Die vier Teenager aus der Innerschweiz sind kein Einzelfall
So viele Bussen gabs für «Fahren in der falschen Klasse»

Schwarzfahren im Schweizer ÖV nimmt zu: 2024 wurden täglich durchschnittlich 2740 Personen ohne gültiges Ticket erwischt. Die Gesamtzahl der Bussen stieg um 9 Prozent auf eine Million. Gründe sind mehr ÖV-Nutzende und effizientere Kontrollen.
Publiziert: 17.01.2025 um 10:39 Uhr
|
Aktualisiert: 17.01.2025 um 12:42 Uhr
1/4
Eigentlich wird der Billettkauf immer einfacher – aber auch die Risikobereitschaft der Passagiere grösser.
Foto: Keystone

Auf einen Blick

  • Schwarzfahren im Schweizer ÖV nimmt zu: Eine Million Bussen im Jahr 2024
  • Mehr Risikobereitschaft und effizientere Kontrollen als Gründe für den Anstieg genannt
  • Täglich nutzen 1,8 Millionen Menschen den ÖV
  • 0,15 Prozent fahren nachweislich schwarz
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
RMS_Portrait_AUTOR_293.JPG
Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Überfüllte Perrons, Gedränge beim Einsteigen in den Zug: Vier Teenager aus der Innerschweiz dachten sich nichts dabei und stiegen in der ersten Klasse ein, um dann in der zweiten Klasse ihren gültigen Platz einzunehmen. Doch das reichte den Kontrolleurinnen schon, um ihnen eine Busse von je 70 Franken aufzubrummen.

Ein Einzelfall? Mitnichten. Für «Fahren in der falschen Klasse» wie im vorliegenden Fall der Teenager wurden im vergangenen Jahr 10'900 Bussen verteilt. Das entspricht 30 pro Tag. Pro Busse 70 Franken macht insgesamt 763'000 Franken jährlich. Nicht nur die SBB büssen, sondern die gesamten öffentlichen Verkehrsbetriebe. Die Zahlen erhebt die ÖV-Branchenorganisation Alliance Swisspass. Aus diesen geht weiter hervor, dass letztes Jahr 758'000 Fahrgäste (Vorjahr: 702'000) allein für «Fahren ohne gültiges Billett» gebüsst wurden. Bussenhöhe hier: 90 Franken pro Verstoss.

Durchschnittlich 2740 Fahrgäste erwischten die Verkehrsbetriebe pro Tag während einer Fahrt im Schweizer ÖV ohne oder lediglich mit teilgültigem Billett. Dieser Schnitt ergibt sich aus Angaben von Michaela Ruoss, Sprecherin Alliance Swisspass. Laut dieser stehen 2024 rund eine Million ausgesprochene Bussen in den Büchern. Das sind rund 9 Prozent mehr als im Vorjahr. Interessant: Es gibt rund 30 Bussenkategorien. 

Liegt die Zunahme am wachsenden Klassenkampf der Verkehrsteilnehmer in immer volleren Zügen? Alliance Swisspass erklärt die Zunahme mit mehr ÖV-Nutzenden, aber auch eine «allgemeine gesellschaftliche Veränderung zu mehr Risikobereitschaft». Dazu gebe es im ÖV häufigere und effizientere Ticketkontrollen. Ein vertiefter Einblick sei erst möglich, wenn alle Fahrgastzahlen für das Jahr 2024 der Transportunternehmen vorlägen.

SBB spricht am meisten Bussen aus

Laut dem Verband Öffentlicher Verkehr (VÖV) nutzen täglich rund 1,8 Millionen Menschen in der Schweiz die ÖV-Angebote. 2740 Bussen pro Tag würden einen prozentualen Anteil der Schwarzfahrer von 0,15 Prozent ergeben. Die Dunkelziffer aller nicht Erwischten ist allerdings hoch. «Reisende ohne oder mit teilgültigem Fahrausweis dürften die Branche – und damit den Steuerzahlenden – jedes Jahr 200 Millionen Franken kosten», sagt Ruoss von Alliance Swisspass.

Die meisten Bussen dürften die Kontrolleure und Kontrolleurinnen der SBB aussprechen. Der Staatsbetrieb gibt jedoch keine eigenen Zahlen mehr bekannt: Seit 2019 und der Einführung des nationalen Schwarzfahrerregisters sind Bussen ein Thema der gesamten Branche des öffentlichen Verkehrs – also der 250 Transportunternehmen und 20 Tarifverbünde in der Alliance Swisspass.

Zur Erinnerung: Im Jahr 2018 stellte die SBB insgesamt 1,2 Millionen «Zuschläge für Reisen ohne gültigen Fahrausweis» aus – also mehr, als der Gesamt-ÖV 2024 ausstellte.

Im Fall der gebüssten Teenager bleibt die Frage, warum die Waggons der ersten Klasse nicht zugunsten mehr Platz reduziert und durch 2.-Klasse-Waggons ersetzt werden? Gibt es ein vorgeschriebenes Verhältnis im Regionalverkehr? Eine SBB-Sprecherin verneint: «Dies ist abhängig vom Einsatzgebiet, dem Verhältnis Pendler/Freizeitreisende und der Nachfrage.»

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.