Auch schon reingefallen?
Diese legalen Tricks nutzt die Lebensmittel-Industrie

Mogelpackung, Glukose, «zuckerfrei»: Diese Verkaufsmaschen führen uns häufig in die Irre.
Publiziert: 13.03.2024 um 08:47 Uhr
|
Aktualisiert: 13.03.2024 um 11:13 Uhr
1/5
Weniger Inhalt und irreführende Inhaltsangaben: Die Lebensmittelindustrie verspricht oft mehr, als sie liefert.
Foto: Montage: Beobachter
yves_demuth_1.jpg
Yves Demuth
Beobachter

Frankreich will versteckte Preiserhöhungen erschweren: Die grossen Supermärkte sollen ab Ende März alle Produkte kennzeichnen müssen, die weniger Inhalt zu gleichen Preisen anbieten. An Schweizer Verkaufsregalen wird allerdings keine Transparenz geschaffen.

Trick 1: Weniger Inhalt statt eines höheren Preises

Der Füllmengentrick zählt zu den beliebtesten legalen Kniffen der Lebensmittelbranche. Das verkleinerte Produkt wird oft «Mogelpackung» genannt, der Vorgang «Shrinkflation», also Schrumpf-Inflation.

Artikel aus dem «Beobachter»

Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.

Probieren Sie die Mobile-App aus!

Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.

Probieren Sie die Mobile-App aus!

Ein Beispiel: Das Soja-Joghurt Alpro kostet bei Migros und Coop seit einiger Zeit nur noch Fr. 2.75 statt Fr. 2.95. Auf den ersten Blick eine Preissenkung. Tatsächlich wurde das Joghurt aber 17 Prozent teurer. Denn der Becher hat nur noch 400 Gramm Inhalt statt wie bisher 500. Nur sieht man ihm das von aussen kaum an.

Bei der Migros heisst es, der Lieferant habe die Menge pro Becher reduziert und gleichzeitig den Lieferantenpreis erhöht. Coop dazu: Man überprüfe Mengenreduktionen der Hersteller «grundsätzlich sehr genau».

Hersteller Danone argumentiert, man habe die Kundschaft über Social Media sowie die Produkt-Website transparent über die Änderungen informiert – deshalb sei es keine versteckte Preiserhöhung. Zudem sei auf der Vorderseite der Verpackung die Angabe zur kleineren Füllmenge in grösserer Schrift aufgedruckt. Die Herstellungskosten seien um über 30 Prozent gestiegen, davon habe man nur einen kleinen Teil an die Kundschaft weitergegeben.

In Deutschland hat das Landgericht Hamburg im Februar 2024 einen Margarinehersteller wegen einer versteckten Preiserhöhung verurteilt. Laut Gericht ist es «irreführend», eine Margarine zu vertreiben, die plötzlich nur noch 400 Gramm Inhalt hat statt 500 – bei nahezu identischer Verpackung. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Trick 2: Billige Zutaten statt teurer

Die Alnatura-«Honigwaffeln» der Migros sind hauptsächlich mit Glukosesirup und Getreidemalzsirup gesüsst. Teuren Honig hat es nur acht Prozent drin, wie die Zutatenliste zeigt. Das ist erlaubt. Das Gesetz schreibt nur vor, dass eine Prozentangabe irgendwo auf der Verpackung stehen muss, wenn ein Produkt nach einer Zutat benannt ist. Wie viel von der Zutat drin sein muss, ist nicht geregelt.

Bei der Migros heisst es, die Sachbezeichnung werde «derzeit überarbeitet». Die Stroopwafels (Sirupwaffeln) seien eine niederländische Spezialität. Die Füllung bestehe aus einer Mischung von Glukosesirup und Honig. «Da die Waffeln deutlich nach Honig schmecken und Honig das Produkt charakterisiert, wurde entsprechend der Produktname gewählt.»

Der Frischkäse «Philadelphia mit Ziegenkäse & Rosmarin», den Migros und Coop verkaufen, hat sogar nur drei Prozent Ziegenkäse drin. Und dass es so wenig ist, steht versteckt am seitlichen Verpackungsrand.

Die Organisation Foodwatch nominierte den Philadelphia-Käse von Mondelez deshalb für die Kategorie «Dreisteste Werbelüge des Jahres». Foodwatch vermutet, dass der Ziegenkäse-Geschmack mit beigefügten Aromastoffen erzeugt werde. Mondelez argumentiert, dass es sich bei Rosmarin und Ziegenkäse um Zutaten handle, die den Geschmack lediglich mitprägen würden. Das zeige das Verpackungsdesign.

Trick 3: «Zuckerfrei», aber stark gesüsst

Das Hirz-Joghurt «Choco 0%» von Nestlé enthält keinen Kristallzucker und ist somit «zuckerfrei». Das bedeutet laut Gesetz, dass der Hersteller Zucker durch Süssstoffe ersetzen darf. Doch Süssstoffe sollte man laut Weltgesundheitsorganisation nicht zu oft konsumieren. Wertvoller seien Obst oder ungesüsste Lebensmittel und Getränke.

Wer diesem Rat folgen will, sollte auf Produkte «ohne Zuckerzusatz» zurückgreifen. Bei diesem Begriff ist die Zugabe der üblichen Süssungsmittel verboten. Fruchtjoghurts werden dann oft mit mehr Früchten oder mehr Fruchtsaft gesüsst statt mit Aspartam oder Acesulfam-K.

Herstellerin Nestlé argumentiert, die Bezeichnung «0% Kristallzucker» sei «von den Behörden genehmigt» worden. Man verwende diese Angabe, weil ein Joghurt natürlicherweise Zuckerarten enthalte. Seit 2022 habe Nestlé Schweiz den Aspartam-Gehalt seiner Joghurts um insgesamt 20 Prozent gesenkt.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.