Während die Corona-Pandemie weltweit grosses Unheil anrichtet, sorgt sie im Immobilienmarkt für einen regelrechten Boom. Wie und wo wir wohnen, hat zu Zeiten von Corona und Homeoffice stark an Bedeutung gewonnen. Das schlägt sich auch in den Preisen nieder: Wohneigentum erlebte 2020 den stärksten Preisanstieg seit zehn Jahren. Das zeigt eine Auswertung des Immobilienportals ImmoScout24 und des Immobilien-Beratungsunternehmens IAZI. Auch die hohen Mieten stiegen vielerorts weiter an.
Das müssen Mieter, Haus- und Stockwerkeigentümer 2021 wissen:
Boom bei Einfamilienhäusern
Die in Inseraten ausgeschriebenen Preise für Einfamilienhäuser sind per Ende 2020 gegenüber dem Jahresanfang um 5,6 Prozent gestiegen. Es ist der stärkste Anstieg seit Beginn der Erhebungen des Preisbarometers für Immobilien. Der Index von ImmoScout24 und IAZI wird seit zehn Jahren ermittelt. «Es ist tatsächlich von einem Corona-Effekt auszugehen», sagt Martin Waeber (49), Chef von ImmoScout24.
«Auch dieses Jahr ist mit weiteren Preisanstiegen zu rechnen», sagt Martin Neff (60), Chefökonom von Raiffeisen. Dank historisch tiefen Hypothekarzinsen bleibt Wohneigentum gegenüber Mieten die günstigere Alternative. «Durch die Corona-Pandemie dürfte sich bei vielen Haushalten zudem das Bewusstsein für die eigene Wohnsituation erhöht haben, was den Wunsch nach Wohneigentum zusätzlich verstärken könnte.»
Wie hoch klettern die Preise noch?
Die erhöhte Nachfrage trifft auf ein knappes Angebot. Daran dürfte sich wegen der tiefen Bautätigkeit in absehbarer Zeit auch nichts ändern. «Allerdings haben wir ein sehr hohes Preisniveau erreicht», so Neff. Für viele Schweizer sei die Hürde der strengen Tragbarkeitsanforderungen nicht mehr zu überwinden. Das Potenzial für weitere Preissteigerungen sei daher beschränkt.
Eine konkrete Prognose macht Ursina Kubli (41), Immobilienexpertin der ZKB: Sie erwartet für 2021 in der Schweiz einen weiteren Preisanstieg von 2 Prozent. «Neben dem knappen Angebot sind die tiefen Zinsen ein Hauptgrund für die erneute Zunahme.»
Stockwerkeigentum immer beliebter
Bei den Eigentumswohnungen lag die Preissteigerung 2020 laut dem Immobilienindex von IAZI mit 5,5 Prozent praktisch gleich hoch wie bei Einfamilienhäusern. Übertroffen wurde dieser Anstieg bisher nur durch die Zunahme zwischen 2010 und 2011 von 8,7 Prozent. Diese war auf die Erholung der Finanzkrise 2008 zurückzuführen.
«2021 hängt vieles davon ab, wie stark sich die Krise auf die Wirtschaft, die Beschäftigung und die Löhne auswirkt», so Waeber. Die Immobilienexperten von Raiffeisen und der ZKB rechnen auch beim Stockwerkeigentum mit einem weiteren Preisanstieg.
So kommen Neumieter zu tieferen Mieten
In Städten und urbanen Gebieten bleibt der Wohnraum knapp. «Die Mieten werden dort eher noch steigen», so Waeber. Doch es gibt Hoffnung: Das Überangebot und der steigende Leerstand könnten in peripheren Regionen zu stagnierenden oder sinkenden Mieten führen, meinen die Immobilienexperten von ImmoScout24.
Mietpreissenkungen sind aber oft das letzte Mittel, um leere Wohnungen zu vermieten. Zuerst versuchen es Vermieter mit Lockvogelangeboten wie gratis Netflix-Abos oder einem Monat gratis Wohnen. Neumieter können es aber auf einem anderen Weg versuchen. «Tiefere Anfangsmieten sind möglich, wenn überhöhte Anfangsmietzinse durch Neumieter angefochten werden», sagt Natalie Imboden (50), Generalsekretärin des Mieterinnen- und Mieterverbands Schweiz MV. Das sei innert 30 Tage nach Wohnungsübernahme möglich. «Das führt in den meisten Fällen zu tieferen Mieten.»
Kaum Veränderung für bestehende Mieter
Für bestehende Mieter bleibt die einzige Chance auf tiefere Mieten eine Senkung des Referenzzinssatzes. Zuletzt wurde dieser im März 2020 auf 1,25 Prozent gesenkt. «Ob es 2021 eine weitere Senkung geben wird, ist offen», so Imboden. Wer die Referenzzinssatzsenkung im Jahr 2020 jedoch noch nicht eingefordert hat, kann dies auch heute noch tun. «Das lohnt sich in den meisten Fällen.»