Ärger wegen Whatsapp-Ultimatum
Darum boomt die Schweizer Messenger-App Threema

Der Schweizer Messenger Threema profitiert von einer Bewegung gegen Whatsapp. Hintergrund sind die neuen AGB der Facebook-Tochter.
Publiziert: 12.01.2021 um 09:59 Uhr
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Aktualisiert: 27.04.2021 um 18:19 Uhr
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Whatsapp verändert die AGB: Nutzer laufen darum Sturm.
Foto: AFP
Marc Iseli

Dem grössten Messenger der Welt weht ein rauer Wind entgegen: Zehntausende Nutzer verbannen Whatsapp von ihrem Handy. Sie folgen einem Boykottaufruf, der seit Tagen im Internet kursiert und auf sozialen Plattformen hitzige Debatten verursacht.

Hintergrund sind die neuen Nutzungsbedingungen. Whatsapp stellt Usern ein Ultimatum: Sie müssen bis zum 8. Februar ihre Zustimmung geben, Daten mit Facebook zu teilen. Andernfalls können sie den Messenger nicht mehr nutzen. Whatsapp gehört – wie auch Instagram – zum Facebook-Konzern von Eigentümer Mark Zuckerberg (36). Betroffen sind weltweit zwei Milliarden Userinnen und User.

Facebook will damit vorderhand gegen Spam, Drohungen, Missbrauch und Rechteverletzungen vorgehen. Das sagt zumindest das Unternehmen. Nutzer und Datenschützer fürchten aber den Kontrollverlust. Deshalb hat sich eine Bewegung gegen die Facebook-Tochter formiert.

Das Resultat: Alternative Chat-Formate holen auf. Die beiden Messenger Signal und Telegram führen aktuell die Liste der meistgeladenen Gratis-Apps im App-Store von Apple an. Und der Schweizer Messenger-Dienst Threema liegt an der Spitze der Bezahl-Charts!

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«Ansturm» auf Threema

«Wir erleben derzeit einen regelrechten Ansturm», sagt Threema-Sprecherin Julia Weiss zu BLICK. Letzten Sonntag verzeichnete Threema demnach fünfmal mehr neue Downloads als an einem vergleichbaren Tag. Auch schon die Tage zuvor sei das Wachstum um ein Vielfaches grösser als üblich gewesen. «Das ist der grösste Zuwachs an privaten Nutzerinnen und Nutzern seit Jahren», so Weiss.

Threema wirbt damit, dass die App keine Nutzerdaten sammle. Entwicklung, Betrieb und Support passiere ausschliesslich in der Schweiz. Auch die Server seien in der Schweiz. Und die komplette Kommunikation sei verschlüsselt.

Das überzeugt offenbar. Seit Jahren wächst die Zahl der Nutzer. Zuweilen muss sich Threema aber auch gegen Missbrauch wehren. Wegen der Verschlüsselungstechnologie und der Anonymität der Nutzer wird der Messenger zum Teil von Kriminellen genutzt. Bekannt ist unter anderem, dass Sympathisanten der Terror-Miliz IS im Netz dafür warben, den Schweizer Messenger zur Kommunikation zu nutzen.

Diese Apps taugen als Alternativen zu Whatsapp

Telegram, Signal und Threema: Das sind die drei Herausforderer von Whatsapp, das zum Facebook-Konzern gehört und derzeit in der Kritik steht. Telegram ist das Schwergewicht im Bund. Der russische Messenger hat rund eine halbe Milliarde aktive Nutzer, ist kostenlos, bei Verschwörungstheoretikern in den USA und weltweit beliebt, hat aber eine grosse Schwäche: Nachrichten sind nicht standardmässig verschlüsselt wie bei Signal oder Threema. Eine sogenannte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bieten bei Telegram nur die «Secret Chats», die aber extra ausgewählt werden müssen und die nicht für Gruppengespräche zur Verfügung stehen. Bei Signal und Threema ist die Verschlüsselung dagegen Standard, dafür sind die beiden Messenger noch nicht so weit verbreitet. Threema, die Schweizer App, hat laut eigenen Angaben Ende 2020 über 8 Millionen aktive Nutzer. Signal, das Produkt aus Kalifornien, gewinnt aktuell täglich eine Million neue User und dürfte mittlerweile auf mehreren Dutzend Millionen Geräten installiert sein. Edward Snowden (37) ist ein Fan der kostenlosen App. Marc Iseli

