Auch 2024 wird die Stromrechnung nochmals teurer werden. Das sagte Werner Luginbühl (65), Präsident der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (Elcom) am Stromkongress in Bern. Er appellierte in diesem Zusammenhang am schweizerischen Stromkongress in Bern an die Branche: Eine «gute Kommunikation» sei in diesem Umfeld sehr wichtig, um Akzeptanz bei den Verbrauchern zu schaffen. Und man dürfe sich auch nicht wundern, wenn die Strukturen der schweizerischen Stromversorgung aufs Tapet kämen, sagte der Präsident der Elektrizitätskommission.
«Viele Endverbraucher verstünden nicht, wie es sein kann, dass in der Schweiz die Tarife dermassen ansteigen, wo doch hierzulande über das ganze Jahr gesehen etwa gleich viel Strom produziert wie konsumiert wird. Zudem stammt die Produktion vornehmlich aus Kern- und Wasserkraft, deren Kosten unverändert geblieben sind.»
Europäische Preise sind entscheidend
Zur Einordnung der Aussage muss man wissen: Auch wenn sich die jährliche Produktion und der jährliche Konsum in etwa decken: Die Schweiz exportiert gewöhnlich im Sommer Strom, ist im Winter hingegen auf Lieferungen aus dem Ausland angewiesen. Die europäischen Marktpreise sind für die Schweiz entscheidend, und diese sind wiederum stark von den Gaspreisen abhängig.
Auch die «aktuell weiterhin ausserordentlich hohen Preise am Markt» würden durch die hohen Gaspreise bestimmt und nicht von der Angst vor einem Strommangel, sagte Luginbühl. Und die weiteren Aussichten seien unsicher. In diesem Winter habe sich die Situation zwar etwas entspannt. Dieser sei weniger frostig als normalerweise. Europa habe zudem das weggefallene russische Gas recht gut kompensieren und die Gasspeicher «sehr gut» füllen können. Auch produzierten die französischen Atomkraftwerke mehr als zuvor erwartet.
«Man muss mit allem rechnen»
Sollte dieser Winter mild bleiben, verbessere sich auch die Ausgangslage für den nächsten Winter. Er sei also nicht nur pessimistisch gestimmt mit Blick auf den Winter 2023/24, sagte Luginbühl. Aber die Situation könnte auch wieder kippen: «In dem globalen Umfeld muss man mit allem rechnen.»
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Auch seine Aufsichtsbehörde selbst sei in der Kommunikation gefragt. Seit dem vergangenen Herbst sei eine der häufigsten Fragen, mit denen sie konfrontiert werde: «Was tut denn die Elcom gegen die hohen Preise?»
Die unabhängige staatliche Regulierungsbehörde für die Strombranche genehmige eben keine Tarife, betonte Luginbühl. «Die Branche ist eingeladen, auf solche Behauptungen zu verzichten.» Die Elcom könne zwar prüfen, ob etwa Margen zu grosszügig berechnet würden. Bei der Beschaffungsstrategie sehe er aber die Verantwortung bei den Stromversorgern. Die Behörde könne hier grundsätzlich nicht einschreiten.
2023: Verteuerung um 27 Prozent
Auf Anfang dieses Jahres haben sich die Stromkosten für Schweizer Haushalte im Durchschnitt um 27 Prozent massiv verteuert. Luginbühl sprach am Donnerstag von «teils massiven nie dagewesen Tariferhöhungen bei den Schweizern». Dabei werde auch oft vergessen: Das betreffe in der Grundversorgung auch über eine halbe Million KMUs.
Dabei seien die starken lokalen Unterschiede - wegen der unterschiedlichen Beschaffungsstrategien - besonders bemerkenswert. Man mag darüber diskutieren, wie eine gute Beschaffungsstrategie für Versorger aussieht. «Pech und Glück» spielten wohl aber auch eine Rolle.
Heilsame Wirkung
Der Krise kann der Elcom-Präsident aber auch etwas Positives abgewinnen: Es gebe mittlerweile wohl kaum noch jemanden, der eine sichere Energieversorgung als Selbstläufer erachtet. «In diesem Sinne hatte die Krise auch eine heilsame Wirkung.»
Am alljährlichen Branchentreffpunkt - organisiert vom Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) und vom Verband für Elektro-, Energie und Informationstechnik (Electrosuisse) - nahmen am Mittwoch und Donnerstag rund 400 Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Forschung teil. (SDA)