Bankexperte Peter V. Kunz ordnet ein
Kann First Boston die Credit Suisse in den Abgrund reissen?

Die Credit Suisse verkauft und lagert einen grossen Teil ihrer Investmentbank aus: Doch was, wenn die Tochtergesellschaft First Boston künftig ebenso riesige Verluste schreibt? Muss die CS dann einspringen?
Publiziert: 01.11.2022 um 20:16 Uhr
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Aktualisiert: 01.11.2022 um 20:55 Uhr
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Die Credit Suisse belebt die CS First Boston wieder.
Foto: Bloomberg via Getty Images
Martin Schmidt

Die Credit-Suisse-Aktionäre haben genug von der Investmentbank (IB) der Credit Suisse. 5'259'000'000 Franken hat die IB in den letzten 21 Monaten, also seit Anfang 2021, verbrannt. Die IB ist mit mehreren Milliarden-Debakeln und zahlreichen teuren Gerichtsfällen ein Fass ohne Boden und stürzt die Bank in tiefrote Zahlen. Mit dem geplanten Umbau der Bank soll nun jedoch alles besser werden. Die IB wird verkleinert und zu grossen Teilen ausgelagert.

So wird die CS das Geschäft mit verbrieften Hypothekarkrediten oder Kreditkartenschulden zu einem grossen Teil verkaufen. Ihr Kapital- und Beratungsgeschäft hingegen lagert sie in eine neue Firma aus, die künftig unter dem Namen CS First Boston laufen wird. Und die risikoreichen Vermögenswerte landen in einer «Bad Bank», wo sie schliesslich liquidiert werden sollen.

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Muss die Credit Suisse Verluste der Tochter decken?

Die Aktionäre dürfte dieser Schritt freuen: So werden die Verluste der Investmentbank in Zukunft nicht mehr alle Profite aus dem Schweizer Geschäft und der Vermögensverwaltung auffressen. Doch gilt das auch, wenn die CS-Tochter First Boston weiterhin jedes Jahr Hunderte Millionen in den Sand setzt? «Die Credit Suisse muss nicht für Tochtergesellschaften haften oder deren Verluste decken», sagt Peter V. Kunz (57), Bankenexperte und Rechtsprofessor an der Universität Bern.

Es gibt aber durchaus Situationen, in denen eine Muttergesellschaft von sich aus vertraglich eine Haftung zusichert. Dieser Schritt kann bei Geschäftspartnern oder Kunden Vertrauen schaffen. Das komme immer wieder vor, sagt Kunz: «Die Credit Suisse hat in diesem Punkt jedoch nichts kommuniziert.»

Und dann gäbe es da noch einen Ausnahmefall: Wenn die Credit Suisse mit ihrem Verhalten bestimmte Erwartungen punkto Verantwortung weckt und diese später enttäuscht. Doch das komme praktisch nie vor, betont Kunz.

CS kann Kopf nicht aus der Schlinge ziehen

Ganz anders sieht die Situation bei der «Bad Bank» aus. Werden darin auch laufende Gerichtsverfahren oder Haftungsrisiken ausgelagert, dürften damit vertragliche Zusicherungen der Muttergesellschaft einhergehen, ist Kunz überzeugt: «Die Credit Suisse kann es sich aus Reputationsgründen nicht leisten, schlechte Risiken auszugliedern und sich so aus der Affäre ziehen zu wollen.» Das würde auch in juristischer Sicht kaum helfen. «Kläger könnten in einem Prozess einwenden, dass die Bank die Risiken bei der Tochtergesellschaft geparkt hat, um so die Haftungsrisiken abzuschieben», sagt der Rechtsprofessor.

Liefert First Boston schlechte Zahlen, werden die CS-Aktionäre aber auch ohne Haftung nicht ungeschoren davonkommen: Denn dann verlieren die First-Boston-Beteiligung im Besitz der Credit Suisse an Wert – und die Bank müsste schmerzhafte Wertberichtigungen vornehmen.


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