Zum ersten Mal überhaupt steht Verbier VS dieses Jahr an der Spitze der teuersten Alpendestinationen. Das Wintersportgebiet in der Gemeinde Val de Bagnes hat damit die ewige Nummer 1 der Alpen vom Thron gestossen. Eine Ferienwohnung im gehobenen Segment kostet in Verbier aktuell 21'500 Franken pro Quadratmeter. Zum Vergleich: In St. Moritz sind es 300 Franken weniger.
Der Grund: Die Preise für Zweitwohnungen haben in Verbier letztes Jahr einen grossen Sprung gemacht, während sie in St. Moritz sanken. In Verbier wurden Ferienwohnungen und Chalets um 9,9 Prozent teurer, in St. Moritz um 1,1 Prozent günstiger. Diese Zahlen stammen vom UBS Alpine Property Focus, der jährlich publiziert wird.
Hybrides Arbeiten
Woran liegt das? «Verbier ist sowohl von Zürich aus als auch von Genf aus gut erreichbar», sagt UBS-Immobilienökonom und Studienautor Maciej Skoczek (37). Für Deutschschweizer sei die Ortschaft deshalb für hybrides Arbeiten gut geeignet. Doch Verbier ist nicht nur bei Einheimischen beliebt. Vor allem aus dem Ausland reisen viele Feriengäste an.
Gerade bei Engländern ist Verbier sehr beliebt. «Aber wir sehen auch eine Verstärkung der Nachfrage aus anderen Ländern – kürzlich viel aus Skandinavien», so Skoczek. Die Feriendestination hat sich zudem zu einem Hotspot für Prominente entwickelt. Bekannte Persönlichkeiten wie Jude Law (51), Leonardo DiCaprio (49), Barack Obama (62), Prinz Harry (39), Priyanka Chopra (41), Joe (34) und Nick (31) Jonas und James Blunt (50) genossen hier schon die frische Bergluft. Verbier wurde auch dadurch zum Magnet für Rich Kids aus aller Welt, während sich St. Moritz mit dem alten Geld zufriedengeben muss.
Mehr Wohnungen im gehobenen Segment
Ein weiterer Grund für den Aufstieg zum Spitzenreiter: In Verbier wurden laut der UBS in den letzten Jahren viele Chalets aufwendig renoviert, was die Preise zusätzlich nach oben getrieben hat. Die Leerstandsquote liegt mit 0,5 Prozent für Walliser Verhältnisse sehr tief. Wenn das Angebot so knapp ist und die Nachfrage gleichzeitig so hoch, schlägt sich das in den Preisen nieder.
Verbier selbst freut sich über den Platz als neuen Spitzenreiter: «Die Zahlen zeigen, dass wir in derselben Liga spielen wie etwa St. Moritz und Gstaad», sagt Florian Michellod (58), Präsident der Société de développement Verbier. Doch der neue Status komme auch mit einer Verantwortung: «Es gibt in Verbier inzwischen zu wenig Wohnraum für Saisonniers», sagt Michellod. Für dieses Problem müsse man eine Lösung finden.
Markt ist ausgetrocknet
Nicht überall in den Schweizer Alpen sind die Preise so stark gestiegen wie in Verbier. Insgesamt hat sich das Preiswachstum abgeschwächt. Im Durchschnitt kosteten Zweitwohnungen im ersten Quartal 2024 knapp 4 Prozent mehr als im Vorjahr. Den höchsten Preisanstieg von 18 Prozent verzeichnete Arosa GR. Regional legten die Preise in Graubünden mit knapp 6 Prozent am stärksten zu. Im Berner Oberland stagnierte das Preisniveau.
Seit Ende 2019 verteuerten sich die Ferienwohnungen in den Schweizer Alpen kumuliert um fast 30 Prozent. Der Grund: «Der Markt für Ferienwohnungen ist praktisch ausgetrocknet», sagt Skoczek. Aktuell stehen nur 0,7 Prozent aller Wohnungen in Schweizer Tourismusgemeinden leer, was etwa 50 Prozent weniger ist als noch vor der Pandemie. Dieses knappe Angebot stösst auf eine nach wie vor grosse Nachfrage.
Mehr zu Zweitwohnungen
Doch die Nachfrage aus dem In- und Ausland soll laut den Studienverfassern dieses Jahr nachlassen. Die Anzahl Suchabos ist bereits seit 2022 rückläufig. Einerseits, weil die Preise so stark stiegen, dass es sich viele nicht mehr leisten können. Zudem gab es während der Pandemie, als Auslandreisen nicht mehr möglich waren, einen regelrechten Ansturm auf Wohnungen in den Bergen. Dieser Run ist nun vorbei. Die Hypothekarzinsen machen die Finanzierung zusätzlich teurer und die Nebenkosten sind ebenfalls spürbar gestiegen.
