Protein-Lebensmittel liegen im Trend. Viele Menschen sind bereit, für die vermeintlich gesunden Esswaren tiefer in die Taschen zu greifen. Das weiss auch der holländische Käsehersteller Leerdammer. Und bietet deshalb seine beliebten Käsescheiben in der Version «Feine Scheiben Protein» an.
Mit 3.30 Franken für 100 Gramm ist der Protein-Käse beim Detailhändler Coop deutlich teurer als die Leerdammer «Original» (1.70 Franken) und «Lightlife» (2.20 Franken).
Der Haken: Die vermeintlichen Protein-Käsescheiben enthalten laut Verpackung sogar etwas weniger Protein als die günstigeren «Lightlife»-Scheiben. In diesen stecken laut Inhaltsangabe 30 Gramm Protein pro 100 Gramm gegenüber 29,5 Gramm in der Protein-Version. Auf Nachfrage sagt Leerdammer, dass der Proteinanteil bei beiden Varianten gleich sei.
Konsumentenschutz schaltet Kantonschemiker ein
«Die Konsumentinnen und Konsumenten werden über den Tisch gezogen», sagt Sara Stalder (57), Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz. «Eine solche Produktvariation zeigt deutlich, worum es dem Unternehmen geht: Nicht um die Gesundheit der Bevölkerung, sondern um maximalen Profit.»
Und: «Der grosse Preisunterschied ist aus unserer Sicht rein marketingtechnisch bzw. willkürlich und nicht nachvollziehbar», so Stalder. Der Konsumentenschutz schaltet deshalb nach der Blick-Anfrage den Kantonschemiker ein. Dieser soll nun beurteilen, ob die Kunden bewusst getäuscht werden.
Leerdammer: «Feinere Scheiben»
Coop verweist auf Leerdammer. «Bei Markenprodukten sind unsere Verkaufspreise grundsätzlich abhängig von den Einkaufspreisen, die die Markenhersteller festsetzen», schreibt der Detailhändler.
Beide Produkte hätten einen aufgerundeten Proteinanteil von 30 Gramm, so Leerdammer. «Trotz dieses gleichen Proteingehalts unterscheiden sich die Produkte in anderen wichtigen Aspekten, die sich auf die Herstellungskosten und damit auch auf den Preis auswirken», sagt ein Sprecher. Konkret erfordere die Produktion und Verpackung der feineren Scheiben im Protein-Leerdammer einen höheren Aufwand.
Lebensmittelindustrie nützt Fitnesstrend aus
Der Fall Leerdammer sei ein eindrückliches Beispiel dafür, wie die Lebensmittelindustrie den Fitnesstrend ausnütze, sagt Konsumentenschützerin Stalder. «Ein Blick in die Ladenregale zeigt: Von Brot über Caffè Latte zu Schokoladenaufstrich oder sogar Chips, überall wird aufdringlich mit dem Proteingehalt geworben.»
Die Lebensmittelindustrie habe längst begriffen, dass diese Produkte sich zu einem Goldesel entwickelt haben. Denn: Die Produkte, die mit ihrem Proteingehalt beworben werden, sind fast durchs Band teurer.