Ein rabenschwarzer Montag an der Schweizer Börse. Die Credit-Suisse-Aktie fällt kurz nach Handelsbeginn ins Bodenlose. Die Anlegerinnen und Anleger geraten in Panik – die Schweizer Börse SIX setzt den Handel mit den CS-Papieren bei minus 10 Prozent kurzzeitig aus.
Nützt alles nichts. Als der Handel fortgesetzt wird, rutscht die CS-Aktie weiter ab. Zwischenzeitlich liegt die zweitgrösste Schweizer Bank 14 Prozent im Minus. Ein Anteil an der Credit Suisse kostet da nur noch 2.16 Franken – ein neues Allzeittief. Auch die UBS-Aktie (minus 6 Prozent) und alle anderen grossen europäischen Banken tauchen am Montagmorgen.
Was steckt hinter dem Bankenbeben? Die Antworten auf die drängendsten Fragen:
Was ist bei den Schweizer Banken los?
Die Ursache für den Crash am Montagmorgen liegt in den USA. Dort haben vergangene Woche die Silicon Valley Bank (SVB) und die Signature Bank Insolvenz angemeldet. Die Pleite der SVB ist der zweitgrösste Bankenkollaps in der Geschichte Amerikas.
Was ist bei der Silicon Valley Bank genau passiert?
Zu wenig Liquidität. Dem auf Start-up-Finanzierung spezialisierten US-Geldhaus ist das Geld ausgegangen. Eine Notkapitalerhöhung scheiterte in letzter Sekunde. Deshalb musste die Bank vorübergehend geschlossen und unter staatliche Kontrolle gestellt worden. Das gab die US-Einlagensicherung FDIC am Freitag bekannt. «Die Entwicklungen rund um die SVB haben zu Panik-Reaktionen geführt. Anleger haben in dieser Panik Einlagen abgezogen, was die Krise nochmals deutlich verschärfte», sagt Bankenexperte Andreas Dietrich von der Hochschule Luzern zu Blick. «Kurzum: ein sogenannter Bankrun wie aus einem Lehrbuch.»
Was sind die Gegenmassnahmen?
Die US-Behörden versuchten am Wochenende alles, um die Börsen vor dem Wochenstart zu beruhigen. So hat man am Sonntag weitreichende Schritte zum Schutz der Einlagen bei den Kreditinstituten angekündigt. Die US-Notenbank Fed, das Finanzministerium und der Bundeseinlagensicherungsfonds FDIC teilten am Sonntag mit, SVB-Einleger hätten ab Montag Zugriff auf «ihr gesamtes Geld». Der Steuerzahler werde dafür nicht aufkommen müssen. Auch werde der Zugang zu allen Einlagen bei der New Yorker Signature Bank ermöglicht.
Waren das die richtigen Entscheidungen?
Dietrich bezeichnet die Reaktion als «starkes, aber eigentlich umstrittenes Zeichen der Regierung», das Einlagensicherungssystem de facto «auszuhebeln» und sämtliche Depositen zu sichern. Das sei nicht im Sinne der Idee eines Einlagensicherungssystems. «Gleichzeitig musste die US-Notenbank Fed diese Entscheidung wohl treffen, um einen Flächenbrand zu verhindern und eine noch grössere Panik zu vermeiden.» Deshalb erachtet Dietrich die getroffenen Massnahmen als richtig.
Warum kam es am Montagmorgen in der Schweiz trotzdem zum Banken-Beben?
Die Beruhigungspille aus den USA hat nicht genützt. Die Angst vor einem Flächenbrand ist gross. Und Erinnerungen an die Finanzkrise 2008 kamen bei einigen Anlegerinnen und Anleger wohl hoch. Die Finanzmarktaufsicht Finma wird die Lage genau beobachten. «Insgesamt würde ich die ganze Situation als Warnsignal betrachten. Hierzulande muss man deswegen aber nicht in Panik geraten», sagt Andreas Dietrich. Bemerkenswert: Die Aktien der Credit Suisse mussten am Montagmorgen bereits kurzzeitig ausgesetzt werden.
Was muss passieren, dass eine Aktie vom Handel ausgesetzt wird?
Fällt eine Aktie – wie die der CS mehrmals am Vormittag – um plötzlich mehr als 1,5 Prozent unter den letzten gehandelten Kurs, wird der Handel mit diesem Titel für 5 Minuten ausgesetzt. Ziel ist es, so einen sogenannten Flash-Crash zu verhindern. Das heisst, dass der Wert der Aktien ins Bodenlose fällt. In diesen 5 Minuten haben die Marktteilnehmer Zeit, sich wieder auf einen realistischen Preis zu einigen.
Könnte Schweizer Banken dasselbe passieren wie der Silicon Valley Bank?
Die Probleme der SVB sind durch eine falsche Einschätzung in Bezug auf die Anleiheentwicklungen und kurzfristige Liquiditätsprobleme entstanden. Die entsprechenden Anleihen haben durch die Zinserhöhungen an Wert verloren. «Das Ganze ist vor allem daher publik geworden, weil sie diese mit Verlust verkaufen mussten und es danach zu einer Kettenreaktion gekommen ist», sagt Bankenexperte Dietrich. Er glaubt nicht, dass Schweizer Banken die gleichen Probleme haben. «Zumindest nicht im gleichen Ausmass», so Dietrich. «Aber es würde mich auch nicht überraschen, wenn es weltweit noch andere Banken gäbe, die grössere Probleme mit ihren Anleihen im Portfolio haben – in Zeiten von steigenden Zinsen.
Was bedeutet das für die Geldpolitik?
Das ist noch ungewiss. Gewisse Ökonomen erwarten nun sogar, dass die jüngsten Vorfälle das Fed dazu veranlassen dürfte, ihren geldpolitischen Straffungszyklus in der nächsten Woche zu unterbrechen. Also keine weiteren Zinsschritte mehr. Dies als Beruhigungspille für die Börsen und die Banken.