Telegram, Signal und Threema: Das sind die drei Herausforderer von Whatsapp, das zum Facebook-Konzern gehört und derzeit in der Kritik steht. Telegram ist das Schwergewicht im Bund. Der russische Messenger hat rund eine halbe Milliarde aktive Nutzer, ist kostenlos, bei Verschwörungstheoretikern in den USA und weltweit beliebt, hat aber eine grosse Schwäche: Nachrichten sind nicht standardmässig verschlüsselt wie bei Signal oder Threema. Eine sogenannte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bieten bei Telegram nur die «Secret Chats», die aber extra ausgewählt werden müssen und die nicht für Gruppengespräche zur Verfügung stehen. Bei Signal und Threema ist die Verschlüsselung dagegen Standard, dafür sind die beiden Messenger noch nicht so weit verbreitet. Threema, die Schweizer App, hat laut eigenen Angaben Ende 2020 über 8 Millionen aktive Nutzer. Signal, das Produkt aus Kalifornien, gewinnt aktuell täglich eine Million neue User und dürfte mittlerweile auf mehreren Dutzend Millionen Geräten installiert sein. Edward Snowden (37) ist ein Fan der kostenlosen App. Marc Iseli

Musk empfiehlt Signal

Neben Threema profitiert der Whatsapp-Rivale Signal von der Kontroverse um den Marktführer. Signal registrierte in den letzten Tagen eine wahre Flut an neuen Nutzern. Dazu beigetragen hat ein Tweet von Elon Musk (49), der neuerdings der reichste Mensch der Welt ist. «Use Signal», verkündete Musk auf Twitter. Fünf Stunden später meldete der Whatsapp-Rivale Verzögerungen beim Ausliefern der Verfikationscodes, die nötig sind, um ein Konto zu eröffnen.

Musk gilt als scharfer Kritiker des Facebook-Konzerns. In der letzten Woche veröffentlichte er auch ein Bild zum Dominoeffekt der sozialen Medien. Es stellt einen verhängnisvollen Zusammenhang her zwischen der Facebook-Gründung und dem Sturm auf das US-amerikanische Kapitol vor wenigen Tagen. Muss Whatsapp jetzt weg vom Handy? Und was sagt eigentlich der Datenschützer Adrian Lobsiger (61) dazu?

Vorsicht vor Gratisdiensten, sagt Datenschützer

«Wir raten bei Gratisdiensten generell zur Vorsicht», sagt eine Sprecherin des Datenschützers. Nutzer sollen die Datenschutzerklärungen der Apps «genau» lesen. Eine Empfehlung für oder gegen einen Messenger spricht Lobsiger aber nicht aus.

Dafür gibt es eine Einordnung der neuen AGB: «Für Schweizer Nutzer gelten dieselben Nutzungsbedingungen wie für europäische Länder», so die Sprecherin. «Gemäss diesen Bestimmungen werden Daten an Facebook-Unternehmen für bestimmte Zwecke geliefert, aber nach wie vor ist Facebook nicht berechtigt, Personendaten, die es im Auftrag von Whatsapp zur Bearbeitung erhält, für eigene Zwecke zu bearbeiten.»

Das heisst konkret: Eine Verknüpfung der Daten aus Facebook, Instagram und Whatsapp ist nicht erlaubt. Zumindest nicht bei Usern aus der Schweiz.

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