Die grosse Übersicht
Welche Zürcher Quartiere im Trend sind – und wo die Preise steigen

Zürich hat sich stark gewandelt. Immer mehr Leute wollen in der Stadt wohnen. Wir zeigen, welche Quartiere besonders beliebt sind, wie sich die Wohnpreise in den einzelnen Trendquartieren unterscheiden und wo Familien willkommen sind.
Publiziert: 14.06.2023 um 15:42 Uhr
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Aktualisiert: 15.06.2023 um 10:16 Uhr
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Das früher beschauliche Zürich ist hip geworden.
Foto: Keystone
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Carmen Schirm
Handelszeitung

Wer heute Experten fragt, wie sie Zürich sehen, hört Aussagen wie «die Stadt lebt», «ist hip geworden» oder «gut fürs Image». Ein Kompliment für eine Stadt, in der ehemals die Trottoirs um 22 Uhr hochgezogen wurden, mit einem einzigen Abschnitt, der belebt war: dem Seeufer.

Heute gibt es Quartiere für Singles, Yuppies, Mamis und Papis oder Dinks (double income, no kids). Sofern man eine Wohnung findet. Dazu braucht es Glück, eine Erbschaft, oder viel Vitamin B.

Ein lebendiges Quartier: Wiedikon

Eines der neuen Wohlfühlquartiere ist Wiedikon. 2010 wurde dort die vielbefahrene Weststrasse gesperrt, der Transitverkehr wurde verbannt, Sanierungen vieler verwahrloster Liegenschaften begannen. Heute ist Leben im Quartier. Wenn es wärmer wird, flanieren die Menschen draussen. Wer vom Bullingerplatz Richtung Brupbacherplatz spaziert, hat das Gefühl, auf einer «Foodmeile» zu sein.

Zahlreiche neue Treffpunkte entstanden, schicke Restaurants und In-Bars säumen den Weg. Am Idaplatz, früher von Alkis besetzt, teilen sich heute Yuppies und Quartieroriginale die Parkbank. Mit dem Effekt: In keinem anderen Quartier zogen die Preise für Eigentumswohnungen so stark an wie in Wiedikon (plus 61 Prozent in fünf Jahren). Wenn auch von einem tiefen Niveau aus.

Abendstimmung in Wiedikon
Foto: Zurich Tourismus

Gleiche Wohnung kostet 3150 oder 1760 Franken

Die Differenz zwischen billig und teuer ist in keiner Schweizer Stadt so extrem wie in der Limmatstadt. Im Kreis 1 bezahlt man für eine 4,5-Zimmer-Wohnung Baujahr 2003 3150 Franken. Dieselbe Wohnung kostet 1760 Franken in Schwamendingen, Hirzenbach und Affoltern. Ebenso bezeichnend wie die Preisunterschiede ist der nicht vorhandene Leerstand. Dieser lag bei der letzten Zählung bei 0,07 Prozent. 161 Wohnungen standen im Juni 2022 leer, bei einer Einwohnerzahl von 444'000. Knappheit war früher, heute ist Wohnungsnot, so liest man. Donato Scognamiglio, Chef bei der Immobilienexpertin Iazi, relativiert. «Die Wohnungsnot, von der immer gesprochen wird, dürfte nicht so brisant sein. Zürich wächst Jahr für Jahr und ist so gross wie nie. Jährlich ziehen rund 5000 Menschen nach Zürich, für die es offensichtlich Wohnungen gibt.»

Artikel aus der «Handelszeitung»

Dieser Artikel wurde erstmals im kostenpflichtigen Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Blick+-Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.

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Wie im Silicon Valley: Zürich-West

Wer neu zuzieht, ist in der Regel jung. Zwei Drittel der Zuwanderer und Zuwanderinnen sind zwischen 18 und 39 Jahre alt. «Die jüngere Generation zieht es nach Wipkingen, Wiedikon oder Zürich-West,» sagt Vy Ha, Leiterin Akquisition Walde Immobilien. «Solche, die gerne hip wohnen, zieht es nach Zürich-West.» Es sei cool in diesem Quartier, urban, fast ein wenig wie im Silicon Valley. Die Menschen bewegen sich mit E-Scootern, arbeiten mit ihren Laptops in den zahlreichen In-Cafés, man wohnt bevorzugt im Hochhaus. Dort, wo einst Schiffe gebaut und Motoren zusammengeschraubt wurden, findet heute ein kunterbuntes Leben statt. In den letzten zehn Jahren ist aus der Industriebrache im Westen Zürichs ein neuer Stadtteil mit zahlreichen Leuchttürmen gewachsen, dem blau-grün schimmernden Primetower, den neu erwachten Viadukt-Bögen, der Hochschule der Künste auf dem Toni-Areal. Die Laufschuh-Marke On hat sich gegenüber eingemietet.

Unternehmen drängen in die Innenstadt

Nicht nur Private drängt es in die Limmatstadt. «Vor etwa 10 Jahren gab es eine Migration von Unternehmen an den Rand der Stadt», sagt Robert Hauri, CEO der Intercity Gruppe. Heute sei es umgekehrt. «Aus Imagegründen suchen speziell Technologieunternehmen, aber auch Unternehmen aus der alternativen Finanzbranche eine gute Adresse im Kreis 1.» Der Kreis 1 im Herzen der Stadt Zürich ist der kleinste Kreis der zwölf Stadtkreise. Gleichzeitig der bekannteste und teuerste. Speziell die Bahnhofstrasse und die Talstrasse/Talacker, aber auch der General-Guisan-Quai und das Mythenquai sind begehrte Adressen für Firmen.

