Auf einen Blick
Novi, ein Vorort von Detroit, ist nicht unbedingt für seine grünen Stadtparks und feinen Restaurants bekannt, eher für Autobahneinfahrten, Fedex-Logistikzentren und Malls mit fussballfeldgrossen Parkplätzen. Ausgerechnet hier in dieser Betonzone soll das Glück von Peter Spuhler liegen, der nun seine Traditionsfirma Aebi Schmidt, Herstellerin von Strassenreinigern, Schneeräumern und Landwirtschaftsmaschinen, mit dem amerikanischen Fahrzeugbauer Shyft Group mit Sitz in Novi fusioniert.
Man kannte sich aus der Branche der Spezialfahrzeuge zwar schon lange, zumal beide Akteure, Aebi Schmidt und Shyft, schon seit längerem auf der Top-Ten-Liste in Amerika figurieren, hinter Palfinger oder Rosenbauer. Erst diesen Sommer aber ist man ins Gespräch gekommen. Den Charme der Kombination machen die betriebliche Fitness von Aebi Schmidt und die Marktpräsenz von Shyft in den USA aus.
Dieser Artikel wurde erstmals im kostenpflichtigen Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Blick+-Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.
Dieser Artikel wurde erstmals im kostenpflichtigen Angebot von handelszeitung.ch veröffentlicht. Blick+-Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du unter www.handelszeitung.ch.
Ab Oktober gings im kleinsten Kreis von CEOs und VR-Präsidenten der beiden Firmen um die Details, aus der Schweiz waren Spuhler und Fruithof involviert. Beraten wurden sie von der Anwaltskanzlei Bär & Karrer, von der ZKB und der UBS. An Bord war auch der Investmentberater Alantra, wie so oft, wenn Spuhler Mid-Cap-Transaktionen einfädelt. Zur Hand geht ihm dabei sein langjähriger Kumpel und Alantra-Partner Kurt Rüegg, der bereits beim Börsengang von Stadler Rail wirkte, bei der er im Verwaltungsrat sitzt.
Starke Zahlen
Eine Truppe also, die sich in Sachen Industriedeals auskennt. Und da war noch Aebi-Schmidt-Chef Barend Fruithof, der mit seiner Umtriebigkeit für überzeugende Zahlen sorgte. Denn während es bei diversen Spuhler-Investments wie Swiss Steel, Autoneum oder Rieter ziemlich harzt, weisen die Zeiger bei Aebi Schmidt seit Jahren nach oben – vorab dank Fruithof, dessen Arbeitstage oft um fünf Uhr beginnen.
Der Quereinsteiger, der zuvor Banker war, hat den Umsatz von anfänglich 300 Millionen jedes Jahr um 100 Millionen erhöht, allem voran durch Zukäufe von Fabriken und Marken. Die Ebit-Marge hat er in seiner Regentschaft ab 2017 von mageren 4 Prozent auf aktuell 9,7 Prozent gehievt.
Diese Werte haben die Amerikaner aus Novi beeindruckt und den Deal mit Aebi Schmidt erst möglich gemacht. Die an der Nasdaq kotierte Shyft Group hat im Gegensatz in letzter Zeit an Umsatz verloren, ihre Ebita-Marge erreicht nur gerade die Hälfte von jener der Schweizer. Die Assets der Amerikaner sind die Qualitätsprodukte, der tiefe Verschuldungsgrad und die Marktnähe.
Unter dem Strich sprachen die Kräfteverhältnisse für Spuhler, der früh forderte: Wir wollen die Mehrheit und stellen den operativen Chef. So ist es jetzt auch geplant: Fruithof wird nach Absegnung der Übernahme der erste CEO von Shyft/Aebi Schmidt. Dazu übernimmt er das Vizepräsidium im Verwaltungsrat, Spuhler wird Ankeraktionär und Verwaltungsrat, ohne den nichts geht. Er, seine Co-Investoren plus CEO Fruithof halten neu mit 52 Prozent die knappe Mehrheit an der fusionierten Firma.
Die USA sind Spuhlers neues Wachstumseldorado, denn während Shyft/Aebi Schmidt mit ihrer US-Produktion für saubere Strassen sorgt, wickelt Stadler Rail mit ihren Trams und Zügen – produziert in Salt Lake City – den Nahverkehr in US-Grossstädten ab.
Wein und Zigarren
Stratege Spuhler und Macher Fruithof sind ein eingespieltes Team mit einem Faible für angenehme Seiten. Man liebt hochtourige Motoren, geniesst nach erfolgreichen Sitzungen gerne einen exklusiven Wein mit Zigarre, mag Zahlen und Sport und lässt sich bei Rückschlägen nicht so schnell aus dem Gleichgewicht bringen.
Gewöhnungsbedürftig war, zumindest von aussen, wie die beiden zusammenfanden. Man kennt sich seit über zwanzig Jahren, Spuhler war damals als SVP-Mann in den Nationalrat gewählt worden, Fruithof stieg in die Finanzwelt ein. Doch näher kamen sich die beiden erst 2017, als Spuhler dem gelernten Bauern und langjährigen Banker Fruithof die Führung von Aebi Schmidt antrug, welche seit Jahren in Spuhlers buntem Industrieportfolio lag – und partout nicht in die Gänge kam.
Das Engagement eines Branchenfremden für die Knochenarbeit war ein Wagnis für Spuhler, doch Fruithof sah die Chance, nach vielen Jahren und sicherem Spitzenlohn im Corporate Banking unter Chefs wie Brady Dougan und Boris Collardi vom Angestelltensein ins Unternehmertum zu wechseln. Mit 6 Prozent an Aebi Schmidt war er zumindest ein Kleineigentümer. Einen Bezug zu den rot gefärbten Landmaschinen hatte der gelernte Bauer auch, zudem war er mit Investments und Firmenkrediten bestens vertraut.
Umzug von Zürich nach Zug
Am Schluss profitieren alle: Die Kotierung in den USA verleiht der Firma im dynamischen Hauptmarkt mehr Visibilität und – neben Synergien – hoffentlich weitere Aufträge. Die neue Firma dürfte nach der Fusion nächsten Sommer gegen 2 Milliarden Dollar an Marktwert wiegen, womit die Beteiligung von Spuhler gegen 700 Millionen betragen würde, jene von Fruithof rund 60 Millionen.
Und weil die Firma ohne teures IPO nun direkt via Übernahme zu einem Börsenlisting in New York kommt, sind Dividendenausschüttungen weniger rigide reglementiert. Das sind Good News für Investoren und Investorinnen mit Ambitionen. Und das hilft womöglich auch etwas bei der Steueroptimierung. Fruithof ist gemäss Handelsregister vor ein paar Monaten vom Kanton Zürich in den steuermilden Kanton Zug umgezogen.