Detailhändler erschweren Vergleich
Werden Kunden mit Preisangaben getäuscht?

Wer Lebensmittel einkauft, vergleicht gern rasch die Preise im Regal. Vergleichbare Produkte werden jedoch oft in unterschiedlichen Mengen verkauft. Und die Detailhändler erschweren den Vergleich oft zusätzlich. Was hinter dem Preiswirrwarr steckt.
Publiziert: 20.08.2023 um 17:58 Uhr
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Vorsicht vor unterschiedlichen Massangaben in der Gemüseabteilung. Ohne Umrechnen sind die Preise bei Migros oft nicht vergleichbar.
Foto: imago images/Geisser

Preisbewussten Kunden stechen Preiserhöhungen bei ihren Lieblingslebensmitteln und anderen Alltagsprodukten sofort ins Auge. Vielen Leuten fallen kleine Preiserhöhungen jedoch kaum auf. Sie merken einfach irgendwann, dass der Kontostand schneller dahinschmilzt. Auch im Juli haben die Preise vieler Lebensmittel wieder zugelegt, wie Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigen. 

Dass für Kunden Preisvergleiche nicht immer ganz einfach sind, hat unter anderem mit den Detailhändlern zu tun. Diese setzen in den Läden auf derart unterschiedliche Preisangaben, dass für Kunden rasch die Übersicht verloren geht, wie die «SonntagsZeitung» schreibt. Sie hat dafür eine Reihe von Produkten verglichen – mit erstaunlichem Ergebnis. 

Seltsame Grössenangaben

So werden die Preise für Flüssigprodukte wie Lotionen, Aftershave, Sonnencreme oder Putzmittel zum Teil in völlig unterschiedlichen Masseinheiten angegeben. Mal steht auf dem Preisschild der Literpreis, anderorts steht, wie viel 5, 10, 50 oder 100 Milliliter kosten. Das macht das Umrechnen zur unnötigen Herausforderung. 

Mit diesen Kleinsteinheiten verstossen die Detailhändler gegen die Preisbekanntgabeverordnung. Gemäss «SonntagZeitung« wollte die Migros zu diesem Vorwurf nicht Stellung nehmen. 

Bei den Lebensmitteln sieht es ähnlich aus: So kostet ein Kilogramm Tomaten in der Migros zwischen 3 und 18 Franken. Am Regal prangt bei den Cherry- und den Rispentomaten praktisch der identische Preis. Doch im einen Fall bekommt man dafür ein Kilo, im anderen nur die Hälfte. Bei den teuersten Tomaten werden die Preise pro 100 Gramm angegeben, bei günstigeren in Kilo.

Praktisch identisch das Bild bei den Johannisbeeren im Migros. 500 Gramm kosten 5.50 Franken. Das Bio-Pendant ist mit 5.40 Franken angeschrieben, jedoch enthält die Packung nur 250 Gramm. 

Massgeschneiderte Mengen?

Auch beim Einkauf in der Coop sind Rechenkünste gefragt. Nur wer einen Dreisatz anwendet, merkt, dass Primagusto Cherrytomaten 19.80 Franken pro Kilo kosten und die Fine-Food-Desire-Tomaten gar 23.80 Franken. 

Man richte sich bei Früchten und Gemüsen nach den Mengen, die grundsätzlich von der Kundschaft gekauft werden, sagt eine Coop-Sprecherin gegenüber der «SonntagsZeitung». Bei Cherrytomaten seien dies um die 250 Gramm, daher werde hier der Grundpreis pro 100 Gramm angegeben. «Bei Produkten, die in grösseren Mengen gekauft werden, wie Karotten und Kartoffeln geben wir den Preis pro Kilogramm an.»

Die Detailhändler greifen – wenig überraschend – auch sonst in die Trickkiste. Beispielsweise mit orangen Aufklebern, die wie «Aktions»-Kleber aussehen. Bei der Migros tauchen diese Produkte mit der Bezeichnung «Hit» oder «Aktuell» dann neben Aktionen auf – ohne dass sie herabgesetzt sind. 

Das sagt die Migros

Die «Hit»-Produkte seien nicht Teil des Standardsortiments und nur temporär im Angebot, erklärt ein Migros-Sprecher gegenüber der Zeitung. Zudem seien diese Produkte im Schnitt leicht günstiger als entsprechende Referenzartikel. Mit «Aktuell» versehe man saisonale Artikel. «Wir sind überzeugt, dass unsere Kundinnen und Kunden absolut in der Lage sind, Preisschilder zu lesen und entsprechend zu interpretieren», so der Sprecher weiter. 

Bei Coop setzt man seit kurzem auf einen eigenen Ecoscore. Dieser sieht praktisch identisch aus, wie der Nutriscore. Es besteht also eine gewisse Verwechslungsgefahr. Statt nach Nährwerten klassiert der Ecoscore jedoch nach der Umweltbilanz der Produkte.

Die meisten Kunden dürfte es aber kaum überraschen, dass der Detailhandel mit geschickter Produktplatzierung, Marketing und Kundenlenkung versucht, möglichst viele Produkte in ihre Einkaufswagen zu lotsen. Das macht schliesslich jedes Unternehmen und das in allen Branchen. (smt)

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