Das Vertrauen der Anleger in die Credit Suisse schwindet dahin. Es wird täglich kleiner, was sich an den Tiefstkursen an der Börse ablesen lässt. Am Mittwochmorgen bricht der Kurs der CS-Aktie abermals ein, notiert um bis zu 29 Prozent im Minus – und erreicht damit ein neues Allzeittief. Zum ersten Mal fällt der Kurs unter 1.60 Franken. Die Aktie wurde mehrere Male vorübergehend vom Handel ausgesetzt. Der Börsenwert der Grossbank: nur noch 7 Milliarden Franken.
Der Schweizer Leitindex SMI notiert derweil 2 Prozent im Minus. Auch die UBS muss Federn lassen: Das Kursminus beträgt hier mehr als 8 Prozent. Börsenwert der UBS: gut 60 Milliarden Franken. Ebenfalls fast 7 Prozent im Minus: Partners Group. Der Kursverlust der CS ist in erster Linie als Vertrauensverlust zu werten und nicht als Hinweis, dass die Grossbank als solche gefährdet ist.
Nun melden sich auch die Nationalbank (SNB) und die Finanzmarktaufsicht Finma zu Wort: Die SNB stellt der CS bei Bedarf Liquidität zur Verfügung. Das teilte die SNB am Mittwochabend zusammen mit der Finma mit. Es gebe aktuell zudem keine Hinweise auf eine direkte Ansteckungsgefahr für Schweizer Institute aufgrund der Probleme der US-Banken, beruhigen SNB und Finma.
Die strengen Kapital- und Liquiditätsanforderungen, die für Schweizer Finanzinstitute anwendbar sind, würden deren Stabilität garantieren. Die Credit Suisse erfülle die Kapital- und Liquiditätsanforderungen an systemrelevante Banken. Die Finma steht laut der Medienmitteilung in sehr engem Kontakt mit der Bank und hat Zugriff auf alle aufsichtsrechtlich relevanten Informationen.
SNB-Anleihe soll bei strategischer Transformation helfen
Am Donnerstag hat die Credit Suisse angekündigt, dass sie sich bis zu 50 Milliarden Franken von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) leihen werde. Damit soll die Gruppe «gestärkt» werden, deren Aktie an der Börse abgestürzt ist.
«Mit diesen Massnahmen stärken wir die Credit Suisse auf dem Weg der strategischen Transformation, um für unsere Kunden und andere Anspruchsgruppen Mehrwert zu schaffen», wird CS-Chef Ulrich Körner in der Mitteilung zitiert. «Wir danken der SNB und der Finma für die Umsetzung unseres strategischen Wandels.»
Die Beruhigungspille scheint nötig: Nicht nur die CS-Investoren, auch die Kundschaft läuft der Grossbank davon. Schweizer Kundinnen und Kunden haben vergangenes Jahr 51 Milliarden Franken an Kundeneinlagen abgezogen, berichtet der «Tages-Anzeiger». Brenzlig könnte es dann werden, wenn breitflächig Panik unter den Kleinsparern ausbricht und es zu einem sogenannten Bank-Run kommt. Auch für jede andere Bank wäre ein solcher gefährlich. Hinweise dafür bei der Credit Suisse fehlen hier allerdings.
Keine Hilfe aus Saudi-Arabien
Die Saudi National Bank will der CS nicht zur Hilfe eilen, wie das Onlinemagazin cash.ch schreibt. Die saudische Bank ist vergangenes Jahr im Rahmen einer Kapitalerhöhung bei der CS eingestiegen. Als Grund nennt der Präsident regulatorische Probleme, die bei einer Erhöhung des knapp unter zehn Prozent liegenden Anteils auftreten würden.
Gemäss der Nachrichtenagentur Reuters ist der Vorsitzende der saudischen Nationalbank Ammar Al Khudairy zufrieden mit dem Transformationsplan der CS. Er glaube nicht, dass die Grossbank zusätzliches Kapital brauche.
Staatshilfe ist für CS-Präsident Axel Lehmann (64) zwar noch «kein Thema». Dies sagte er an einer Konferenz in Saudi-Arabien gemäss der Nachrichtenagentur Bloomberg. Doch aus der Bank kommen auch andere Signale, wie die «Financial Times» unter Berufung auf gut informierte Kreise schreibt.
Druck aus Europa
Sowohl die CS als auch die SNB wollten den Bericht nicht kommentieren. Allerdings gibt es nun Druck aus dem Ausland. So will etwa die Europäische Zentralbank (EZB) offenbar von den europäischen Banken wissen, welche Engagements die Finanzhäuser bei der CS haben. Dies meldet das «Wall Street Journal».
Und die französische Premierministerin Elisabeth Borne (61) hat am Mittwoch die Schweizer Behörden aufgefordert, die Probleme der CS zu lösen: «Dieses Thema fällt in den Zuständigkeitsbereich der Schweizer Behörden. Es muss von ihnen geregelt werden», sagte die französische Premierministerin laut einer AFP-Meldung vor dem Senat. Sie erklärte zudem, dass der französische Finanzminister Bruno Le Maire in den «nächsten Stunden» einen Kontakt mit seinem Schweizer Amtskollegen haben werde.
Lehmann will von Parallelen zwischen der CS und der kürzlich bankrottgegangen Silicon Valley Bank nichts wissen. Denn die Banken werden anders reguliert. «Wir haben starke Kapitalquoten und eine starke Bilanz», versichert Lehmann. Dank eines Restrukturierungsprogramms sei die Grossbank «auf gutem Weg». «Wir haben die Medizin schon genommen», sagt Lehmann.
Credit Suisse auf Ernstfall vorbereitet
Dabei ist die harte Kernkapitalquote der CS im vierten Quartal leicht auf 14,1 Prozent gestiegen. Das harte Kernkapital muss die Bank für mögliche Krisen immer bereithalten, schreibt die Finanzaufsicht vor. In der Schweiz ist eine Quote von 7 Prozent an Eigenmitteln vorgeschrieben. Die CS hat also mehr Eigenmittel als sie mindestens halten muss – und ist somit für den Ernstfall gerüstet.
Sparer müssen sich trotz Kursabsturz erst einmal keine grossen Sorgen machen. Auch wenn es tatsächlich zu einem Bankrott kommen würde: Kundeneinlagen bis zu 100'000 Franken sind gesichert. Heisst: Die ersten 100'000 Franken erhält der Kunde pro Bank immer zurück. Danach gibt es keine Garantie mehr. Aktien und andere Wertschriften-Anlagen sind bei einem Bankrott ebenfalls nicht betroffen.