Diesem Rentner wurden die Ergänzungsleistungen gekürzt
«Jetzt müssen wir unsere Senioren-WG auflösen»

Weil die Unterstützungsbeiträge fürs Wohnen schrumpften, muss Erich* (70) die Wohngemeinschaft mit seinem Kumpel auflösen. Wenn die Pensionäre alleine leben, erhalten sie wieder mehr Geld.
Publiziert: 25.02.2024 um 17:58 Uhr
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Aktualisiert: 25.02.2024 um 17:59 Uhr
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Blick-Wirtschaftsredaktor Thomas Schlittler (r.) trifft Rentner Erich* (70) an seinem Wohnort Luzern.
Foto: Philippe Rossier
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Thomas SchlittlerWirtschaftsredaktor

Die Alters-WG gilt als Wohnform der Zukunft. Vor ein paar Monaten entschlossen sich auch Erich* (70) und ein langjähriger Freund zu diesem Schritt – sie zogen zusammen. 

«Alleine hätte ich mir meine Wohnung in der Stadt Luzern, in der ich seit mehr als zehn Jahren lebe, nicht mehr leisten können», sagt Erich. Dementsprechend froh sei er gewesen, als sein Kumpel 2023 zu ihm zog: «Er übernahm nicht nur die Hälfte der Miete, sondern brachte auch willkommene Gesellschaft.»

Doch jetzt ist die Senioren-WG bereits wieder Geschichte. Nicht, weil sich die beiden auf die Nerven gegangen wären, sondern weil ihnen seit diesem Jahr deutlich weniger Einkommen zur Verfügung steht: Per 1. Januar 2024 wurden ihnen – wie vielen AHV-Rentnern – die Ergänzungsleistungen (EL) gekürzt, und zwar massiv.

Bisher erhielten sie fürs Wohnen je 1325 Franken EL. Damit konnten sie sich zusammen eine Vierzimmerwohnung leisten, die ohne Nebenkosten rund 2500 Franken im Monat kostete.

«Da ist der Anreiz natürlich gering, sich eine Wohnung zu teilen.»

Mit der EL-Revision, die Anfang des Jahrs in Kraft trat, wurden die Anreize zur Gründung von Alters-WGs deutlich reduziert. EL-Bezüger, die nicht alleine wohnen, erhalten in der Stadt Luzern neu lediglich 842.50 Franken. Für die beiden WG-Rentner macht das zusammen 1685 Franken. «Damit können wir uns die bisherige Wohnung nicht mehr leisten», sagt Erich. Auch der Umzug in eine Dreizimmerwohnung sei schwierig: «Für 1600 Franken lässt sich in Luzern kaum etwas finden, das sich für das Zusammenleben in einer WG eignet.»

Erichs Mitbewohner beschloss deshalb, wieder eine eigene Wohnung zu suchen. Denn wenn die beiden EL-Bezüger alleine leben, erhalten sie neu 1420 Franken pro Kopf – statt nur 842.50 Franken. «Da ist der Anreiz natürlich gering, sich eine Wohnung zu teilen.»

Das Bundesamt für Sozialversicherungen verteidigt sich gegen diese Kritik: «Mit der Änderung wurden die Mietzinsmaxima vom Zivilstand gelöst. Ehepaare, Konkubinatspaare oder Zweier-Wohngemeinschaften sind nun bezüglich der Berücksichtigung des Mietzinses in der EL-Berechnung gleichgestellt.» Dahinter stehe der Gedanke, die Einsparung aufgrund des Zusammenlebens bei den Ergänzungsleistungen stärker zu berücksichtigen.

Erich kann das nicht nachvollziehen: «Wenn wir nun wieder beide alleine wohnen, spart der Staat rein gar nichts.» 

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