Expats treiben Preise hoch

Diese Entwicklung hat eine Rückkopplung auf den Wohnungsmarkt. Wenn Google und Microsoft zusammen über 5000 Arbeitsplätze in der Innenstadt schaffen, ziehen diese viele Expats aus dem Ausland an. «Ein klassischer Verdrängungswettbewerb findet statt», sagt Robert Hauri. «Die meisten Expats wollen in der Stadt wohnen und treiben Preise und Mieten hoch.» Oder in anderen Worten ausgedrückt: Wer in Altstetten nichts findet, muss auf Schlieren ausweichen, wer in Wiedikon nicht fündig wird, muss nach Waldegg.

Quartiere, die niemand will, gibt es nicht mehr

«Quartiere, die niemand will, die gibt es nicht mehr», sagt Claude Ginesta, CEO bei Ginesta Immobilien. «Die Preissteigerungen zeigen, dass die Leute heute bereit sind, auch in entferntere Quartiere zu ziehen, wo man früher nicht hingehen wollte.» Oerlikon oder Seebach seien Beispiele dafür. «Gute ÖV- und Verkehrsverbindungen liessen auch diese Quartiere attraktiv werden.» Und die tieferen Mietkosten.

Der raue Charme von Altstetten

Früher belächelt, heute angesagt. Die monetären Anreize locken auch nach Altstetten. Eine 3,5-Zimmer-Wohnung mit Balkon ist dort für 1990 Franken zu bekommen. Eine 4,5-Zimmer-Eigentumswohnung für 1,378 Millionen, was einiges unter dem Durchschnitt liegt. «Früher war die Grenze bei Wiedikon. Heute zieht es Familien vermehrt nach Altstetten», sagt Vy Ha, Leiterin Akquisition Walde Immobilien. Altstetten hat einen rauen Charme. Coole Bars oder Szenerestaurants findet man zwar keine, dafür lebt es sich dort mit Kindern gut. Dank jeder Menge Kinderkrippen, Horte und Spielplätze. Die Dienstleistungsdichte ist gross, es gibt Discounter im Überfluss, Detailhändler und Apotheken. Selbst Wald und Wasser sind mit dem Üetliberg und der Limmat schnell erreichbar.

Altstetten zieht Familien an.
Foto: Zurich Tourismus

Käuferinnen und Käufer haben es schwer

Schwer haben es aktuell Käuferinnen und Käufer. Das Angebot ist minimalistisch. 2022 waren in der Stadt Zürich rund 19'000 Objekte selbstbewohntes Eigentum. Das entspricht einem Eigentumsanteil von mageren 8 Prozent. Rund 400 Wechsel gibt es jährlich beim Stockwerkeigentum in Zürich. Wer in einem speziellen Kreis fündig werden will, muss noch mehr Zeit aufbringen. «In den vergangenen 20 Jahren habe ich viele junge Familien gesehen, die unbedingt eine Wohnung oder ein Haus in Zürich kaufen wollten, doch aufs Land ausweichen mussten», sagt Robert Hauri, CEO Intercity. Ein Bekannter habe sechs Jahre gesucht, bis er ein Haus in Höngg gefunden habe.

Objekte werden oft nicht ausgeschrieben

Selbst Menschen mit grossem Vermögen benötigen heute Glück bei der Wohnungssuche. Sie zieht es an den Zürichberg, ins Seefeld, den Kreis 1 oder nach Wollishofen. «Wenn eine Liegenschaft frei wird, was sehr selten ist, müssen wir es nur in unserem internen Newsletter ausschreiben, und schon ist sie weg», sagt Vy Ha, Immobilienberaterin Walde. Prekär angespannt ist die Lage in der Innenstadt und im Kreis 8. «Ich muss den Kunden immer erklären, dass sie dort keine Eigentumswohnungen kaufen können, da es so gut wie kein Stockwerkeigentum gibt», sagt Claude Ginesta. «Die alte Bausubstanz und die Schallschutzvorschriften erlauben dort kein Stockwerkeigentum. Es gibt nur Häuserblocks für 15 bis 20 Millionen zu kaufen. Doch wer kauft schon ein ganzes Haus, nur um eine Wohnung zu bekommen?» Einige Vermögende weichen zur Miete ins Seefeld aus. Dort haben sich in den vergangenen Jahren auch zahlreiche Expats niedergelassen, viele Deutsche, zahlreiche Familien, darunter Ärzte, durch die Nähe zum Balgrist-Spital und zur Rudolf-Steiner-Schule.

26 Prozent gemeinnützige Wohnungen

Und dann gibt es da noch gemeinnützige Wohnungen. 26,4 Prozent der Wohnungen waren im Jahr 2019 gemeinnützig. Jede dritte Wohnung soll es bis 2050 sein, dazu hat die Stimmbevölkerung 2011 klar Ja gesagt. Neu stimmt das Stimmvolk im Juni über die Schaffung eines Wohnraumfonds für satte 300 Millionen Franken ab. Damit sollen Genossenschaften, Stiftungen und die Stadt Zürich selbst mehr gemeinnützige Wohnungen kaufen, bauen oder erneuern können. «Gemeinnützig» bedeutet, dass der geschaffene Wohnraum zur Kostenmiete ohne Gewinnabsichten angeboten wird. Der Mittelstand wird davon eher nicht profitieren. Denn dafür liegt das Einkommen zu hoch.

Und eine Entspannung? Darauf hoffen viele. Doch die meisten Expertinnen und Experten glauben nicht wirklich daran. «Die nächsten sechs Monate werden entscheidend sein», sagt Donato Scognamiglio, Professor an der Uni Bern. «Je nachdem, ob die Zinsen noch einmal angehoben werden, könnte es einen Dämpfer geben.»

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