Arbeitgebervertreter sind empört
«Lohnforderungen sind weltfremd und gefährlich»

Travailsuisse fordert fürs Jahr 2025 bis zu vier Prozent mehr Lohn, damit die tiefere Kaufkraft der Bevölkerung ausgeglichen wird. Die Arbeitgeberseite hält das für «überrissen».
Publiziert: 19.08.2024 um 15:13 Uhr
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Aktualisiert: 19.08.2024 um 18:56 Uhr
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Noé Blancpain, Kommunikationschef bei Swissmem, hält die Lohnforderungen für «weltfremd».
Foto: Zvg
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Martin SchmidtRedaktor Wirtschaft

Die Löhne sollen im nächsten Jahr um bis zu vier Prozent steigen, so die Forderung von Travailsuisse. Damit möchte der Arbeitnehmer-Dachverband die verlorene Kaufkraft vieler Angestellter in der Schweiz ausgleichen. So sei die Wirtschaft seit 2021 real um über sieben Prozent gewachsen, während die Reallöhne um drei Prozent abgenommen hätten. Auf Arbeitgeberseite kommen die Lohnforderungen jedoch gar nicht gut an.

«Sie sind weltfremd und gefährlich. Die Gewerkschaften verschliessen die Augen vor der schwierigen Lage, in der die Schweizer Tech-Industrie sich seit längerem befindet», sagt Noé Blancpain (44), Kommunikationschef des Industrie-Dachverbands Swissmem. Die Auftragslage sei eingebrochen, die Exporte hätten sich im ersten Halbjahr um vier Prozent reduziert. «Viele Unternehmen kämpfen darum, die Arbeitsplätze in der Schweiz zu sichern», führt Blancpain aus. Trotz grösster Anstrengungen seien bei verschiedenen Firmen aber Kurzarbeit und sogar Massenentlassungen nicht zu verhindern gewesen.

«Kann nicht nur drei Jahre berücksichtigen»

Was für eine Lohnerhöhung aus Sicht der Industrie realistisch wäre? Das sei Verhandlungssache der Unternehmen und der internen Arbeitnehmervertretungen. Auf diese Weise kann gemäss Swissmem in der sehr heterogenen Branche auf die jeweilige Situation des Unternehmens und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Rücksicht genommen werden. Der Dachverband betont jedoch, dass die Reallöhne in der Industrie über die letzten zehn Jahre gestiegen sind. «Man kann nicht nur die letzten drei Jahre mit relativ hoher Inflation zur Berechnung berücksichtigen», so Blancpain.

Auch beim Schweizerischen Arbeitgeberverband (SAV) hält man die Lohnforderungen für unrealistisch. «Sie sind sicher überrissen. Befragungen bei den Firmen zeigen aktuell, dass es 2025 auf eine Nominallohnerhöhung von 1,5 bis 1,6 Prozent hinauslaufen könnte», sagt SAV-Chefökonom Simon Wey (48). Bei einer prognostizierten Inflation von einem Prozent würde der Reallohn um rund 0,6 Prozent steigen – also im ähnlichen Rahmen wie in diesem Jahr.

Reallohnverlust soll mittelfristig aufgeholt werden

«Der Kaufkraftverlust lässt sich nicht innerhalb eines Jahres aufholen», so Wey. Für die Lohnerhöhung ausschlaggebend sei die Entwicklung in den verschiedenen Branchen und bei den Betrieben. Doch der Ökonom ist zuversichtlich: «Bleiben wir für längere Zeit vor grösseren, unvorhergesehenen Ereignissen verschont, dürfte der Reallohnverlust mittelfristig wieder wettgemacht werden.»

Der Arbeitgeberverband verweist zudem auf die Lohnquote, die gemäss Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco)in den letzten Jahren gestiegen ist. Die Lohnquote zeigt das Verhältnis der Löhne zum Bruttoinlandprodukt. Die Unternehmen hätten die Produktivitätsgewinne also durchaus weitergeben.

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