Das erste Corona-Jahr hat der Schweiz eine Krise von historischem Ausmass beschert: Viele Menschen mussten den Gürtel enger schnallen, nicht wenige Kleinunternehmen blicken noch immer in den Abgrund.
Nur an der Spitze gewisser Grosskonzerne scheint man davon wenig zu spüren. Dies zeigt ein Blick auf Topsaläre, die derzeit in den Geschäftsberichten 2020 auftauchen.
Zu Beginn der Pandemie war noch viel von Zusammenhalt die Rede. Tatsächlich zeigten sich manche Unternehmen solidarisch mit Corona-Geschädigten. Doch von dieser vorbildlichen Bescheidenheit in schwierigen Zeiten ist heute nicht mehr viel zu spüren.
Beispiel UBS: Für 2020 bezog Sergio Ermotti 13,3 Millionen Franken – mehr als im Jahr zuvor, obwohl er nur bis Ende Oktober CEO war. Immerhin spendete er eine Million für Corona-Geschädigte. Nachfolger Ralph Hamers kassierte für seine ersten vier Monate bei der UBS 4,2 Millionen Franken.
Die Credit Suisse strauchelt derzeit von einem Desaster ins nächste: erst der Überwachungsskandal um Iqbal Khan, jetzt verzockte Anlage-Milliarden. Und man fragt sich: Hat hier eigentlich niemand aus der Finanzkrise gelernt? Zumal die CS als systemrelevant gilt, also nicht in Konkurs gehen darf, weil im Notfall der Steuerzahler einspringen müsste.
Dennoch erhielt Verwaltungsratspräsident Urs Rohner 2020 gleich viel wie im Vorjahr: 4,7 Millionen Franken. Wo es sonst immer heisst, hohe Boni seien an gute Leistungen geknüpft …
Die Chefs von Nestlé, Novartis, Roche bezogen jeweils mehr als zehn Millionen. Die Gehälter bei ABB, CS, Lonza und Zurich lagen nicht allzu viel darunter.
Zwar ist die Schweiz ein Land der Grosskonzerne. Und wenn sie sogar in Krisenzeiten funktionieren, ist das gut für Arbeitsplätze, Zulieferer und Steueraufkommen – also für uns alle.
Aber die Entfremdung dieser Kolosse von der Bevölkerung wird umso grösser, als ihre Topmanager in abgeschotteten Teppichetagen residieren, völlig losgelöst von der Lebenswelt der meisten Schweizerinnen und Schweizer. Wenn sie in den gesellschaftlichen Debatten nicht präsent sind, sondern einzig von ihren Aktienkursen getrieben scheinen.
Zum Glück leben wir in einem freiheitlichen System. Da dürfen Aktionäre ihren Managern zahlen, so viel sie wollen. Sogar mitten in der Corona-Krise Milliarden verspekulieren, wie es ihnen beliebt. Und in ihrer eigenen Kunstwelt leben, wenn es ihnen Spass macht.
Aber alles hat seinen Preis.
Die globalisierte Wirtschaft zahlt den Preis für ihre Entfremdung vom Rest der Gesellschaft an der Urne – zum Beispiel bei den Abstimmungen über die Konzernverantwortungs-Initiative oder die E-ID: Viele Stimmbürgerinnen und Stimmbürger glauben nicht mehr, was die Wirtschaft sagt.
Wen wunderts?