Alter, Mutterschaft, Militärdienst
Missbräuchliche Kündigungen und was du dagegen tun kannst

In der Schweiz gilt die sogenannte Kündigungsfreiheit. Heisst: Arbeitgeber und Arbeitnehmer können grundsätzlich ohne Angabe von Gründen kündigen. Kündigungen dürfen aber nicht diskriminierend oder anderweitig missbräuchlich sein.
Publiziert: 15.04.2024 um 12:52 Uhr
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Aktualisiert: 16.04.2024 um 14:34 Uhr
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Das Engagement in einer Gewerkschaft darf nicht Kündigungsgrund sein. Das wäre missbräuchlich. Demonstration zum 1. Mai in Zürich. (Archivbild)
Foto: Keystone
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Sarah FrattaroliStv. Wirtschaftschefin

Ruedi (63) und Gabriela (61) Würgler haben beide innert kürzester Zeit ihre Jobs bei einer Logistikfirma im Raum Burgdorf BE verloren. Das Ehepaar geht rechtlich gegen den Arbeitgeber vor.

In der Schweiz können Arbeitsverhältnisse grundsätzlich ohne Angabe von Gründen gekündigt werden, solange die Kündigungsfristen eingehalten werden. Dennoch gibt es Fälle, in denen eine Kündigung missbräuchlich ist. Die nachfolgende Übersicht ist nicht abschliessend.

Alterskündigung

Einem Arbeitnehmer darf nicht aufgrund einer Eigenschaft gekündigt werden, die ihm kraft seiner Persönlichkeit zusteht – etwa aufgrund seines Geschlechts oder seines Alters. Das heisst nicht, dass älteren Mitarbeitenden nicht gekündigt werden darf. Das Alter darf allerdings nicht Grund für die Kündigung sein. Kommt hinzu, dass gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts besondere Voraussetzungen gelten für Angestellte, die seit mehreren Jahrzehnten im Betrieb sind und kurz vor der Pensionierung stehen.

Kündigung wegen Mutterschaft

Vom Beginn der Schwangerschaft bis 16 Wochen nach der Geburt darf Müttern nicht gekündigt werden – Kündigungen sind in einem solchen Fall nicht nur missbräuchlich, sondern ungültig. Sie müssen nach Ablauf der 16-wöchigen Frist nach der Geburt erneut ausgesprochen werden. Auch danach darf eine Kündigung aber nicht alleine im Zusammenhang mit der Mutterschaft stehen – andernfalls ist sie missbräuchlich.

Kündigung während Krankheit

Bei Unfall und Krankheit gibt es Sperrfristen, die nach Dienstjahren variieren. Die Sperrfrist beträgt maximal 180 Tage (ab dem sechsten Dienstjahr). Während dieser Zeit ist eine Kündigung nichtig. Danach ist eine Kündigung möglich, kann aber – je nach Umständen – missbräuchlich sein.

Militärdienst und Co.

Wer Militär-, Zivilschutz- oder Zivildienst leistet, dem darf nicht gekündigt werden. Der Kündigungsschutz gilt auch für eine gewisse Zeit vor und nach dem Dienst. Wie lange diese Sperrfrist dauert, ist von der Länge des Einsatzes abhängig.

Rachekündigung

Liegt vor, wenn der Mitarbeiter seine vertraglich oder gesetzlichen Rechte geltend macht – und in der Folge die Kündigung kassiert. Etwa dann, wenn er auf seine gesetzlich vorgeschriebene Pause pocht.

Vereitelungskündigung

Stell dir vor, nach zehn Jahren in der Firma steht dir eine Geldprämie oder ein anderes Dienstaltersgeschenk zu. Kurz vor Erreichen des Jubiläums wirst du rausgeworfen, weil der Arbeitgeber dein Dienstaltersgeschenk nicht bezahlen will. Ein Fall einer missbräuchlichen Vereitelungskündigung.

Konfliktkündigung

Wenn am Arbeitsplatz Konflikte herrschen, muss der Arbeitgeber zuerst andere Massnahmen treffen, um den Streit zu lösen, etwa mittels Gesprächen und Mediationen. Erst dann darf gekündigt werden.

Gewerkschaften und Personalkommissionen

Wer sich in einer Gewerkschaft, einem Arbeitnehmerverband oder einer betriebsinternen Personalkommission engagiert, darf nicht aufgrund dieses Engagements entlassen werden.

Massenentlassungen

Bei Massenentlassungen muss ein Konsultationsverfahren durchgeführt werden. Versäumt der Arbeitgeber dies, sind die nachfolgend ausgesprochenen Kündigungen missbräuchlich. Ab wann es sich um eine Massenentlassung handelt, hängt von der Unternehmensgrösse ab. Bei Firmen mit weniger als 100 Beschäftigten ist bereits ab zehn Personen von einer Massenentlassung die Rede.

Entschädigung und Fristen

Wer Opfer einer missbräuchlichen Kündigung wird, hat Anspruch auf eine Entschädigung in der Höhe von maximal sechs Monatslöhnen. Um den Anspruch geltend zu machen, musst du deinen Arbeitgeber noch während der Kündigungsfrist auffordern, die Kündigung schriftlich zu begründen. In der Folge musst du, ebenfalls vor Ablauf der Kündigungsfrist, schriftlich Einsprache gegen deine Kündigung erheben. Danach muss innert 180 Tagen nach Ende des Arbeitsverhältnisses Klage eingeleitet werden.

Trotz Einsprache gilt: Das Arbeitsverhältnis wird beendet. Als Arbeitnehmer steht dir im Falle einer missbräuchlichen Kündigung zwar eine Entschädigung zu, nicht aber das Anrecht, deinen Job zurückzukriegen.

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