Bei Grippe, Erkältung und Co.
Ich fühle mich krank – muss ich trotzdem arbeiten?

Wer krank ist, quält sich oft dennoch in die Firma. Diese Rechte und Pflichten haben Angestellte und Arbeitgeber.
Publiziert: 26.01.2025 um 14:42 Uhr
|
Aktualisiert: 11:35 Uhr
Viele Leute arbeiten trotz Erkältung im Homeoffice. Müssen sie das?
Foto: imago images/photothek

Auf einen Blick

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Katharina Siegrist und Gitta Limacher
Beobachter

Ich habe so viel zu tun, bin aber krank. Bin ich zum Arbeiten verpflichtet?

Nein, wenn du arbeitsunfähig sind, musst du nicht arbeiten, sondern dich erholen. Jeder Arbeitgeber muss sich so organisieren können, dass das Geschäft nicht zusammenbricht, wenn Angestellte ausfallen. Das gehört zum Betriebsrisiko, und du brauchst deswegen kein schlechtes Gewissen zu haben.

Artikel aus dem «Beobachter»

Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.

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Braucht es bei Krankheit ein Arztzeugnis?

Wer sich krankmeldet, muss in der Regel ein ärztliches Zeugnis vorlegen. Ab wann genau, ist gesetzlich nicht geregelt. Häufig verlangt es aber der Arbeitsvertrag oder das Personalreglement.

Oft wird ein Zeugnis ab dem dritten Krankheitstag gefordert. Im Zeugnis stehen der Beginn, die Dauer und der Grad der Arbeitsunfähigkeit. Aber nicht die eigentliche Diagnose, denn die unterliegt dem Arztgeheimnis. Kranke Angestellte müssen Vorgesetzte nur so weit darüber informieren, wie sie wollen.

Ich habe grippeartige Symptome. Muss ich trotzdem E-Mails checken und Anrufe entgegennehmen?

Nein. Wenn du krankgeschrieben bist, entscheidet allein die Ärztin, was du tun kannst und was nicht. Falls man dich auffordert, auf E-Mails zu antworten oder Geschäftsanrufe zu erledigen, berufe dich auf das Arztzeugnis.

Antworte dem Chef oder Kollegen, dass du krank bis, man dir Ruhe verordnet hat und du auf keine Geschäftsmails oder Anrufe eingehst. Sage ihnen, dass du dich nach dem nächsten Arzttermin wieder bei deinem Vorgesetzten meldest und ihn über deine Einsatzfähigkeit informierst. Reiche notfalls ein detailliertes Arztzeugnis ein.

Krankheit: Pflichten der Arbeitnehmer

Du musst die Arbeit aussetzen,

  • wenn du arbeitsunfähig bist;
  • wenn die Arbeit der Heilung schadet – vor allem wenn sich die Krankheit verschlimmern kann, sie noch länger dauern oder chronisch werden könnte;
  • wenn du an einer ansteckenden Krankheit leidest.

Folgen einer Nichtbeachtung

Wenn Angestellte trotzdem zur Arbeit kämen, wäre das eine «arbeitsvertragliche Pflichtverletzung», eine Verletzung der Treuepflicht. Im Extremfall könnte der Arbeitgeber auf die Idee kommen, bei einer verlängerten Arbeitsunfähigkeit die Lohnfortzahlung zu verweigern, weil die Krankheit nicht mehr unverschuldet ist. Hier ist aber klar, dass der Arbeitgeber alle zumutbaren Möglichkeiten vorher ausgeschöpft haben muss, die Angestellte vor sich selbst zu schützen. Auf keinen Fall darf die Chefin die Lohnfortzahlung verweigern, wenn sie dafür sorgte, dass die kranke Angestellte gearbeitet und so die Krankheit verschleppt hat.

Du musst die Arbeit aussetzen,

  • wenn du arbeitsunfähig bist;
  • wenn die Arbeit der Heilung schadet – vor allem wenn sich die Krankheit verschlimmern kann, sie noch länger dauern oder chronisch werden könnte;
  • wenn du an einer ansteckenden Krankheit leidest.

Folgen einer Nichtbeachtung

Wenn Angestellte trotzdem zur Arbeit kämen, wäre das eine «arbeitsvertragliche Pflichtverletzung», eine Verletzung der Treuepflicht. Im Extremfall könnte der Arbeitgeber auf die Idee kommen, bei einer verlängerten Arbeitsunfähigkeit die Lohnfortzahlung zu verweigern, weil die Krankheit nicht mehr unverschuldet ist. Hier ist aber klar, dass der Arbeitgeber alle zumutbaren Möglichkeiten vorher ausgeschöpft haben muss, die Angestellte vor sich selbst zu schützen. Auf keinen Fall darf die Chefin die Lohnfortzahlung verweigern, wenn sie dafür sorgte, dass die kranke Angestellte gearbeitet und so die Krankheit verschleppt hat.

Meine Erkrankung ist nicht ansteckend, sagt mein Chef. Ich könne trotzdem zur Arbeit kommen. Muss ich?

