Bisher stand vor allem die Bank Julius Bär im Fokus, wenn es um faule Kredite ans Signa-Universum ging. Nun zeigt sich: Auch manch eine Kantonalbank muss wohl über die Bücher. Jene Banken, die mit Hypotheken ermöglichten, dass René Benkos Immobiliengruppe die Globus-Warenhäuser kaufen konnte. Noch gelten die Hypotheken auf den Warenhäusern als solid. Aber wie lange noch?
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Benkos Signa-Gruppe dürfte den Wert der 2020 von der Migros übernommenen Immobilien regelrecht hochgeföhnt haben. Das zeigen die offiziellen Jahresberichte, welche die einzelnen Immobiliengesellschaften beim Handelsregister eingereicht haben. Dasselbe belegt eine Studie des Beratungsunternehmens PWC, über die das österreichische Magazin «News» berichtet hat und die auch der «Handelszeitung» vorliegt. Darin zu finden: Pikante und hochkritische Kommentare der Prüferinnen und Prüfer zu den Schweizer Liegenschaften.
Benkos Globus-Finanzierung basiert auf einer Zweiteilung: Das Detailhandelsgeschäft wird kontrolliert von der Globus-Holding, doch die Immobilien liegen in der separat aufgestellten Matterhorn-Holding in Luxemburg und werden von Globus gemietet. Dahinter stehen jeweils die gleichen Aktionäre: Sowohl Globus als auch Matterhorn werden indirekt zu je 50 Prozent von Signa und der thailändischen Central Group kontrolliert.
Hinter den Hypotheken stehen offenbar zahlreiche Kantonalbanken. Bestätigt sind die Basler Kantonalbank, die in Geschäftsberichten genannt wird und die Aargauische Kantonalbank, die ihr Engagement vor kurzem offiziell machte. Andere Kantonalbanken haben mittlerweile Forderungen im Rahmen der Insolvenzverfahren angemeldet.
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Mit hohen Mietzinsen hohe Immobilienwerte legitimiert
Nun zeigt sich: Indem die Signa mit sich selbst langjährige Mietverträge zu sehr teuren Konditionen abschloss und so die Erträge in die Immobiliensparte schob, konnte sie sehr hohe Bewertungen legitimieren. Und das erlaubte wiederum saftige Kredite von den Banken.
Der Rechentrick: Die Mieten waren erst tief, stiegen in der Folge aber steil an. Und das bei Laufzeiten von bis zu dreissig Jahren, wie die PWC-Studie aus dem Jahr 2020 bestätigt. Dank den langen Laufzeiten konnte Signa Bewertungen mit hohen Mietzahlungen erstellen, obwohl diese Mieten damals noch gar nicht flossen. Exemplarisch ist der Fall der teuersten Liegenschaft: dem Globus-Flagship-Warenhaus in Zürich. Der dreissigährige Mietvertrag sieht Zahlungen vor, die von zunächst rund 9,5 Millionen Euro pro Jahr auf später 21,5 Millionen ansteigen. Dieses Muster wird von den effektiv ausgewiesenen Mieteinnahmen bestätigt, die bis 2022 auf 18 Millionen Franken zunahmen. Die Signa-Gruppe wollte sich auf Anfrage nicht zu diesen Zahlen und auch nicht zu anderen Fragen rund um die Immobilienbewertungen äussern.
Und so präsentierte Benko seinen Investoren einen mutmasslichen, auf Mietprojektionen basierenden Marktwert von nicht weniger als 1,3 Milliarden Euro, während die Zürcher Liegenschaft zugleich im internen Jahresbericht mit einem Buchwert von 761 Millionen Franken geführt wurde. Zu Migros-Zeiten war die Bewertung sogar noch tiefer. Die «Handelszeitung» weiss: Vor dem Verkauf schätzte das Beratungsunternehmen Wüest Partner den Wert zuhanden der damaligen Besitzerin auf 550 Millionen Franken. Was ziemlich genau der zuletzt bekannten Hypothekarverschuldung entspricht. Benko hat die Bewertung massiv nach oben getrieben.
