Danke, liebe Nationalbank! Das macht Mut. Die Schweizer Währungshüter verzichten auf eine weitere Zinserhöhung, belassen den Leitzins bei 1,75 Prozent. Damit nährt die SNB die Hoffnung, dass der Zinsgipfel erreicht sein könnte. Die Serie der rasanten Zinsschritte raus aus dem Negativbereich hin zur neuen Zinsnormalität ist fürs Erste beendet.
Auch wenn Nationalbankpräsident Thomas Jordan (60) im Gespräch mit Blick TV die Euphorie etwas dämpft: «Ich würde noch keine Champagnerflaschen öffnen, der Kampf gegen die Inflation ist noch nicht vorbei.»
Trotzdem: Ein kleines Fläschchen Prosecco liegt drin. Denn mit ihrem Verzicht auf eine weitere Zinserhöhung greift die Nationalbank vielen Akteuren der Schweizer Wirtschaft unter die Arme.
Ein Prozent Wirtschaftswachstum
Zum Beispiel der Export-Industrie, die mit der konjunkturellen Schwäche in den wichtigsten Absatzmärkten zu kämpfen hat. Da käme eine weitere Aufwertung des Schweizer Frankens sehr ungelegen. Aber auch inlandsorientierte Firmen profitieren, denn ihre Kosten für Firmenkredite steigen nicht weiter an.
All das hilft der Schweizer Wirtschaft, die gerade eine schwierige Phase durchmacht, im zweiten Quartal überhaupt nicht vom Fleck kam. Nun sieht es so aus, als dass fürs Gesamtjahr ein Wachstum von einem Prozent drin liegt. Die Nationalbank würgt mit ihrer Geldpolitik die labile Konjunktur nicht ab.
Aber auch die Hausbesitzer und selbst die Mieter dürfen sich freuen. Die Hypothekarzinsen steigen nicht weiter, in der langen Frist könnte die Zinsen sogar schon wieder etwas nach unten korrigieren. Allerdings ist auch nicht so schnell mit Zinssenkungen zu rechnen, dafür ist die Zeit noch nicht reif, der Inflationsdruck immer noch zu hoch.
Kein Handlungsbedarf
Bis sich der hypothekarische Referenzzinssatz nur schon an die bisherigen Zinsschritte angepasst hat, droht das Risiko weiterer Mieterhöhungen. Immerhin: Weil die Nationalbank jetzt auf einen Zinsschritt verzichtet, der Zinsgipfel möglicherweise erreicht ist, dürfte der Anstieg des Referenzzinses Mitte 2025 zu einem Ende kommen. Und damit wäre das Ende der Mieterhöhungen in Sicht.
Was die Entscheidung der Nationalbank erleichtert hat: Im Moment liegt die Teuerung in der Schweiz bei 1,6 Prozent, es herrscht unmittelbar kein Handlungsbedarf. Und gegen die anstehenden Teuerungsschübe kann die Geldpolitik nichts ausrichten. Denn diese kann vor allem eine Überhitzung der Wirtschaft verhindern und importierte Preissteigerungen abfedern.
Doch gegen die politisch regulierten Preiserhöhungen wie die Anhebung der Mehrwertsteuer, die behördlich abgesegnete Erhöhung der Stromtarife oder den Mechanismus zur Berechnung des Referenzzinssatzes für Mieten hilft keine Zinserhöhung.
Die Rechnung muss aufgehen
Also nimmt die Nationalbank in Kauf, dass die Teuerung bis Ende 2024 über dem Ziel von 2 Prozent liegen wird. Das heisst, die Konsumenten müssen sich noch gedulden, bis die Preise auf breiter Front wieder fallen könnten. Erst im Jahr 2025 wird die Inflation unter diese Zielmarke fallen, die die SNB mit Preisstabilität gleichsetzt.
Bleibt die Hoffnung, dass die Rechnung der Nationalbank aufgeht. Sie akzeptiert noch über einen längeren Zeitraum etwas Teuerung und hofft darauf, dass kein externer Schock ihre Prognose verhagelt. Zum Beispiel, weil ein harter Winter die Preise für Öl oder Gas sehr stark nach oben treibt. Denn dann müsste sie die Zinsen noch einmal anheben. Doch im Moment macht die SNB alles richtig, reagiert auf die Situation in der Schweiz und schielt nicht darauf, was die Kollegen von den anderen Notenbanken machen.