Regensdorf ZH ähnelt einer Grossbaustelle: Hier schiessen die Neubauten wie Pilze aus dem Boden. Es ist eine der Zürcher Gemeinden, die mit der steigenden Wohnungsnot in der Stadt starken Zuwachs erlebt. Dringend benötigter Wohnraum entsteht, der in der Hauptstadt des Kantons so schmerzlich fehlt.
Aktuell werden gleich mehrere grosse Wohnüberbauungen hochgezogen: Direkt am Bahnhof entsteht das Quartier Zwhatt mit 630 Mietwohnungen. Daneben schon fast fertig: die Überbauung Rägipark mit 204 Mietwohnungen.
Ein paar Hundert Meter weiter, im Zentrum der Gemeinde, ein weiterer, grosser, bereits bezogener Neubau: Der Stockenhof mit 275 Mietwohnungen inklusive einem Pflegezentrum mit über 130 Alterswohnungen.
Legionellen im Wasser
Bereits im Herbst 2023 durften erste Mieter im Stockenhof einziehen – zu früh? Denn damals glich die Überbauung noch einer Baustelle. Heute ist die Mieterschaft mit einer Menge Probleme konfrontiert – es läuft zu viel schief in dem Neubau, berichtet ein Bewohner der Siedlung Blick. Der Mieter, der anonym bleiben möchte, wohnt seit Oktober 2023 im Stockenhof.
«Beim Einzug fielen mir als Erstes diese grossen, weissen Filter ins Auge, die an jedem Wasserhahn angebracht waren», sagt er. Der Grund dafür: In der Überbauung wurden Legionellen nachgewiesen. Darüber informiert wurden die Mieterinnen und Mieter aber erst am Tag der Wohnungsübergabe.
Das Legionellen-Problem sorgt bei der Mieterschaft für Verunsicherung, weckt Ängste. Kein Wunder: Die Bakterien können grossen gesundheitlichen Schaden anrichten. Sie gelangen vor allem über die Atemwege in den menschlichen Organismus und können Grippe-ähnliche Symptome auslösen. Ein Legionellenbefall der Lunge kann zu schweren Lungenentzündungen führen. «Aus Angst vor gesundheitlichen Folgen trauen sich einige Anwohner nicht mehr, das Leitungswasser zu trinken», sagt der Mieter. Stattdessen kaufen sie in der nahe gelegenen Migros-Filiale literweise Wasser in PET-Flaschen für zu Hause ein.
Diverse Baumängel
Nicht nur das kontaminierte Wasser sorgt in der Siedlung für rote Köpfe. Im Austausch mit anderen Anwohnern erfährt der Mieter von weiteren Problemen. In einigen Wohnungen fehlten demnach Türklinken und Fenstergriffe. Ein Anwohner fand beim Einzug noch Zigarettenstummel und Bierdosen in den Einbauschränken der Küche. Im Keller von einigen Häusern ist immer wieder Wasser eingedrungen. Auch in einigen Wohnungen kam es zu Wasserschäden. Ein Anwohner konnte tagelang nicht duschen, weil die Duschbrause fehlte. In einer anderen Wohnung fehlte der Kühlschrank.
«Die Stimmung unter den Mieterinnen und Mietern ist schlecht», sagt der Bewohner des Neubaus. Nicht nur wegen der vielen Mängel. Sondern auch, weil die Verwaltung laut Anwohner nicht zeitgerecht auf Beschwerden reagiere. Die Vermieterin und zugleich Besitzerin der Immobilien: die Zürcher Pensionskasse BVK.
Ursache unbekannt
Blick hat die Pensionskasse mit den Vorwürfen konfrontiert. Diese bestätigt, dass das Wasser in den Wohnblöcken kontaminiert ist. «Noch vor Bezug der Siedlung kam bei der Kontrolle des Wassers der Verdacht auf eine erhöhte Konzentration von Legionellen auf», erklärt BVK-Sprecher Christian Brütsch. Um dem Problem vorbeugend zu begegnen, habe man deshalb sämtliche Wasserauslässe der Überbauung mit Filtern ausgerüstet. «Damit ist die Nutzung des Wassers bedenkenlos möglich», versichert Brütsch.
Die BVK bestätigt zudem, dass es vereinzelt zu Wassereinbrüchen im Untergeschoss der Gebäude kam. «Der Totalunternehmer ist daran, die Probleme zu orten und zu beheben», so Brütsch. Zu weiteren Mängeln will die BVG keine Stellung nehmen.
Aufklärung unter Hochdruck
Laut der BVK hat sich der Verdacht auf Legionellen bei weiteren Kontrollen erhärtet. Im Dezember 2023, zwei Monate nach Einzug, wurden die Legionellen-Filter deshalb zum ersten Mal ausgetauscht. Wie lange die Filter noch nötig sind, weiss niemand so genau.
Genauso wenig, wie es zur erhöhten Konzentration kommen konnte. Oder wie das Problem nachhaltig gelöst werden kann. Das sei derzeit in Abklärung, heisst es bei der BVK. Die Abklärungen finden laut der Pensionskasse in enger Absprache mit dem kantonalen Labor und weiteren Fachleuten statt und werden «mit Hochdruck vorangetrieben».
Einige Mieter verlieren derweil die Geduld. Eine Mietreduktion haben sie bisher nicht erhalten. Einige Anwohner denken bereits wieder ans Ausziehen. Doch so einfach ist das nicht. «Im Mietvertrag steht eine Mindestmietdauer von einem Jahr», sagt der betroffene Anwohner. Wer vorher gehen will, muss einen Nachmieter stellen.