagt er: «Es ist die grösste Herausforderung meines Lebens. Wir hatten auch schon schwierige Zeiten, aber Corona übertrifft alles.»
40'000-Franken-Entscheid
Immer wieder musste Karapalanci seine Studios schliessen. Kurzarbeit, Härtefallgelder und die ganze Covid-Bürokratie beschäftigten ihn jeden Tag. In diesem Frühjahr kam erstmals wieder ein wenig Normalität auf. Die Zahl der Infizierten sank, die Bevölkerung stürmte Impfzentren, die Spitäler hatten wieder Luft.
Dann die Trendwende. Und der Bundesrat stellte in Aussicht, das Zertifikat verpflichtend zu machen. Kein Spinning-Kurs ohne Zertifikat. Kein Gruppenfitness ohne Zertifikat. Kein Pump ohne Zertifikat.
«Allein dieser Tag hat mich in der Gruppe 40'000 Franken gekostet. Wir hatten eine Kündigungswelle», sagt Karapalanci.
Schlag auf Schlag
«Sobald sich die Situation etwas normalisiert hat, kommt der nächste Schlag», sagt der Ostschweizer. «Wir waren sehr gut unterwegs, konnten viele wieder zurückholen, haben auch wieder positive Zahlen geschrieben. Dann kam die Nachricht wegen der möglichen Zertifikatspflicht.»
Jetzt die gute Nachricht für die Fitnessbranche: Der Bundesrat wartet zu. «Wir sind sehr dankbar, dass vorerst kein Zertifikat notwendig wird», sagt denn auch Roger Erni (42), Präsident der Interessengemeinschaft Fitness Schweiz. Er spricht für die Mehrheit der Studiobetreiber.
«Es ist eine sehr schwierige Zeit», sagt Erni. «Die Unsicherheit ist sehr gross.» Der Herbst und der Winter seien die wichtigste Zeit für die Fitnessbranche. Aber es sei unklar, wie die Saison weitergehen werde. Viele Kunden würden noch zuwarten und die epidemiologische Situation genauestens beobachten. Die Pandemie hat Spuren hinterlassen. Auch bei denen, die eigentlich ein Zertifikat hätten.
«Froh um jedes Abo»
«Wir wünschen uns einfach, dass wir auch in den kälteren Monaten die Innenstudios betreiben können, um weiterhin unserem Auftrag der Gesundheitsförderung nachzukommen», sagt Erni.
Karapalanci bestätigt, was der Verband sagt. «Das war eine Wahnsinnsgeschichte», sagt er über alles, was er seit Beginn der Pandemie durchstehen musste. Früher habe er gegen 50 Abos am Tag verkauft, mittlerweile sei er froh, wenn es eines ist. Es seien verrückte Zeiten.
«Wir sind froh um jede Kundenbeziehung, die nicht abreisst, froh um jedes Abo», so der Fitness-Fürst von Frauenfeld.