Preise werden stagnieren
Die UBS geht davon aus, dass die Preise auf dem Zweitwohnungsmarkt stagnieren werden – auch wenn das Angebot knapp bleibe. «Ein zusätzliches Angebot an Zweitwohnungen dürfte aus der Umwandlung bestehender Erstwohnungen entstehen», sagt Skoczek. Das gelte vor allem für Graubünden, wo deutlich mehr Wohnungen entstehen, als Baugesuche eingereicht werden. Das heisst: Sie entstehen, weil bereits bestehende Erstwohnsitze zu Zweitwohnsitzen umgewandelt werden.
«Für Einheimische und Saisonniers ist das ein Problem – sie haben immer weniger Wohnraum», sagt der Immobilienökonom der UBS. Gleichzeitig dürfe man nicht vergessen, dass es die Einheimischen seien, die ihre Eigenheime verkaufen. «Sie profitieren also auch davon», sagt Skoczek.
Seit Inkrafttreten der Zweitwohnungsinitiative gilt: In Gemeinden mit einem Anteil an Ferienwohnungen von 20 Prozent oder mehr dürfen keine neuen Zweitwohnungen mehr gebaut werden. Das Gesetz soll die Anzahl kalter Betten in Tourismusorten beschränken. Bloss: Die Umnutzung von Erstwohnungen zu Zweitwohnungen wird durch das Gesetz nicht beschränkt.
«Das Ausmass solcher Umwandlungen darf nicht unterschätzt werden», sagt Norbert Hörburger (50), Professor an der Fachhochschule Graubünden FHGR. Das Institut für Tourismus und Freizeit der FHGR hat die Umnutzungen von Erst- zu Zweitwohnungen in Bündner Gemeinden untersucht.
Das Resultat: In der untersuchten Gemeinde Flims etwa werden jährlich im Schnitt 22 Erstwohnungen zu Zweitwohnungen umgewandelt. Und das, obwohl der Zweitwohnungsanteil in der Gemeinde bereits bei 70 Prozent liegt.
«Die Problematik betrifft grundsätzlich alle touristischen Berggemeinden», sagt Hörburger. Solche Umwandlungen summieren sich über die Jahre und entziehen dem Wohnungsmarkt Erstwohnraum. «Dadurch kann sich die Wohnungsnot in den betroffenen Gemeinden drastisch zuspitzen», sagt Hörburger.
Sind die Leerstandsquoten in Schweizer Tourismusorten derart tief wie jetzt, haben Einheimische oder auch Saisonarbeitskräfte kaum noch Auswahl bei der Wohnungssuche. «Und wir reden dabei noch nicht über bezahlbaren Wohnraum», so Hörburger. Für Geringverdiener ist die Situation existenzbedrohend. (dvo)
Seit Inkrafttreten der Zweitwohnungsinitiative gilt: In Gemeinden mit einem Anteil an Ferienwohnungen von 20 Prozent oder mehr dürfen keine neuen Zweitwohnungen mehr gebaut werden. Das Gesetz soll die Anzahl kalter Betten in Tourismusorten beschränken. Bloss: Die Umnutzung von Erstwohnungen zu Zweitwohnungen wird durch das Gesetz nicht beschränkt.
«Das Ausmass solcher Umwandlungen darf nicht unterschätzt werden», sagt Norbert Hörburger (50), Professor an der Fachhochschule Graubünden FHGR. Das Institut für Tourismus und Freizeit der FHGR hat die Umnutzungen von Erst- zu Zweitwohnungen in Bündner Gemeinden untersucht.
Das Resultat: In der untersuchten Gemeinde Flims etwa werden jährlich im Schnitt 22 Erstwohnungen zu Zweitwohnungen umgewandelt. Und das, obwohl der Zweitwohnungsanteil in der Gemeinde bereits bei 70 Prozent liegt.
«Die Problematik betrifft grundsätzlich alle touristischen Berggemeinden», sagt Hörburger. Solche Umwandlungen summieren sich über die Jahre und entziehen dem Wohnungsmarkt Erstwohnraum. «Dadurch kann sich die Wohnungsnot in den betroffenen Gemeinden drastisch zuspitzen», sagt Hörburger.
Sind die Leerstandsquoten in Schweizer Tourismusorten derart tief wie jetzt, haben Einheimische oder auch Saisonarbeitskräfte kaum noch Auswahl bei der Wohnungssuche. «Und wir reden dabei noch nicht über bezahlbaren Wohnraum», so Hörburger. Für Geringverdiener ist die Situation existenzbedrohend. (dvo)