Die Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM-Industrie) ist in schwierigen Zeiten, vermeldet der Branchenverband Swissmem. Im Vergleich zum Vorjahr sanken sowohl Aufträge, Exporte und Umsätze. Die hohen Zinsen in den Absatzmärkten würden die Nachfrage und der starke Franken die Margen drücken. Auch in den nächsten Monaten ginge es weiter bergab für die MEM-Firmen. Der Verband spricht gar von einer «Industrierezession». Nachdem es bereits in den vergangenen Monaten Massenentlassungen gehagelt hat, stellt sich die Frage: Geht der Abbau weiter?
Wie Swissmem auf Anfrage von Blick mitteilt, könnte es punktuell wegen der schlechten konjunkturellen Lage bei einzelnen Firmen durchaus zu einem Stellenabbau kommen. «Wir gehen zurzeit aber nicht von einer Entlassungswelle aus», so der Verband. Vielmehr dürfte der Abschwung den bestehenden Arbeitskräftemangel dämpfen.
Arbeitgeber und Gewerkschaften gleicher Meinung
Simon Wey (47), Chefökonom des Arbeitgeberverbandes, stimmt dieser Einschätzung zu. «Viele der gekündigten Fachkräfte kommen bei anderen Betrieben in kurzer Zeit wieder unter», sagt er. Auch David Gallusser (38), Ökonom beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB), teilt die Ansicht. Die warnenden Worte aus der Industriebranche überraschen dennoch. «Der Boom nach der Pandemie ist zwar vorbei. Gleich von einer Rezession zu sprechen, ist aber vermessen», sagt Gallusser zu Blick. Die Produktion sei nach wie vor hoch. Die grossen, börsenkotierten Firmen würden weiterhin guten Profit machen. Und selbst die Neuaufträge liegen noch über dem Niveau von vor der Pandemie.
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Aktuelle Daten des Bundesamtes für Statistik (BFS) zeigen: Die Industriebranche als Ganzes war im dritten Quartal 2023 wieder im Aufschwung. «Dass die Industrie insgesamt so positiv abschneidet, ist zum allergrössten Teil auf die statistisch zur Industrie gehörende Energieversorgung zurückzuführen», erwidert Swissmem. Dennoch zeigt ein Blick auf die Swissmem-Zahlen: Vor 2021 waren die Auftragslast und die Umsätze weit tiefer als jetzt.
Feigenblatt für die Lohnverhandlungen
Gallusser sieht die Schwarzmalerei des Branchenverbandes daher vor allem als Feigenblatt für die Lohnverhandlungen. Swissmem plädiert in ihrer Mitteilung darauf, den Unternehmen «keine zusätzlichen Belastungen» aufzubürden und bei den Lohnforderungen zurückhaltend zu bleiben.
Der SGB sieht aber sowohl einen Teuerungsausgleich als auch eine Erhöhung der Reallöhne für gerechtfertigt. «Die Unternehmen konnten ihre Kosten in den letzten zwei Jahren meist an die Konsumenten abwälzen. Daher wäre es unfair, wenn die Arbeitnehmer auf ihren eigenen sitzenbleiben», sagt Gallusser.
«Die Lohnaussichten in der MEM-Industrie sind eher verhalten», sagt Wey. Wie auch eine Umfrage vom September der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) zeigt, liegen sie in der Branche deutlich unter dem gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt. «Die Firmen sind bedacht darauf, nicht zu hohe Lohnerhöhungen zu gewähren.»
Auch Gallusser will nicht wegreden, dass es in einzelnen Betrieben eng werden könnte. Er betont aber: «Die meisten MEM-Unternehmen haben aber nach wie vor Spielraum, höhere Löhne zu zahlen.»