Die Auslandschweiz
55 Fakten zur Fünften Schweiz

Von Julius Caesar bis zu Cäsar Ritz, von Sophie Hunger bis zum Koch Daniel Humm, von der Küste der Suisse normande bis zum Küster: Fünfundfünfzig Fakten zur Fünften Schweiz.
Publiziert: 01.08.2021 um 14:56 Uhr
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Aktualisiert: 01.08.2021 um 14:57 Uhr
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Schöne Landschaft: Die Sächsische Schweiz im Osten Deutschlands.
Foto: Shutterstock
Daniel Arnet

Fünf Zahlen zu Auslandschweizerinnen und -schweizern 2020

776'300: Gesamtzahl der Auslandschweizerinnen und -schweizer
54 %: Anteil der Auslandschweizerinnen
662: Anzahl der Hundertjährigen
+0,7 %: Zunahme der Auslandschweizerinnen und -schweizer gegenüber Vorjahr
490'800: Auslandschweizerinnen und -schweizer auf dem europäischen Kontinent

Fünf Fragen an Ariane Rustichelli (47), Direktorin der Auslandschweizer Organisation (ASO)

Frau Rustichelli, was verbindet Auslandschweizerinnen und -schweizer mit ihrem Herkunftsland: Medien, Schweizer vor Ort oder Gespräche mit Freunden und Verwandten in der Heimat?
Die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer bleiben ihrem Heimatkanton sehr verbunden, und die Medien bleiben ein wichtiges Mittel, um die Verbindung zur Schweiz im Allgemeinen und zum Heimatkanton im Besonderen aufrechtzuerhalten. Natürlich sind auch die Kontakte zu Freunden und Familie in der Schweiz sehr wichtig. Für Schweizerinnen und Schweizer, die schon lange im Ausland leben, wird die Verknüpfung mit der Schweiz auch durch Schweizer Vereine im Ausland gepflegt.

Was sind die Hauptbeweggründe, um auszuwandern?
Das sind heute hauptsächlich berufliche Gründe oder ein Studium. In über hundert Jahren hat sich die Migration enorm verändert: Von der Auswanderung aus wirtschaftlichen oder existentiellen Gründen zu Beginn des 20. Jahrhunderts sind wir immer mehr zur Migration übergegangen, um den Lebenslauf und die beruflichen Kompetenzen durch «internationale» Erfahrungen zu bereichern.

Wie lange bleibt ein Auslandschweizer, eine Auslandschweizerin durchschnittlich in der Ferne?
Von den letzten zwanzig Jahren wissen wir, dass die durchschnittliche Dauer der Auswanderung drei bis fünf Jahre beträgt. Präzise Zahlen liegen aber nicht vor.

Sind Auslandschweizerinnen und -schweizer Wiederholungstäter und gehen danach in ein anderes Land?
Leider haben wir nicht genügend Informationen, um diese Frage genau zu beantworten. Je internationaler jedoch das Arbeitsprofil einer Person ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie mehrmals ins Ausland geht, bevor sie in die Schweiz zurückkehrt und wieder ausreist. Aber dies ist eine Minderheit der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer.

Was ist die wichtigere Aufgabe der ASO: Schweizern und Schweizerinnen bei der Ausreise oder bei der Rückkehr zu helfen?
Die Leute kontaktieren uns eher für spezifische Informationen und Beratung, wenn sie bereits im Ausland sind oder wenn sie eine mögliche Rückkehr in die Schweiz planen. Unsere wichtigsten Aufgaben sind Informieren, Vertreten, Verbinden und Beraten: Für Informationen, auch in Bezug auf die Ausübung politischer Rechte, publiziert die ASO das Magazin «Schweizer Revue»; durch Lobbyarbeit vertreten wir die Interessen der Auslandschweizerinnen und -schweizer und verbinden letztere mit Angeboten in der Schweiz für alle Altersgruppen; und bei Fragen zur Ausreise oder Rückkehr in die Schweiz bieten wir eine kostenlose Beratung an.

