Arbeitgeberverband ist erleichtert
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Neue Corona-Massnahmen:Arbeitgeberverband ist erleichtert

Arbeitgeberpräsident zu den Massnahmen des Bundesrates
Warum sind Sie gegen eine Homeoffice-Pflicht, Herr Vogt?

Der Bundesrat hat die Massnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie verschärft. Das trifft auch die Wirtschaft. Valentin Vogt (61), oberster Arbeitgeber der Schweiz, über Masken, Boostern und Impfpflicht.
Publiziert: 03.12.2021 um 21:09 Uhr
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Aktualisiert: 04.12.2021 um 10:48 Uhr
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Jetzt kehren die Masken ins Büro zurück.
Foto: Shutterstock
Christian Kolbe

Blick: Der Bundesrat hat die Corona-Schutzmassnahmen nur leicht verschärft. Entspricht das den Vorstellungen der Arbeitgeber?
Valentin Vogt: Der Bundesrat hat mit Augenmass auf die Situation reagiert.

Genügt das angesichts voller Intensivstationen?
Es geht einerseits darum, die fünfte Welle zu brechen. Aber es geht auch darum, den wirtschaftlichen Motor am Laufen zu halten. Es gibt nun ein paar zusätzliche Instrumente wie die Maskenpflicht in Innenräumen oder die Möglichkeit, auf 2G zu verschärfen. Wie das Instrumentarium eingesetzt wird, hängt vom einzelnen Unternehmen ab.

Das heisst?
Homeoffice zum Beispiel geht gut in Firmen mit vielen Büroangestellten wie Banken oder Versicherungen. Das ist in der Industrie bedeutend schwieriger. Firmen haben eine Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitenden und ein ureigenes Interesse, dass nicht alle krank werden. Denn das würde das Unternehmen ja auch lahmlegen.

Was bedeutet die Verschärfung der Maskenpflicht?
Die Verschärfung der Maskenpflicht stösst nicht überall auf Gegenliebe. Aber es ist eine Gratwanderung zwischen Brechen der Welle und Weiterarbeiten. Zum Weiterarbeiten ist das eine richtige und wichtige Massnahme. Das gilt auch für die dringliche Home-Office-Empfehlung. In der Schweiz können aber nur 30 bis 40 Prozent der Arbeitnehmenden sinnvoll im Home-Office arbeiten.

Was heisst das für die anderen?
Die Krankenschwester, der Gärtner oder der Lokführer können nicht zu Hause arbeiten. Es gilt auch soziale Spannungen zu verhindern in Betrieben, wo viele Mitarbeitenden kein Home-Office machen können. Es kann ja nicht sein, dass der eine Teil zu Hause arbeitet und sich keinem Ansteckungsrisiko aussetzt, während die Leute an der Werkzeugmaschine sich weniger gut schützen können.

Die Maskenpflicht als Kompromiss?
Ja, jetzt müssen alle wieder eine Maske tragen. Aber die Massnahmen sind ja auch begrenzt bis zum 24. Januar. Die Ausweitung der Maskenpflicht ist tatsächlich ein guter Kompromiss.

Und nach dem 24. Januar?
Wir laufen zielstrebig auf eine Überlastung der Spitäler und der Intensivstationen zu. Es gilt zu verhindern, dass es zu einer Triagierung kommt. Davor haben viele Menschen Angst.

Wenn wir das schaffen, soll der Bundesrat die Massnahmen wieder zurücknehmen?
Ja, ich denke schon. Das Gute an der momentan schlechten Situation ist, dass mit den steigenden Fallzahlen auch die Impfquote steigt. Ich hoffe, dass die Zahl der Geimpften bis zum 24. Januar nochmals deutlich ansteigt und wir so die Überlastung der Spitäler verhindern.

Eine Impfpflicht würde diesbezüglich helfen?
Aus Sicht der Arbeitgeber macht eine Impfpflicht keinen Sinn. Das passt auch nicht zur Schweiz und der direkten Demokratie. Die 2G-Regel macht da mehr Sinn. Gerade in kleinen Firmen könnten die Masken wieder fallen, wenn alle geimpft sind. Das ist unsere Auslegung dieser Beschränkung auf 2G.

Offenbar hat sich die Wirtschaft für diese Beschränkung ausgesprochen.
Die Arbeitgeber haben das nicht gefordert, das waren wohl einzelne Unternehmen. Aber erst muss noch die Covid-App angepasst werden. Es braucht auch noch weitere Präzisierungen durch das BAG.

Die Mehrheit der Leute ist geimpft. Trotzdem haben Sie bei der Ausweitung der Maskenpflicht keinen Vorteil gegenüber Ungeimpften. Kann das zu Spannungen führen?
Sollten wir am 24. Januar keine höhere Impfquote haben, dann müssen wir vielleicht einen Schritt weiter gehen. Aber ich hoffe, dass nun auch die Ungeimpften erkennen, dass an der Impfung kein Weg vorbeiführt.

Also doch eine Impfpflicht?
Nein, wir fordern keine Impfpflicht. Aber man müsste sich wohl weitere Massnahmen überlegen. Der Umgang mit den Ungeimpften wird immer schwieriger. Darunter sind ja auch viele Arbeitnehmende. Deren Arbeitsleistung braucht die Wirtschaft. Auch die Gültigkeitsdauer der Antigen-Schnelltests wird eingeschränkt. Der Spielraum für die Ungeimpften wird noch kleiner.

Keine Pflicht aber erhöhter Druck?
Wir leben hier in der Schweiz in einer direkten Demokratie. Es gäbe wohl eine Abstimmung über die Einführung einer Impfpflicht. Das gäbe wohl einen noch gehässigeren Abstimmungskampf als beim Covid-Gesetz. Ich bin froh, ist diese Abstimmung nun vorbei. Das war ein sehr ungewohnter Umgang miteinander in diesem Land.

Ist es richtig, das grosse Firmen nicht auf den Staat warten, sondern bei der Booster-Impfung das Heft selbst in die Hand nehmen und den Booster für ihre Mitarbeiter anbieten?
Es geht nicht darum, das Heft selber in die Hand zu nehmen, sondern es geht darum, möglichst schnell zu boostern. Die Wirtschaft kann mithelfen. Selbstverständlich machen wir das. Es ist einfacher, wenn die Impfung zu den Leuten kommt statt umgekehrt.

Braucht es wieder mehr Impfzentren oder gar die Armee?
Wichtig ist, dass es mit den Impfungen schnell vorwärtsgeht. Der Bund entscheidet hier, die Infrastrukturen stehen bereit. Gewisse welsche Kantone haben bereits Anträge gestellt für den Einsatz der Armee. Impfen ist der Königsweg, um aus dieser Krise herauszukommen. Wenn Unternehmen mithelfen können, wenn die Armee mithelfen kann – warum nicht.

Das Comeback der Quarantäneliste war von kurzer Dauer. Ein richtiger Entscheid?
Mit der Aufhebung der Reisebeschränkungen hat der Bundesrat verhältnismässig reagiert. Das ist im Interesse der Wirtschaft. Für den Tourismus und die Wintersaison wäre diese Liste absolut verheerend gewesen. In dieser Woche haben wir gelernt: Omikron ist zwar sehr ansteckend, aber die Verläufe sind offenbar nicht dramatischer als mit Delta. Es war ein guter Entscheid vom Bundesrat, die Reisebeschränkungen aufzuheben. Das wäre ein sehr schwieriger Winter für viele geworden.

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