Wer in Zürich eine Wohnung mit mindestens 6 Zimmern sucht, könnte im ersten Moment meinen, er sei auf Autoscout gelandet: 11'500 Franken, 9900 Franken, 8150 Franken oder 10'000 Franken. Für solche Preise bekommt man locker ein Occasion-Auto. In Zürich gibt es dafür ein Dach über dem Kopf. Und die Mieter müssen den gleichen Betrag erst recht noch jeden Monat von Neuem überweisen.
Für grössere Familien sind Stadtwohnungen in Zürich ein völliges Luxusgut. Über 100'000 Franken pro Jahr allein für die Miete können sich nur Grossverdienerinnen und Grossverdiener leisten. Das erlebt derzeit auch eine 5-köpfige Familie auf Wohnungssuche.
225'000 Franken Einkommen reichen nicht
Der Vater macht auf Twitter seinem Unmut über die eingangs erwähnten Preise Luft. «Die Günstigste ist ca. doppelt so teuer wie unsere Schmerzgrenze», schreibt er. Das Problem sei weniger, dass es diese Luxuswohnungen gebe, «sondern dass die ‹normalen›, grossen Familienwohnungen auf dem Markt schlicht nicht existieren».
Dabei verdient das Paar gut. Zusammen 225'000 Franken, wie der Vater auf Twitter schreibt. Doch für dieses Profil gebe es in der Stadt schlicht keinen Wohnungsmarkt.
Aktuell lebt die Familie in einer Genossenschaftswohnung mit 5 Zimmern mit 110 Quadratmetern. Doch diese ist für die Bedürfnisse zu klein geworden. Sie suchen für ihre drei Kinder und der Möglichkeit für Homeoffice 6 Zimmer und über 120 Quadratmetern.
Gespaltene Reaktionen
«Wir würden und könnten zwar für etwas mehr Platz gerne 2 bis 2,5-mal so viel Miete zahlen wie heute in unserer 5,5-Zimmer-Genossenschaftswohnung. Aber halt nicht 5- bis 10-mal so viel, sagt der Familienvater gegenüber «Nau».
Der Fall sorgt auf Twitter für rege Diskussionen: Die einen teilen den Frust über die teuren Angebote. Andere hingegen finden, dass man mit einer Familie ja nicht zwingend in der Stadt wohnen müsse. Im Umkreis der Stadt gebe es Wohnungen in der gesuchten Grösse, diese würden jedoch in der Flugschneise liegen oder hätten keine guten ÖV-Verbindungen, hält der Vater dagegen.
Mieterverband fordert Massnahmen
Die Familie steht mit ihrer Situation nicht allein da: Der Wohnungsmarkt in der Stadt Zürich ist völlig ausgetrocknet. Auch 1- und 2-Personenhaushalte müssen öfters mehrere Monate suchen, bis sie fündig werden. Für Grossfamilien ist die Situation noch angespannter. Der Bau grosser Wohnungen mit 6 und mehr Zimmern ist für Investoren weniger attraktiv, da sie am Ende weniger Miete pro Quadratmeter verlangen können.
«Die Preise der Angebotsmieten sind aktuell astronomisch hoch, das hat sich verschärft. Der obige Fall zeigt, dass dieses Problem nicht mehr nur diejenigen Mietenden mit dem kleinen Portemonnaie betrifft, sondern auch die obere Mittelschicht», sagt der Mieterverband Zürich zu «Nau». Der Verband fordert griffige Massnahmen gegen die hohen Mieten. (smt)