Mitte November lagen die Temperaturen in Zürich bei herbstlichen 15 Grad, doch am Budget-Meeting der Globus-Gruppe sackte die Stimmung plötzlich unter den Gefrierpunkt ab. Für den Wettersturz sorgte René Benko, Globus-Mitbesitzer, als er überraschend an der Bärengasse auftauchte. Daraufhin hätten die aus Thailand eingeflogenen Central-Group-Manager subito ihre Unterlagen zusammengepackt und demonstrativ den Raum verlassen. Mit Benko will man nichts mehr zu tun haben.
Sie tauchten erst wieder im Sitzungszimmer auf, als Benko im Privatjet abgedüst war. Die Thailänder sind stinksauer, weil sie sich vom Österreicher verschaukelt fühlen – und wohl auch frustriert, weil sie viel zu lange an ihren schillernden Geschäftspartner Benko glaubten. Bei Central-Group-Chef Tos Chirathivat und seiner Truppe ist der Investor mittlerweile Persona non grata, berichtet ein Insider.
Vollends zur Weissglut trieb er die Central-Group-Manager, weil er seit Wochen nicht mehr greifbar war und sie die wenig erfreulichen News über ihren Geschäftspartner – Bankschulden, Insolvenzen, Pfändungen, Steuerschulden – aus den Zeitungen erfahren mussten. Ein Insider sagt: «Heute ist das Verhältnis total zerrüttet.»
Benko ignorierte die Thailänder
Benko und Chirathivat: Man ist zwar seit 2020 Co-Investor bei der Globus-Gruppe, doch es sind zwei Welten, die da miteinander ins Geschäft kamen. Hier Benko, ein Immobilienhai, ein Parvenu in weissen Sneekers, der sich am liebsten mit Politprominenz in Wien ablichten liess. Mit seiner Signa Gruppe baute er ein Kartenhaus auf, das bei steigenden Zinsen mit Getöse zusammenbricht.
Dort Tos Chirathivat, Chef eines verschwiegenen Familienunternehmens, dessen Wurzeln in China liegen. Der Central-Group-Chef setzt auf Diskretion, Fotos oder Interviews von ihm sind Mangelware. Der Chirathivat-Clan ist eine der reichsten und respektiertesten Unternehmerfamilien in ganz Asien; man lebt abgeschirmt in Einzelvillen auf dem ehemaligen Gelände der britischen Botschaft im Zentrum Bangkoks.
Die Chirathivats sind gewiefte Detailhändler, die mit Warenhäusern, Shoppingmalls und Retailketten seit Jahren auf Wachstumskurs sind, in Thailand, China, Vietnam und seit ein paar Jahren auch in Europa. Insgeheim, heisst es, sind sie froh, dass Benko nun über seinen eigenen Grössenwahn stolpert und diverse seiner Firmen, darunter auch die Globus-Gruppe, in einem geordneten Nachlassverfahren stecken, weil sie so den verhassten Geschäftspartner bald los sind. Und ihre Strategie in Europa endlich im Alleingang durchziehen können.
Eigentlich wollten sie bei Globus schon lange zuschlagen, doch die Insolvenzen rund um Signa und das kaum entwirrbare Firmengestrüpp haben einen Abschluss verzögert. Zudem habe Benko, heisst es, jedes Kaufangebot der Thailänder abgelehnt oder ignoriert.
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Für die Thailänder gibts kein Zurück
Nun hat das Bezirksgericht Zürich den zerstrittenen Globus-Eignern eine Frist bis zum 14. April gewährt, dann muss eine Lösung für die Warenhausgruppe auf dem Tisch liegen. Kommt kein Deal zustande, droht der Konkurs. Davon aber ist man weit entfernt, wie mehrere Quellen sagen. Im Februar, spätestens im März soll es zu Weichenstellungen kommen. «Es läuft auf eine Übernahme durch die Thailänder hinaus, eine Alternative gibt es nicht», sagt ein Insider. Ein anderer sagt: «Sie haben viel Geld in Globus investiert und wollen es nicht verlieren.»
