«Nicht schon wieder», ist man mit Blick auf den Finanzplatz versucht zu sagen. Der Untergang der Credit Suisse ist noch kein Jahr her, schon taumelt die nächste Bank in der Schweiz. Dieses Mal trifft es die Bank Julius Bär, immerhin die grösste Privatbank des Landes.
Der Paukenschlag kam über Nacht. Weil sich die Bank mit Krediten an die Signa Holding von René Benko (46) verzockt hat, bricht der Gewinn der Bären um über die Hälfte ein. Die Bank macht ihrem Namen für einmal alle Ehre, denn an der Börse steht der Bärenmarkt für einbrechende Kurse und Gewinne.
Was am Mittwoch auch Blick schon berichtete, bestätigte sich am frühen Donnerstagmorgen: Bär-CEO Philipp Rickenbacher (52) nimmt den Hut. Man trenne sich in gegenseitigem Einvernehmen, heisst es offiziell.
Dicker Schlussstrich
An der Medienkonferenz darf sich der gescheiterte CEO zwar noch artig verabschieden, sein Bedauern ausdrücken und die Verantwortung übernehmen. Doch klar ist auch, als oberster Verantwortlicher für das Benko-Debakel war Rickenbacher nicht mehr zu halten, allen Versuchen des Verwaltungsrates zum Trotz, die Krise auszusitzen.
Immerhin: Jetzt zieht die Bank einen dicken Strich unter die Vergangenheit, schreibt die Kredite an die Signa-Gruppe komplett ab, 606 Millionen Franken sind futsch. Den Verantwortlichen wird der Bonus gestrichen, die Bank steigt komplett aus dem Geschäft mit Spezialkrediten an gut betuchte Kunden aus. Sucht einen neuen CEO, einen externen, wie mehrfach betont wird.
Risikomanagement verbessern
Allerdings: Allzu lange darf die Suche nicht dauern. Wenn der Schlussstrich und das Aufräumen nach der Benko-Affäre glaubwürdig sein soll, braucht es rasch eine neue Führungspersönlichkeit. Jemand, der auch bereit ist, genau hinzuschauen, besonders im Bereich des Risikomanagements.
Denn offenbar entsprach die Vergabe der Kredite an die Benko-Firmen den internen wie externen Reglementen. Wenn diese allerdings einen Schaden von weit über einer Milliarde Franken zulassen, die Kredite zudem mit Aktien anstatt mit anderen – werthaltigeren – Sicherheiten unterlegt sind, dann lässt das nur einen Schluss zu: Die Reglemente sind zu lasch, sie müssen dringend angepasst, das Risikomanagement verbessert werden.
Weniger Gewinn, das heisst aber auch, die Bank muss noch mehr sparen. Und stockt entsprechend das bereits 2022 eingeläutete Sparprogramm auf. Mit einschneidenden Folgen für das Personal: 250 Stellen will die Bank noch in diesem Jahr abbauen. Ein Schelm, wer denkt, das habe etwas mit dem Benko-Debakel zu tun.
Anleger applaudieren
Bizarr: Obwohl es die Spatzen längst von den Dächern pfeifen, wer hinter den faulen Krediten steckt, nennt die Bank nach wie vor keinen Namen, spricht weiterhin von einem «europäischen Konglomerat».
Das hat auch juristische Gründe. Wegen des Bankgeheimnisses darf Julius Bär den Namen nicht nennen. Täte es die Bank trotzdem, könnten Klagen drohen. Zudem will die Bank damit ihren Ruf als verschwiegene Privatbank untermauern. Bleibt zu hoffen, dass dieses Festhalten an der Verschwiegenheit auch Neukunden überzeugt, ihr Geld zu den Bären zu bringen.
An der Medienkonferenz bedankte sich einer der Analysten tatsächlich dafür, dass die Bank nun endlich etwas unternehme. Der Schock, dass die Bank Julius Bär tief im Benko-Sumpf steckt, liess seit November den Aktienkurs einbrechen. Nun also das Gegenteil: An der Börse sind die Bären am Donnerstag bullisch, die Titel der Bank gewinnen zeitweise über sieben Prozent. Die Anleger glauben offenbar, dass der Schlussstrich unter das Benko-Debakel genügend dick ist.
Darin widerspiegelt sich auch die Rolle der Bank Bär auf dem Finanzplatz. Sie gehört nicht – wie früher die CS – zu den systemrelevanten Banken. Deshalb zog die Benkokrise keine weiteren Kreise. Und die Bank Julius Bär ist so solide aufgestellt, dass sie diesen Gewinneinbruch – wenn auch mit einigem Getöse – wegstecken kann.