Auf einen Blick
- Schweizer Bauernfamilie legt Finanzen offen: Herausforderungen und Leidenschaft für Landwirtschaft
- Bio-Hof mit Milchkühen, Pflanzenbau und Wald in Kirchberg BE
- Ehepaar verdient 78'027 Franken pro Jahr
35 Milchkühe, 33 Hektar Nutzfläche und 19 Hektar Wald. Hinzu kommen noch einige Hektare zur Futterproduktion sowie Ackerfläche. Das ist der Hof von Gabi Schürch-Wyss (52) in Kirchberg BE, wie er sich beim Besuch von Blick präsentiert. Vor zwei Jahrzehnten übernahm sie gemeinsam mit ihrem Mann den Landwirtschaftsbetrieb von ihren Eltern. Die fünfte Generation steht mit Sohn Florian (21) bereits in den Startlöchern.
«Wir bauern leidenschaftlich gern und haben Freude daran, mit Tier und Natur zu arbeiten», sagt Schürch. Für eine Medienkonferenz des Schweizer Bauernverbands legt sie die Finanzen ihres Hofs offen. Dabei handelt es sich um einen typischen, durchschnittlichen Bio-Hof mit Tierhaltung, Pflanzenbau und Wald.
2023 verdienten Gabi und ihr Mann Beat mit ihrer Arbeit auf dem Hof zusammen 78'027 Franken für über 4000 Stunden. «Ich kann meinem Mann und mir 18 Franken pro Stunde auszahlen», so die Bäuerin. Manche Bauern verdienen mehr, manchen geht es schlechter - die Schürchs liegen irgendwo dazwischen.
Dabei arbeitet das Paar deutlich mehr als der Durchschnitt: Ehemann Beat arbeitet Vollzeit auf dem Hof – 365 Tage im Jahr. Täglich chrampft er 10 Stunden am Tag – bis zu 75 Stunden in der Woche. Ehefrau Schürch selbst arbeitet pro Woche 35 Stunden auf dem Hof. «Dabei ist es auf einem Bauernhof extrem schwer, Arbeits- und Freizeit abzugrenzen», so die Bäuerin. Sie arbeitet nebenbei noch als Vizepräsidentin des Schweizerischen Bäuerinnen und Landfrauenverband und verdient sich so noch etwas dazu.
Am meisten verdienen Schürchs mit dem Verkauf ihrer eigenen Milch. Dank ihrer Biogasanlage können sie zudem Strom absetzen. «Der Arbeit auf dem Hof mit Tier und Natur ist spannend – aber auch herausfordernd und arbeitsintensiv», sagt sie.
Seit 2018 gilt der Hof als Bio-Bauernhof. Ob man im Bio-Betrieb mehr oder weniger verdient, konnte Schürch so nicht beantworten. Einerseits ist der Ertrag höher, da man an der Milch mehr verdient. Aber auch der Arbeitsaufwand ist bis zu 15 Prozent höher. Dazu kommen noch die Futterzukäufe. «Die Umstellung sollte sowieso nicht aus einem reinen Umsatzdenken erfolgen», so die Bäuerin.
Investitionen als Herausforderung
«Mit einem Stundenlohn von 18 Franken lassen sich keine grossen Sprünge machen», so Schürch. Insgesamt wohnt die Familie zu sechst. Drei der vier Kinder im Alter zwischen 15 und 23 Jahren haben bereits eine eigene Arbeitsstelle ausserhalb des Hofs, davon sind zwei noch in der Lehre.
Neben ihrem eigenen Lebensunterhalt muss die Familie auch Gebäude wie das Wohnhaus oder die Ställe unterhalten. Miete bezahlt sie zwar keine – doch das denkmalgeschützte Bauernhaus muss instandgehalten werden. Hypotheken müssen abbezahlt und der Hof muss für die Zukunft fit gemacht werden. Auch fürs Alter sorgt das Paar bereits vor: Zusammen investieren Gabi und Beat Schürch jährlich 26'500 Franken in ihre Vorsorge. «Das ist vor allem auch wichtig für meinen Mann, da ich Alleinbesitzerin des Hofs bin», so die Bäuerin. Beat Schürch findet sich in der Position wieder, in der sonst meistens die Bauernfrau ist.
Doch die finanzielle Situation spitzt sich zu. Unter anderem muss die Melkmaschine bald erneuert werden. «Investitionen stellen zunehmend eine Herausforderung dar. Wir müssen schauen, dass wir uns nicht übernehmen», so Schürch.
Ferien zur Prävention
Das Bauernleben ist intensiv: Pro Jahr versuchen sich die beiden, «wenn irgend möglich», ein bis zwei Wochen Ferien zu gönnen. Das ist eine Herausforderung: Die Kühe müssen sieben Tage die Woche morgens und abends gemolken werden. In Abwesenheit der Schürchs übernehmen das ein Landwirt in Ausbildung sowie eine weitere 40-prozentige Arbeitskraft, die das Paar auf dem Hof beschäftigt. Auch der Vater der Landwirtin, dem der Hof ursprünglich gehört hat, hilft aus. «Eine Auszeit vom Betrieb ist ganz wichtig. Das gibt uns eine gewisse Distanz – und ist eine Burnout-Profilaxe», so Schürch. An einem Sonntag im Monat gönnt sich die Familie deshalb einen freien Tag.
Trotz Herausforderungen steht der Nachwuchs bereit: Florian (21), der zweitälteste Sohn, möchte den Hof übernehmen. «Seit ich klein bin, konnte ich mir nichts anderes vorstellen», sagt er. Seine Leidenschaft ist dem jungen Berner anzumerken. Wenn sich jetzt noch die finanzielle Situation für den Bauernberuf verbessere, sei das noch «die Kirsche auf der Torte».