Wer glaubte, wegen des Fachkräftemangels seien Kündigungen tabu, der sieht sich getäuscht: Entlassungswellen rollen wieder durch die Schweiz. Bei der UBS werden noch Tausende Stellen verschwinden, die Medien bauen weiter ab, die Maschinenindustrie leidet unter dem starken Franken.
Stellt sich die Frage: Wen trifft eine Entlassungswelle als Erstes? Wie wird entschieden, wer gehen muss? Entscheiden das Alter, die Kosten oder die Funktion über den Verbleib in der Firma? Auf all diese Fragen gibt es keine eindeutigen Antworten, aber doch ein paar Indizien.
Vergleicht man Entlassungswellen der vergangenen Jahre, so fällt eines auf: «In der Krise werden zuerst die Jüngeren auf die Strasse gestellt», konstatiert Simon Wey (47), Chefökonom des Arbeitgeberverbandes. «Bei den Älteren warten die Firmen länger zu. Umgekehrt sind nach der Krise eher die Jungen gesucht. Ältere haben es dann schwieriger, wieder eine Stelle zu finden.»
Auch viele Ältere betroffen
Etwas anders sehen das naturgemäss die Gewerkschaften: «Tendenziell ist es leider wieder so, dass eher die älteren Mitarbeiter entlassen werden», schreibt Johann Tscherrig (60), Vorsitzender der Geschäftsleitung der Syna, auf Anfrage von Blick. «Leider fallen wir wieder einmal in das bekannte Muster zurück: je älter, je teurer – somit werden diese Leute zuerst entlassen.» Dazu kämen Angestellte, die nicht mehr exakt dem Anforderungsprofil entsprächen. Das Rezept dagegen: «Die Aus- und Weiterbildung müsste in der Schweiz massiv verstärkt werden», so Tscherrig.
Hans Hartmann, Sprecher der Gewerkschaft Unia, sagt: «Es ist davon auszugehen, dass vor allem betriebswirtschaftliche Faktoren über den Stellenabbau entscheiden. Es geht darum, die Kosten zu minimieren und die Flexiblität zu maximieren.» Es treffe also eher ältere Mitarbeitende mit höheren Löhnen und unter Umständen auch Eltern, weil diese weniger flexibel seien als Kinderlose.
Abbau der Hierarchien
Allerdings kann es sich kein Unternehmen leisten, einfach nur Mitarbeitende über 50 zu entlassen. Denn sonst drohe ein Reputationsschaden, sind sich Hartmann und Pascal Scheiwiller (50) von der Outplacement-Firma von Rundstedt einig. «Grössere oder geringere Arbeitsmarktchancen spielen bei Entlassungen keine Rolle, die Firmen entscheiden nach den Bedürfnissen des Unternehmens», ergänzt Scheiwiller.
Dass im Moment doch recht viele Angestellte über 50 ihren Job verlieren, habe vor allem mit dem Abbau von Hierarchiestufen zu tun, in denen viele Firmen derzeit Sparpotenzial orten. Dies treffe überproportional ältere und erfahrenere Mitarbeitende, so Scheiwiller.