«Es ist überraschend, das Rohner auf den Bonus verzichtet»
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Konsequenzen nach CS-Debakel:«Es ist überraschend, das Rohner auf den Bonus verzichtet»

4,4-Milliarden-Debakel der «Misskredit Suisse»
Die Richtigen müssen die Zeche bezahlen

Das Debakel mit dem Hedgefonds Archegos kostet die Schweizer Grossbank Milliarden. Die Risikochefin und der Chef der Investmentbank müssen gehen, der Geschäftsleitung und dem Präsidenten werden Vergütungen gekürzt.
Publiziert: 07.04.2021 um 00:41 Uhr
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Aktualisiert: 07.04.2021 um 09:38 Uhr
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Sesselrücken bei der Credit Suisse. Wegen des Debakels mit dem Hedgefonds Archegos ...
Foto: keystone-sda.ch
Christian Kolbe und Nicola Imfeld

Diese Dame hat ihrem Namen wahrlich keine Ehre gemacht: Lara Warner (52) hätte als oberste Risikochefin die Credit Suisse vor dem Debakel mit dem US-Hedgefonds Archegos warnen müssen. Tat sie nicht, jetzt ist sie ihren Job los, ebenso wie Brian Chin (42), Chef der Investmentbank. Also der Abteilung der Bank, die unter anderem für Geschäfte mit riskanten Anlagevehikeln wie Hedgefonds zuständig ist.

Das Hedgefonds-Debakel kostet die Bank 4,4 Milliarden Franken und reisst im ersten Quartal ein tiefes Loch in die Kasse: Die Credit Suisse rechnet mit einem Verlust von 900 Millionen Franken. Noch völlig offen ist zudem, wie viel die Pleite der Greensill-Bank die CS und ihre Kunden kosten wird.

Mit diesen Kündigungen zieht die Bank die richtigen personellen Konsequenzen, sagt Martin Janssen (72), Professor für Finanzmarktökonomie: «Die Risikochefin und der Chef der Investmentbank sind keine Bauernopfer, sie sind meiner Meinung nach die Schuldigen am Debakel.»

Sowohl Warner wie auch Chin arbeiten seit vielen Jahren für die Credit Suisse, haben sich innerhalb der Bank hochgedient, sollten den Laden also in- und auswendig kennen. Vor allem die Risiken, die mit gewissen Geschäften verbunden sind. «Die Credit Suisse hat ein grösseres Problem mit dem Risikomanagement», sagt Adriano Lucatelli (55), Vermögensverwalter und Gründer von Descartes Finance.

Konzernchef Gottstein muss bleiben

Janssen vermutet gar ein systemisches Problem: «Die CS ist im Vergleich mit anderen globalen Banken relativ klein. Wenn sie also in der Liga der Grossen mitspielen will, dann muss sie bei einzelnen Geschäften mehr Risiken eingehen, um mit grossen Kunden im Geschäft zu bleiben.»

Weitere personelle Wechsel brauche es allerdings nicht, die wären sogar gefährlich, glaubt Janssen: «Thomas Gottstein (57) ist im Moment unerlässlich für die Bank.» Denn CS-Präsident Urs Rohner (61) tritt Ende April ab, überlässt den Job António Horta-Osório (56). Die Suche nach einem neuen Konzernchef ist so ungefähr das Letzte, was die CS jetzt gebrauchen könnte.

Der Portugiese steht vor schwierigen Aufgaben. «Der neue Präsident hat am besten schon einen Plan in der Tasche, wie er die Bank neu aufstellen will», sagt Lucatelli. Der Vermögensverwalter hat für beide Grossbanken gearbeitet. Sein Rezept für einen Neuanfang: «Die CS muss sich auf alte Stärken und Werte rückbesinnen. Dazu gehören Stabilität, Sicherheit, Vertrauen und kompetente Beratung.»

Kommt noch mehr?

Das Ende seiner Karriere wird für den scheidenden Präsidenten Rohner immer bitterer. Seine Bilanz fällt nach zehn Jahren an der Spitze mager aus. Immerhin verzichtet er auf die mit 1,5 Millionen Franken dotierte Präsidentengage, bekommt aber immer noch einen Lohn von 3,2 Millionen Franken.

Die Credit Suisse hat am Ostermontag an der New Yorker Börse weitere Positionen abgestossen. «Das deutet daraufhin, dass im zweiten Quartal noch weitere, allerdings massiv geringere Verluste im Zusammenhang mit der Hedgefonds-Pleite auf die CS zukommen könnten», sagt Andreas Venditti (48), Analyst bei Vontobel.

Boni der Geschäftsleitung gestrichen

Die Boni für das Jahr 2020 werden für Konzernchef Gottstein und die Mitglieder der übrigen Geschäftsleitung gestrichen. Zusammen mit dem Verzicht von Präsident Rohner kommen so knapp 41 Millionen Franken zusammen. Im Fall von CEO Gottstein heisst das: Anstatt 8,5 Millionen Franken insgesamt gibt es nur das fixe Gehalt von 2,9 Millionen Franken.

Ein Milliardenverlust – braucht die Bank deswegen frisches Geld, droht die Kapiteldecke zu dünn zu werden? Im Moment dürfte es noch reichen, da auch die Dividende um zwei Drittel gekürzt, das Aktienrückkaufprogramm gestoppt wird. «Nur den regulatorischen Anforderungen beim Eigenkapital zu genügen, das reicht nicht», sagt Banker Lucatelli. So kommt das Vertrauen kaum zurück.

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