Dein Chef ist kein Arzt. Ob du trotz Erkrankung zur Arbeit gehst, hängt auch vom jeweiligen Leiden ab und davon, was der Arzt für deine Genesung als nötig erachtet.

Sollte der Chef an deiner Arbeitsunfähigkeit zweifeln oder sollte er von einem Gefälligkeitszeugnis ausgehen, kann er dich zur Vertrauensärztin schicken. Diese kann dem Arbeitgeber zurückmelden, ob eine Krankschreibung gerechtfertigt ist, in welchem Ausmass und für wie lange du nicht mehr arbeiten kannst und ob du vielleicht trotzdem bestimmte Arbeiten verrichten kannst.

Muss ich im Homeoffice arbeiten, wenn ich erkältet bin?

Das ist eine medizinische Frage und sehr individuell. Wende dich im Zweifelsfall an deine Ärztin. Sie kann dir vorgeben, was möglich ist, zu wie vielen Prozenten und was nicht.

Wichtig ist, dass deine Arbeitgeberin dich nicht zum Arbeiten zwingen kann, wenn du nicht arbeitsfähig bist. Die Chefin kann, gestützt auf ihre Fürsorgepflicht, eventuell aber gar ein Arbeitsverbot aussprechen, wenn offensichtlich arbeitsunfähige Personen uneinsichtig sind und weiterarbeiten (siehe «Pflichten des Arbeitgebers»).

Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich bei einer Erkältung nicht arbeiten gehe, andere jedoch schon. Führt deren Verhalten nicht noch zu mehr Druck unter den Mitarbeitern?

Ja, das ist so. Deshalb sollte der Arbeitgeber Präsentismus entgegenwirken und kranke Mitarbeiter nach Hause schicken. Es liegt auch in seinem Interesse, dass die gesunden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht angesteckt werden.

Bleibe deshalb konsequent und halte dich vom Arbeitsplatz fern, wenn du dich nicht arbeitsfähig fühlst. Vergleiche dich nicht mit anderen, die trotzdem ins Büro kommen.

Darf die Chefin kontrollieren, ob ich krank bin?

Kontrollanrufe oder sogar Kontrollbesuche von Vorgesetzten muss man nicht akzeptieren. Sie verletzen die Privatsphäre. Wenn Arbeitgeber Zweifel haben, können sie kranke Angestellte zu einem Vertrauensarzt schicken – auf Firmenkosten (siehe oben). Auch Vertrauensärzte sind ans Arztgeheimnis gebunden.

Gibt es keinen Lohn, wenn ich krank bin?

Auch wer krank ist, hat Anspruch auf Lohn – mit sämtlichen festen Zulagen. Man verdient also grundsätzlich gleich viel, wie wenn man arbeiten würde.

Wie lange Arbeitgeber zahlen müssen, hängt von den Dienstjahren ab. Das Gesetz macht keine genauen Angaben dazu und definiert nur: In den ersten drei Monaten an einer neuen Arbeitsstelle besteht kein Anspruch auf Lohnfortzahlung. Danach hat der Arbeitgeber im Rest des ersten Dienstjahres bei Krankheit bis zu drei Wochen lang den vollen Lohn zu zahlen. Ab dem zweiten Dienstjahr besteht Anspruch auf Lohnfortzahlung für eine angemessene längere Zeit.

Als Hilfestellung, was darunter zu verstehen ist, haben die Arbeitsgerichte von Basel, Bern und Zürich eigene Skalen entwickelt (siehe unten). Ab dem zweiten Jahr gibt es je nach Skala kleine Unterschiede. Diese Lohnfortzahlungspflicht kann auch im Arbeitsvertrag oder in einem Gesamtarbeitsvertrag geregelt sein. Vertragliche Abweichungen müssen für die Arbeitnehmerschaft mindestens gleichwertig sein wie die Lohnfortzahlung nach Gesetz.

Krankheit: Pflichten des Arbeitgebers

Diese Massnahmen sollen Chefs ergreifen, um Präsentismus zu verhindern:

  • Die Arbeit so organisieren, dass Arbeitnehmer bei Krankheit gelassen zu Hause bleiben können (etwa Stellvertretung organisieren, Ziele anpassen und auf unbezahlte Karenztage zu Beginn einer Absenz verzichten).
  • Bei offensichtlicher Arbeitsunfähigkeit und fehlender Einsicht der kranken Person muss die Chefin von ihrem Recht Gebrauch machen und die Angestellte nach Hause schicken.
  • Wenn nötig, ist auch die Weiterarbeit von zu Hause aus zu verbieten.
  • In begründeten Einzelfällen kann es vielleicht sogar notwendig sein, den Computerzugang zum Firmennetzwerk sperren zu lassen.

Folgen einer Nichtbeachtung

Wer darunter leidet, dass sie oder er wegen Krankheit nie zu Hause bleiben kann, könnte vor Gericht klagen oder die Arbeit verweigern, bis das Management eine Lösung gefunden hat. Denkbar wäre auch, Schadenersatz oder eine Genugtuung zu verlangen. Was das für die weitere Zusammenarbeit bedeutet, ist eine andere Frage.

