Archegos und Greensill: Das Doppel-Debakel der Credit Suisse mit Milliardenverlust durch Risikogeschäfte ruft erneut CS-Grossaktionäre auf den Plan. Im März forderten sie den sofortigen Rücktritt von CS-Präsident Urs Rohner (61). Jetzt, da Rohner an der CS-Generalversammlung vom Freitag regulär zurücktritt, nehmen US-Investor Harris Associates, der norwegische Ölfonds sowie der Stimmrechtsberater Ethos nun den Verwaltungsrat Andreas Gottschling (54) ins Visier.
Gottschling ist Vorsitzender des Risikoausschusses. Er sei verantwortlich dafür, dem Management auf die Finger zu schauen, es zu überwachen, sagt David Herro (58), Vizepräsident der Anlagefirma Harris Associates, der «Financial Times». Damit will er wohl sagen, dass der Deutsche genau das nicht richtig getan habe. Herro geht noch einen Schritt weiter: «Herr Gottschling sollte nicht nur abgewählt werden, ich bin überrascht, dass er angesichts der Ereignisse nicht schon selber zurückgetreten ist.»
Risikoexperte durch und durch
Der Mathematiker, Finanz- und Wirtschaftswissenschaftler Gottschling, der seit 2017 im CS-Verwaltungsrat sitzt, sollte eigentlich ein Könner sein im Kalkulieren von Risiken. Er schrieb seine Doktorarbeit unter anderem über Spieltheorie und Finanzprognosen.
Vor der CS war Gottschling Risikochef der Erste Group Bank in Wien. Der lizenzierte Sportschütze ist unter anderem Mitglied des Schiessvereins TSB Birmensdorf. Jetzt schiesst neben Grossaktionär Harris Associates auch der norwegische Staatsfonds gegen Gottschling. Mitte April hatte sich bereits der US-Stimmrechtsberater Glass Lewis gegen die Wiederwahl Gottschlings ausgesprochen.
Gottschling soll abtreten, Thomas Gottstein (57) soll bleiben: Harris Associates, das gemäss eigenen Angaben 10,25 Prozent der CS-Aktien hält, stellt sich einmal mehr hinter den CS-Boss. Und stärkt ihm für den Grosskampftag der CS am kommenden Freitag den Rücken. Auch weil dieser António Horta-Osórios (57) Übergang zum neuen Präsidenten und Rohner-Nachfolger sicherstellen soll.