Die fünf beliebtesten Ausreiseländer 2020

1. Frankreich: 200'900 Auslandschweizerinnen und -schweizer lebten 2020 dort
2. Deutschland: 94'600
3. USA: 81'300
4. Italien: 50'200
5. Kanada: 40'600

Fünf Probleme während der Pandemie

Die Fotos gingen um die Welt: Zwei parallel verlaufende Drahtzäune zwischen Konstanz (D) und Kreuzlingen TG trennen Pärchen. Die Liebe, ein häufiger Grund für Auswanderung, ist während des Corona-Lockdowns im Frühling 2020 unmöglich. Wer schon im Ausland ist und einer Arbeit nachgeht, leidet je nachdem unter den dortigen wirtschaftlichen Massnahmen. Selbständige bekommen aber kein Geld vom Schweizer Hilfsfonds. Laut Laurent Perriard, stellvertretender Direktor der Konsularischen Direktion im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), müssen sich Menschen in finanziellen Schwierigkeiten zunächst an ihre Verwandten und/oder ihren Wohnsitzstaat wenden, wenn sie in finanzielle Not geraten. Angestellte können zwar die schweizerische Stellenvermittlung in Anspruch nehmen, doch meist heisst das Rückkehr in die Schweiz. Da folgt das nächste Problem: das Reisen. Wer einen Schweizer Pass hat, darf zwar jederzeit in die Schweiz einreisen, muss aber unter Umständen in Quarantäne. Denn eine Impfung ist für viele Auslandschweizerinnen und -schweizer in ihrem Gastland nicht möglich. Und selbst in der Schweiz dürfen sich nur Menschen impfen lassen, die hier Wohnsitz haben. Ein unhaltbarer Zustand für die ASO: Sie fordert eine Lockerung angesichts freier Termine in den Schweizer Impfzentren.

Fünf Stämme gegen die Römer

Mit Sack und Pack weggehen – «cum omnibus copiis exirent»: Der römische Feldherr Julius Caesar (100 bis 44 v. Chr.) höchstpersönlich beschreibt im ersten Buch von «De bello Gallico» (Über den Gallischen Krieg) die Auswanderung der Helvetier unter ihrem Anführer Orgetorix. Der reiche Adlige verbündet seinen im heutigen Schweizer Mittelland ansässigen keltischen Stamm mit vier weiteren; und so ziehen «263'000 Helvetier, 36'000 Tulinger, 14'000 Latobiker, 23'000 Rauriker und 32'000 Boier» («De bello Gallico» I, 29) westwärts – eine riesige Massenauswanderung mit 368'000 Menschen (eine Zahl, die Historiker heute als zu hoch einschätzen). Caesar, der ein Machtvakuum und einen Vorstoss der Germanen Richtung Süden ins ehemalige Gebiet der Helvetier befürchtet, stoppt den Zug mit sechs römischen Legionen am Mont Beuvray, rund 70 Kilometer westlich der heutigen Burgunderstadt Beaune, und es kommt im Juli des Jahres 58 v. Chr. zur Schlacht bei Bibracte. In der Folge drängt Caesar die Helvetier zur Rückkehr in ihr angestammtes Gebiet.

Fünf spezielle Schweizervereine

Von der Turnriege bis zum Chüngelizüchterverein: Schweizerinnen und Schweizer schliessen sich gerne mit Gleichgesinnten zusammen. Nicht anders, wenn sie im Ausland leben: Mehr als 650 Schweizervereine und -Institutionen gibt es weltweit, die vom Auslandschweizerrat anerkannt sind. Darunter sind Handelskammern, Folkloregruppen und Sportvereine – nichts Aufsehenerregendes. Doch manche Namen lassen aufhorchen, etwa der 1967 gegründete Matterhorn Young Swiss Club in den USA. Trägt der wörtlich ein Stück Schweiz ins Ausland, so scheint sich der seit 1996 bestehende Schweizerclub Telemark in Norwegen das Ausland anzueignen: eine Verbindung unserer Skination mit der Abfahrtstechnik der Nordländer. Doch der Name rührt nur von der Gegend Telemark im Süden des Landes her. Die südliche Sonne des Tessins bringt die Unione Ticinese di Londra seit 1874 ins neblige London, und die Chiesa Evangelica Riformata Svizzera di Firenze holt die protestantische Kirche ins durch und durch katholische Italien. Hallen dort die Kirchenlieder, dröhnen in Kanada Männerstimmen übers Land: Seit 1980 gibt es den Edmonton Swiss Men's Choir.

Fünf Schweizer Berufe

Schweizer, das steht für Männer, die in der Schweiz leben oder aus der Schweiz kommen. Schweizer, das steht aber auch für Käse. Und Schweizer ist seit dem Spätmittelalter eine Berufsbezeichnung ausserhalb der Schweiz: Die Innerschweizer Söldner sind schon vor der Gründung der Eidgenossenschaft gefürchtete und begehrte Haudegen und verdingen sich als Reisläufer in fremden Heeren. Später schützen die Gardes suisses französische Könige und europäische Fürsten. Schon Shakespeare (1564–1616) lässt in «Hamlet» den König ausrufen: «Herbei! Wo sind die Schweizer? Lasst die Thür bewachen.» Die 1506 gegründete päpstliche Schweizergarde im Vatikan besteht bis heute. Davon abgeleitet entwickelt sich in der katholischen Kirche die Bezeichnung Schweizer für den Küster. Seit dem 15. Jahrhundert machen sich Engadiner Zuckerbäcker als Schweizer einen Namen, und ab dem 18. Jahrhundert ist Schweizer ein Qualitätslabel für einen ausgebildeten Melker.

