Fast 1.10 Franken! So viel kostete der Euro vor genau einem Jahr. Heute haben wir wieder Parität. Die Gemeinschaftswährung ist exakt so viel wert wie der Franken – zeitweise sogar noch weniger, wie am Mittwoch und Donnerstag. Kurzzeitig kostete der Euro nur noch 0,9943 Franken: neuer Jahrestiefststand.
Ein Aufschrei auf dem Schweizer Werkplatz? Fehlanzeige. Eine Intervention der Schweizerischen Nationalbank? Keine Spur davon. Freude bei Einkaufstouristen und Schweizer Feriengästen im Euro-Ausland? Jede Menge. Kurz vor den Sommerferien ist ihre Kaufkraft um rund zehn Prozent höher als vor einem Jahr. Theoretisch.
Denn in Deutschland, Griechenland oder Spanien ist die Teuerung bei Benzin, Brot und Bier ungleich höher als in der Schweiz. Die Frankenaufwertung wird wohl nicht reichen, diese Preisaufschläge zu kompensieren.
Nationalbank hält Franken nicht für überbewertet
Allerdings: Der Euro dürfte sich mittelfristig gegenüber dem Franken weiter abwerten. Dieser Meinung ist Thomas Flury (57), Devisenspezialist der UBS: «Wir rechnen mit einem Pendeln um die Parität im zweiten Halbjahr und danach mit einem Abrutschen unter die Parität.»
Warum der Franken gegenüber dem Euro Muskeln zeigt, liege an den mutigen Schritten der Schweizerischen Nationalbank (SNB) bei der Bekämpfung der Inflation. Die Europäische Zentralbank (EZB) handle dagegen eher zögerlich. «Zudem sind die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine in der EU stärker zu spüren als bei uns in der Schweiz», sagt Flury.
Keine harte Kurs-Untergrenze
Die SNB hat zuletzt betont, dass sie den Franken nicht für überbewertet hält. Sie stehe an der Seitenlinie, habe keinen Grund, die Parität des Euros zum Franken zu verteidigen, sagt Flury. «Eine harte Kurs-Untergrenze bei der Parität hat sie nie angekündigt.» Innerhalb gewisser Grenzen halte sie die Währung aber stabil.
Für den Werkplatz Schweiz ist die Frankenaufwertung keine schlechte Nachricht. Im Moment ist das für die Exporteure verkraftbar, weil diese von den höheren Preisen im Ausland profitieren können. Flury: «Wichtiger als der Wechselkurs sind die Wachstumstendenzen, die sich im Moment aber leider ein wenig eintrüben.»
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