Der Schweizer Samuel Reiber* (64) ist mächtig sauer. Der ehemalige Monteur, der seit zehn Jahren in Brasilien lebt, hat Anfang Mai das Kündigungsschreiben seiner Bank erhalten, dass sein Konto aufgelöst wird. «Ich fühle mich als Auslandschweizer ausgegrenzt», klagt der Aargauer, der jahrzehntelang in Wettingen AG gelebt hat. «Das Geld ist mein Erspartes und Teil meiner Pensionskasse. Alles sauber deklariert und versteuert.»
Trotzdem erhält er die Kündigung seines Kontos bei der Aargauischen Kantonalbank (AKB). Im Kündigungsschreiben, das über zwei Monate von der Aare an den Amazonas unterwegs war, begründet die Bank den Schritt mit dem regulatorischen Umfeld für das grenzüberschreitende Bankgeschäft.
Konkret: Die Auslandsbeziehungen der Aargauischen Kantonalbank beschränken sich auf die Nachbarländer der Schweiz. Wer in Brasilien oder anderswo wohnt, hat Pech gehabt. Wobei, viel zu tun gab es für die AKB nicht. «Ende Jahr habe ich jeweils 150 Franken überwiesen, damit das Konto nicht ohne Bewegung ist», erzählt Reiber.
Ende einer Bankbeziehung
Damit endet eine jahrelange Bankbeziehung abrupt. Als Reiber vor zehn Jahren seinen Job verliert, wandert er in die Heimat seiner Frau aus. Sein Erspartes und seine Pensionskassengelder teilt er auf zwei Bankkonten auf. Er eröffnete das Konto bei der AKB im Nachgang zur Finanzkrise, um das Risiko bei einem künftigen Finanzcrash zu verringern.
Das Geld nach Brasilien transferieren? Ein teurer Spass, denn dafür würden hohe Steuern anfallen. «Das kann doch nicht sein, dass ich als Schweizer Bürger mein Geld nicht auf einer Schweizer Bank deponieren kann», sagt der Büezer, der die Welt nicht mehr versteht.
In einem Jahr kann der Ex-Monteur AHV beziehen. Bis dahin lebt er vom Ersparten und führt ab und zu Unterhaltsarbeiten an Swimmingpools in der Nachbarschaft durch.
«Situation ist empörend»
Der Brasilien-Schweizer ist mit seinen Sorgen nicht allein. An die 770'000 Schweizerinnen und Schweizer leben im Ausland und haben immer wieder Mühe, eine neue Bankverbindung zu finden – oder eine alte weiterzuführen.
Ein Thema, das der Auslandschweizer-Organisation (ASO) schon lange Bauchschmerzen verursacht, sagt Ehrenpräsident Remo Gysin (76) zu Blick. «Gleichbehandlung und soziale Anliegen sind offensichtlich keine Kernanliegen der Schweizer Banken. Auch nicht für diejenigen, die vom Staat vor dem Konkurs gerettet wurden», wettert Gysin.
Angst um letztes Konto
Das Hickhack in der Schweiz nützt dem ehemaligen Monteur im fernen Brasilien nichts. Denn er hat eine grosse Angst: «Jedes Mal, wenn Post kommt, zittere ich und fürchte, dass meine andere Bank mir auch noch das Konto kündigt.»
Das ganze Geld liegt nun auf einem einzigen Konto. Bei einem Geldinstitut, das schon ab einem im Vergleich zu anderen Banken tiefen Betrag Negativzinsen einfordert. Eine Chance, den Strafzinsen zu entgehen, hat der Brasilien-Schweizer nicht.
* Name von der Redaktion geändert