Es war ein heiss diskutiertes Thema an der ausserordentlichen Session des Parlaments zum Untergang der Credit Suisse: die Boni der Banker. Von Bonideckeln war die Rede, gar vom Verbot der Boni. Der Bundesrat hat nun den Auftrag, einen Vorschlag zu machen, der die kochende Volksseele beruhigt und gleichzeitig die Banker nicht vollends vor den Kopf stösst. Eine nicht leicht zu lösende Aufgabe.
Denn einerseits gibt es keine wissenschaftliche Studie, die beweisen würde, dass Boni, vor allem auch im Übermass ausgeschüttet, tatsächlich Manager zu besseren Leistungen beflügeln. Zumal sich der konkrete Anteil, selbst jener des Konzernchefs, am Unternehmenserfolg nicht wirklich messen lässt. Und hinter vorgehaltener Hand selbst aus Bankenkreisen zu vernehmen ist, dass eigentlich niemand Angestellte haben möchte, die einzig durch ein fettes Salär zu Höchstleistungen auflaufen. All das würde also für ein Boniverbot sprechen.
Ohne Boni geht es nicht
Andererseits ist der notwendige Kulturwandel auf dem Finanzplatz nicht mit der Brechstange zu erreichen. Banking ohne Boni ist im Moment undenkbar. «In der Bankenwelt geht es primär um Geld», sagt der Vergütungsspezialist Sacha Cahn (50). Und sein Berufskollege Urs Klingler (64) ergänzt: «Variable Vergütung für Leistung hat mehr Vorteile als Nachteile.»
So funktioniere eben der Mensch, glaubt Klingler, er möchte für eine gute Leistung eine Belohnung. «Das ist wie die Goldmedaille an einem Sportevent.» Allerdings dürfe man nicht den Fehler machen, Konzernchefs mit Superstars aus dem Sport einkommens- und imagemässig auf eine Stufe stellen zu wollen.
Ohne Leistung keine Boni
Also kommt es sehr auf die Ausgestaltung des Vergütungssystems an. «Ein Leistungsbonus darf nicht einfach ein Geschenk an das Kader sein», warnt Cahn. «Boni sind sinnvoll, wenn richtig eingesetzt.»
Cahn hält es deshalb für eine gute Idee, doch noch eine Art Transformationsbonus auszuschütten. «Es wäre sinnvoll, Schlüsselangestellten der CS einen an Leistungsziele gekoppelten Sonderbonus zu bezahlen, damit sie nicht zu anderen Banken abwandern.» Gelingt die Integration in die UBS reibungslos, hat auch die neue Megabank etwas davon.
Für beide Vergütungsspezialisten ist klar, dass es Boni nur geben darf, wenn die Leistung stimmt, die des einzelnen Angestellten wie auch des ganzen Unternehmens. Klingler empfiehlt dafür ein dreistufiges Modell. «Das Vergütungssystem muss Leistung widerspiegeln – die individuelle, die des Geschäftsbereichs und die des Konzerns.»
Und macht eine wichtige Einschränkung: «Wichtig ist, dass die einzelnen Leistungskomponenten nicht addiert, sondern multipliziert werden.» Bei einem Konzernverlust ist einer der Multiplikatoren Null – in so einem Jahr gäbe es für die Angestellten keinen Bonus. Das würde den Risikoappetit einiger Manager wohl zügeln.
Bei Verlust bleibt der Bonustopf leer
Eine Rechnung, die für die meisten Menschen ausserhalb der Finanzbranche gut nachvollziehbar wäre. Kommt dazu, dass in anderen Branchen die variablen Vergütungen nicht in den Himmel wachsen: «In vielen Firmen ist die Grösse des Bonustopfs auf rund 10 Prozent des Konzerngewinns beschränkt», weiss Klingler.
Dieses System hätte dazu geführt, dass bei der CS in den Jahren mit Verlusten, der Bonustopf leer geblieben wäre. Was aber nicht der Fall war, im Gegenteil: In den letzten 10 Jahren verdiente die Bank kein Geld, häufte einen Verlust von 3 Milliarden Franken an. Bezahlte aber in diesem Zeitraum trotzdem 32 Milliarden Franken an Boni aus.
Unternehmerische Verantwortung
Topmanager vergleichen sich gerne mit Unternehmern – nur handeln sie einkommensmässig selten danach. Läuft es dem Unternehmer schlecht, verzichtet er häufig auf Teile seines Lohns, steckt das Geld lieber in die Firma. Deshalb – so eine andere Idee – sollte ein grosser Teil der variablen Vergütung für Topbanker in Form von Aktien ausbezahlt wird. Und diese mindestens bis zum Austritt aus der Bank, oder sogar noch länger gesperrt bleiben. Das heisst, die Aktien können nicht verkauft werden, der Bonus steigt oder fällt über Jahre mit dem Aktienkurs.
Auch das dürfte die Risikofreude dämpfen. Denn so sitzen die Manager im gleichen Boot wie die Aktionäre, die – wie auch der Finanzplatz und die Öffentlichkeit – ein grosses Interesse daran haben, dass die Firma skandalfrei und profitabel arbeitet.