Gemäss Recherchen streben die Thailänder eine Vollübernahme der Globus-Gruppe an, konkret: Sie wollen das Handelsgeschäft, das ihnen heute hälftig gehört, voll übernehmen. Sie zielen aber auch bei den Immobilien, wo sie ebenfalls mit 50 Prozent beteiligt sind, auf einen Take-over. Eine Zeit lang waren bei den Immobilien noch Drittinvestoren im Gespräch, etwa Swiss Life, der grösste private Immobilienbesitzer in der Schweiz. Ein weiterer Investor sei zumindest zum jetzigen Zeitpunkt jedoch kein Thema.
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Die Vollübernahme dürfte locker ein paar Hundert Millionen kosten, eine Summe, die für Central Group stemmbar ist. Es heisst, die Thailänder würden jedes Jahr rund 1 Milliarde Franken ins Wachstum investieren. Ziel ist es, unter der Ägide von Warenhausprofi André Maeder eine europäische Luxus-Warenhausgruppe zu zimmern, mit den Marken Globus (Schweiz), La Rinascente (Italien), Selfridges (Grossbritannien) und möglicherweise KaDeWe.
Mit der Vollübernahme von Globus geht die Arbeit für die Thailänder aber erst richtig los. Die Globus-Gruppe schreibt seit Jahren tiefrote Zahlen, die Rede ist von einer Millionensumme im mittleren zweistelligen Bereich. Unter dem alten Besitzer, dem Migros-Konzern, soll Globus einen einstelligen Millionenbetrag erwirtschaftet haben. Rot werde man noch zwei bis drei Jahre schreiben, verriet Globus-Chef Franco Savastano vor ein paar Wochen im TV-Sender Tele Züri.
Horrende Miete in Zürich
Grund sind die wegen Umbauarbeiten bedingten Schliessungen von Filialen, dazu kommen Investitionen, die Globus schultern muss. Die Filiale in St. Gallen war monatelang im Umbau, jene in Basel ist eine Baustelle, die am Zürcher Bellevue öffnet erst im Herbst 2025, die Damenabteilung in der Filiale Bahnhofstrasse Zürich war sechs Monate zu.
Dazu kommen enorme Mieten. Das Flaggschiff an der Zürcher Bahnhofstrasse zeigt das Dilemma: Die Miete lag zu Migros-Zeiten bei 14 Millionen, doch mit den neuen Eigentümern René Benko und Central Group wurde diese Miete Schritt für Schritt erhöht; heute soll sie bei über 22 Millionen liegen. Und das bei einem geschätzten Filialumsatz von 140 Millionen. Diese Rechnung kann nicht aufgehen, denn in der Branche liegt ein verkraftbarer Mietanteil bei maximal 10 Prozent vom Umsatz. Konkret wären dies also nicht 22 Millionen, sondern höchstens 14 Millionen.
Die aggressive Mietpolitik trägt die Handschrift Benkos, denn der Immobilieninvestor war stets darauf aus, die Mieten zu maximieren, um dann die Immobilien aufzuwerten und Hypotheken für weiterer Investitionen bei Banken aufnehmen zu können. Dieses Geschäftsmodell drückte er auch im Ausland durch: Da setzte er den Mietanteil bei der Kaufhof-Gruppe auf 33 Prozent des Umsatzes. Eine Zahl, die kein Warenhaus auf dieser Welt tragen kann.
Sportliche Gangart der Thailänder
Nur logisch, dass Central-Group-Chef Tas Chirathivat mit der Globus-Gruppe möglichst schnell in die Gewinnzone will und bei den Kosten ansetzen wird. Es wird ein Husarenritt, denn gleichzeitig soll auch der Umsatz von heute 550 auf 800 Millionen wachsen. Zudem sind nicht alle Standorte mit einer Luxus- oder Premium-Strategie zu rentabilisieren, dazu zählt auch der Standort Bern.
Wer mit den Thailändern zu tun hatte, weiss auch: Beim Geschäften schlagen sie eine sportliche Gangart an, Widerspruch ist nicht gefragt, auch für Ratschläge von aussen hat man nur ein sehr eingeschränkt ein offenes Ohr. Sie operieren hierarchisch, es entscheiden nur der Chef und seine sechsköpfige Konzernleitung. Diese besteht, auch das eine Besonderheit, ausschliesslich aus engsten Familienmitgliedern. Sie alle haben an Topuniversitäten in den USA studiert und arbeiten seit Jahrzehnten für die Central Group. Skin in the Game, heisst die Devise: Wer beim chinesisch-thailändischen Clan mitbestimmen will, muss sich finanziell beteiligen. Und liefern.