Cassis im Faktencheck
Bei Bitcoins sind die Schweizer Sanktionen knallhart

Kryptowährungen hängt der Ruf nach, intransparent und unreguliert zu sein. Russische Oligarchen könnten Kryptos nutzen, um die internationalen Sanktionen zu umgehen, so die Befürchtung. Bundespräsident Cassis widerspricht. Blick macht den Faktencheck.
Publiziert: 24.03.2022 um 00:24 Uhr
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Aktualisiert: 24.03.2022 um 08:11 Uhr
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Die Schweiz sei betreffend ihre Sanktionen zu Kryptowährungen «führend», sagt Bundespräsident Cassis in einem Blick-Interview.
Foto: keystone-sda.ch
Sarah Frattaroli

Die Schweiz hat mit Blick auf ihre Sanktionspolitik gegenüber Russland viel Schelte eingesteckt, wurde international zuweilen als «skandalös und dumm» bezeichnet. Ausgerechnet diese Schweiz soll bei den Krypto-Sanktionen nun führend sein? So zumindest sieht es Bundespräsident Ignazio Cassis (60) im Blick-Interview.

Und tatsächlich: In der Verordnung, die die Sanktionen der Schweiz gegenüber Russland regelt, werden Kryptowährungen dezidiert erwähnt. Für sie gelten hierzulande die genau gleichen Sanktionen wie für herkömmliche Bankkonten oder andere Vermögenswerte, bestätigt das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) auf Anfrage von Blick. Egal, ob ein sanktionierter russischer Oligarch sein Vermögen in Bitcoin oder in Schweizer Franken hält: Er hat keinen Zugriff mehr darauf.

In der EU ist dem nicht so. Kryptowährungen sind bei den EU-Sanktionen höchstens mitgemeint – aber nicht explizit miterwähnt. Dass die Schweiz Vorreiterin ist, kommt nicht von ungefähr, sagt Ayse Erkut (32), Compliance-Expertin bei Crypto Finance (Brokerage) AG. «Die Schweiz war schon vor dem Ukraine-Krieg strenger unterwegs als andere Länder.»

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«Jeden Tag Kundendatenbank überprüft»

So hat mit Smart Valor Anfang Jahr denn auch die erste Schweizer Krypto-Firma den Sprung an die Börse Nasdaq First North geschafft – ein Schritt, der mit hohen Auflagen punkto Regulierung verbunden ist. International ist erst eine Handvoll Krypto-Firmen überhaupt börsenkotiert. Bemerkenswert: Smart Valor gehört ausgerechnet der in der Schweiz wohnhaften Ukrainerin Olga Feldmeier (44), die in den letzten Wochen zu einer wichtigen Botschafterin gegen den Krieg geworden ist.

Die engmaschigen Vorgaben bei den Kryptowährungen in der Schweiz überraschen: Hängt dem hiesigen Finanzplatz doch weiterhin das Image einer laxen Regulierung an – dem Ende des Bankgeheimnisses im Nachgang der Finanzkrise zum Trotz.

Für in der Schweiz ansässige Kryptofirmen bedeuten die strengen Regulierungen auch mehr Aufwand. «Zu Beginn der Krise gab es jeden Tag eine aktualisierte Sanktionsliste», erzählt Erkut. «Wir mussten jedes Mal unsere ganze Kundendatenbank durchgehen und überprüfen, ob wir jemanden ausschliessen müssen.» Dennoch schätze man die starke Regulierung, versichert Erkut. «Es geht dabei ja auch um Risiko-Minimierung.»

Bargeld gefährlicher als Bitcoins

Krypto-Experte Daniel Diemers (49) vom Beratungsunternehmen SNGLR Group pflichtet ihr bei: «Das Vorurteil, dass mit Kryptowährungen schiefe Geschäfte gemacht werden, ist längst überholt.» Die Schweiz sei betreffend Standards weltweit führend. «Die Chance, dass jemand mit 30 Millionen in einem Geldkoffer die Grenze überquert, ist deutlich grösser, als dass sie mit Bitcoins verschoben werden», argumentiert Diemers. Auf der Blockchain sind sämtliche Geschäfte unlöschbar verewigt, jeder Coin kann zurückverfolgt werden – etwa zu einem sanktionierten russischen Oligarchen.

Offenbar ist auch die EU der Ansicht, dass ihr die Schweiz diesbezüglich einen Schritt voraus ist. Kryptowährungen sollen auch in den EU-Sanktionen bald explizit erwähnt statt nur implizit mitgemeint werden, heisst es beim SIF. Bis dies der Fall ist, behält Cassis mit seiner Aussage recht: Die Schweiz ist betreffend Krypto-Sanktionen tatsächlich führend.

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