Mietforderungen «ausserhalb der plausiblen Bandbreite»
PWC setzt denn auch klare Fragezeichen in ihren Bericht und bezeichnet das Risikoniveau von Globus Zürich als «mittel bis hoch». Die zugrundeliegende Maximalmiete von 104 Euro pro Quadratmeter bezeichnet PWC mit Blick auf den Zürcher Markt als «ausserhalb der plausiblen Bandbreite». Selbst verglichen mit ausländischen Spitzenwarenhäusern liege die Miete «am oberen Ende der Bandbreite» und in der Grössenordnung etwa der Pariser Galeries Lafayette, hält PWC fest.
Ähnlich sieht es beim zweitgrössten Warenhaus aus, jenem in Basel, das derzeit komplett neu gebaut wird. Auch hier sorgt ein dreissigjähriger Vertrag für langfristig hohe Mietzahlungen. Bis 2027 sollten diese auf umgerechnet 49 Euro pro Quadratmeter oder total 7,7 Millionen Euro (gemessen am Zustand von 2020) ansteigen, zitiert PWC die Unterlagen der Signa. Damit liege die Basler Miete «am oberen Ende des vernünftigen Bereichs». Auch hier lautet das Prädikat der Prüferinnen und Prüfer: Risiko «mittel bis hoch».
Die Bewertung der Immobilien ist für jene entscheidend, die sie finanzieren: die Banken. Ihre Kredite sind nur so lange sicher, wie die Marktwerte das geschuldete Geld übersteigen. Insgesamt dürften die von Signa kontrollierten Globus-Liegenschaften in der Schweiz zu rund 70 Prozent mit Hypotheken belehnt sein – gemessen an den offiziellen Buchwertbilanzen per Ende 2022. Viel Spielraum für Preiseinbrüche besteht da nicht.
Kommt hinzu, dass Benkos Signa-Gruppe offenbar höchst unterschiedlich rechnet. Während es bei einzelnen Liegenschaften Differenzen von bis zu 70 Prozent zwischen Buch- und Marktwert gibt, decken sich die Werte bei andern nahezu. Auch das einstige Warenhaus in St. Gallen war wohl vorsichtig bewertet, konnte es doch im Jahr 2022 sogar mit einem leichten Bewertungsgewinn verkauft werden.
Was passiert, wenn Mieter und Vermieterinnen nicht mehr die gleichen sind?
Noch gilt für die Schweizer Globus-Gesellschaften die finanzielle Unschuldsvermutung: Während europaweit reihenweise Signa-Gesellschaften in die Insolvenz gingen, arbeiten alle Detailhandels- und Immobiliengesellschaften rund um den Globus normal weiter, und die Globus-Vertreter betonten in der Vergangenheit, das Warenhausgeschäft laufe normal weiter.
Und so dürften bislang auch die Bankzinsen bezahlt worden sein. So lange, so handhaben es die meisten Banken, gelten auch die Hypotheken als solid. Doch wie lange noch? Und werden die Kredite noch verlängert? Laut Jahresabschluss 2022 läuft beispielsweise die 7-Millionen-Finanzierung der Basler Kantonalbank für das Basler Globus-Provisorium Ende Januar 2024 aus.
Heikel wird die praktische Konstellation rund um den Globus dann, wenn es zu einer Handänderung bei den Aktionären und Aktionärinnen kommt. Klar ist, dass die Signa-Beteiligung auf beiden Seiten mittelfristig verkauft werden dürfte. Bekannt ist, dass die Thai an der Detailhandelsseite Interesse haben. Wer auch immer den Signa-Anteil auf der Mieterseite erwirbt, dürfte ein grosses Interesse haben, die teuren Mietverträge aufzukünden oder neu auszuhandeln. Spätestens dann geht die eine oder andere Bewertungsberechnung wohl nicht mehr auf.