Diese Massnahmen sollen Chefs ergreifen, um Präsentismus zu verhindern:

  • Die Arbeit so organisieren, dass Arbeitnehmer bei Krankheit gelassen zu Hause bleiben können (etwa Stellvertretung organisieren, Ziele anpassen und auf unbezahlte Karenztage zu Beginn einer Absenz verzichten).
  • Bei offensichtlicher Arbeitsunfähigkeit und fehlender Einsicht der kranken Person muss die Chefin von ihrem Recht Gebrauch machen und die Angestellte nach Hause schicken.
  • Wenn nötig, ist auch die Weiterarbeit von zu Hause aus zu verbieten.
  • In begründeten Einzelfällen kann es vielleicht sogar notwendig sein, den Computerzugang zum Firmennetzwerk sperren zu lassen.

Folgen einer Nichtbeachtung

Wer darunter leidet, dass sie oder er wegen Krankheit nie zu Hause bleiben kann, könnte vor Gericht klagen oder die Arbeit verweigern, bis das Management eine Lösung gefunden hat. Denkbar wäre auch, Schadenersatz oder eine Genugtuung zu verlangen. Was das für die weitere Zusammenarbeit bedeutet, ist eine andere Frage.

Wie steht es mit Krankentaggeld?

Viele Betriebe schliessen eine Krankentaggeldversicherung ab. Für den Lohn gelten dann die Police und die jeweiligen allgemeinen Versicherungsbedingungen.

In der Regel zahlt die Versicherung ein Taggeld aus, das 80 Prozent des versicherten Verdienstes entspricht – während 720 oder 730 Krankheitstagen.

Oft gibt es am Anfang eine Wartefrist, zum Beispiel 30 Tage. Während dieser Wartefrist muss die Arbeitgeberin den Lohn selber zahlen, und zwar mindestens eine gewisse Zeit lang gemäss Gesetz (siehe oben). Schriftlich darf vereinbart werden, dass die Firma dann nur 80 Prozent des Lohns zahlt. Ohne Abmachung sind es 100 Prozent.

Ein Arbeits- oder Gesamtarbeitsvertrag kann vorsehen, dass in den ersten drei Krankheitstagen kein Lohn geschuldet ist.

Kann man mir bei Krankheit kündigen?

Wer krank ist, dem kann für eine gewisse Zeit nicht gekündigt werden. Das hängt von den Dienstjahren ab. Im ersten Jahr beträgt die sogenannte Sperrfrist 30 Tage, vom zweiten bis zum fünften Jahr 90 Tage, ab dem sechsten 180 Tage. Jede neue Krankheit löst eine neue Sperrfrist aus. Wenn man krank war und später einen Rückfall erleidet, werden die Krankheitstage zusammengezählt.

Eine Kündigung während dieser Fristen ist ungültig. Wenn schon eine Kündigungsfrist läuft und Angestellte krank werden, verlängert sich das Arbeitsverhältnis um die Krankheitstage und endet am folgenden Monatsende.

Achtung: Das gilt nicht, wenn Angestellte selber gekündigt haben oder wenn es sich um eine rein arbeitsplatzbezogene Erkrankung handelt.

Kann ich Ferien nachholen, wenn ich krank war?

Wer während der Ferien krank ist, kann die verpassten Ferientage nachholen. Wichtig ist, dass man die Arbeitgeberin sofort informiert und ein Arztzeugnis einholt. Das Arztzeugnis soll sich nicht nur zur Arbeitsunfähigkeit äussern, sondern auch einen Hinweis dazu enthalten, dass die betroffene Person ferienunfähig war – die Ferien also nicht zur Erholung nutzen konnte.

Umgekehrt kann die Arbeitgeberin Ferien kürzen, wenn man länger krank ist. Ab dem zweiten Monat der Krankheit darf sie die Ferien für jeden vollen Monat Abwesenheit um einen Zwölftel kürzen.

Was darf ins Arbeitszeugnis?

Ein Arbeitszeugnis muss in erster Linie wohlwollend und wahr sein. Gemäss Bundesgericht darf eine Krankheit im Zeugnis dann erwähnt werden, wenn die Absenzen einen wesentlichen Teil des Arbeitsverhältnisses überschattet oder die Leistungen stark beeinträchtigt haben. Oder wenn die gesundheitlichen Einschränkungen zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses geführt haben.

Wenn eine Krankheit im Arbeitszeugnis erwähnt wird, erschwert dies die Stellensuche enorm. Die Firma sollte daher nach Ansicht des Beobachters eine Krankheit nur ausnahmsweise im Zeugnis erwähnen, wenn sie sich gravierend auf die Leistung oder das Verhalten der Mitarbeiterin ausgewirkt hat oder wenn sie deshalb nicht mehr fähig war, ihren Beruf oder gewisse Tätigkeiten auszuüben. Die Krankheit kann auch erwähnt werden, wenn die Arbeitnehmerin dies ausdrücklich wünscht.

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