Fünf schöne Schweizer Landschaften im Ausland

Sächsische Schweiz südöstlich von Dresden (D)
Little Switzerland (kleine Schweiz) in Colorado (USA)
Suisse normande (normannische Schweiz) im Département Calvados (F)
Svejtsarja ha-ktana (kleine Schweiz) bei Haifa (Israel)
Szwajcaria Kaszubska (kaschubische Schweiz) südwestlich von Danzig (Polen)

Fünf berühmte Auslandschweizer

Cäsar Ritz (1850–1918): Der in Niederwald VS geborene Bauernsohn begründet 1898 in Paris die Luxushotellerie mit seinem ersten Hotel Ritz.

Louis Chevrolet (1878–1941): In La Chaux-de-Fonds NE zur Welt gekommen, baut er ab 1911 in Detroit (USA) seine nach ihm benannten Autos.

Xavier Koller (77): Für den Film «Reise der Hoffnung» bekommt der in Ibach SZ geborene Regisseur 1991 einen Oscar – seither lebt und arbeitet er in Los Angeles (USA).

Daniel Humm (45): Geboren in Strengelbach AG, arbeitet der Koch seit 2003 in der Spitzengastronomie der USA und ist heute Chef des Eleven Madison Park in New York.

Jonas Lüscher (44): In Schlieren ZH auf die Welt gekommen, in Bern aufgewachsen, lebt der preisgekrönte Schriftsteller («Kraft») mit seiner Frau seit 2001 in München (D).

Fünf berühmte Auslandschweizerinnen

Elisabeth Kübler-Ross (1926–2004): Die in Zürich geborene Psychiaterin siedelt 1958 in die USA über und macht sich einen Namen als Sterbeforscherin.

Sophie Taeuber-Arp (1889–1943): Die gebürtige Davoser Künstlerin zieht 1926 mit ihrem Mann Hans Arp nach Frankreich; nach dem Einmarsch der Nazis flüchten sie zurück in die Schweiz.

Ursula Andress (85): Die Schauspielerin erblickt in Ostermundigen BE das Licht der Welt und zieht 1962 als erstes Bond-Girl die Blicke auf sich; heute lebt sie in ihrer Residenz in Rom.

Sophie Hunger (38): Bern ist die Geburtsstadt der international bekannten Musikerin, doch seit 2014 lebt sie in Berlin-Kreuzberg und hat zudem eine Wohnung in Paris.

Hazel Brugger (27): Die Slam-Poetin kommt in San Diego (USA) als jüngstes Kind ihrer schweizerisch-deutschen Eltern zur Welt und lebt heute mit Mann und Kind in Köln (D).

Fünf Schweizer Siedlungsgründungen in Amerika

Uf u dervo – das ist über Jahrhunderte das Motto in der Schweiz: Ab Mitte des 16. Jahrhunderts bis 1900 ist sie wegen wirtschaftlicher Not ein Auswanderungsland. Im Gefolge des Dreissigjährigen Kriegs ziehen zwischen 1660 bis 1740 bis zu 20'000 Personen aus der Schweiz ins Elsass; ab 1709 besiedeln die ersten Schweizer Dörfer in Ostpreussen, später in Russland; erst im 19. Jahrhundert kommt es mit der Auswanderung nach Nord- und Südamerika dort zu Siedlungsneugründungen. Deren Namen erinnern noch heute an die alte Heimat: Nova Friburgo in Brasilien etwa oder Villa Berna in Argentinien. Während das Pendant zu Freiburg 200 Jahre alt ist und heute gegen 200'000 Einwohner zählt, ist das 120-jährige Gaucho-Bern ein Dorf für 135 Leute geblieben. Noch weniger leben in Zurich im US-Bundesstaat Kansas, nämlich 99. Winterthur in Delaware (USA) trumpft mit dem Kunstmuseum der Familie Du Pont auf, das 85'000 Ausstellungsstücke beherbergt. Damit eifert der Ort der museumsreichen Mutterstadt in der Schweiz nach. Ebenso New Glarus in Wisconsin (USA): Das 2000-Seelen-Kaff zeichnet sich durch Folklore aus, wie wir sie aus Glarus in der Schweiz kennen.

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