Sie sprangen beide in den Gründertagen des professionellen Snowboard-Sports jahrelang an der Weltspitze mit, gehören mit ihren Erfolgen zu den Pionieren und wurden zu Schweizer Ikonen. Doch wenn es um das sensationelle Weltcup-Comeback von Iouri Podladtchikov (36) geht, ist es vorbei mit den Gemeinsamkeiten von Gian Simmen (47) und Fabien Rohrer (49).
Während der Bündner Simmen, 1998 erster Olympiasieger in der Halfpipe, von Podladtchikovs Rückkehr richtiggehend euphorisiert ist, steht der Berner Dreifach-Weltmeister auf die Bremse. Rohrer findet, dass Podladtchikov seinen ganzen Ruf aufs Spiel setzt.
«Iouri hat viel getan für unseren Sport. Doch ‹einisch› muss auch mal gut sein», sagt der Berner zu Blick. Und erklärt, warum er die Rückkehr des 36-Jährigen kritisch betrachtet: «Wenn du als Sportler zurückkehrst und scheiterst, werden sich die Leute nur noch daran erinnern und nicht an die Erfolge.»
Rohrer hält die Top 3 der Weltspitze für unerreichbar
Der frühere Boarder-Sonnyboy schildert, dass er selber zum richtigen Moment aufgehört habe. «Der Gedanke an ein Comeback hat mich auch manchmal gekitzelt. Doch ich wollte nicht derjenige sein, der nicht merkt, dass seine Zeit vorüber ist. Der Grat ist schmal, plötzlich bist du die Lachnummer.»
Dass Podladtchikov derart tief fallen wird, glaubt Rohrer zwar nicht. Aber die frühere Weltnummer 1 warnt vor dem gnadenlosen Urteil der Öffentlichkeit. «Die Top 3 halte ich für unerreichbar», so Rohrer. «Selbst wenn sich Iouri für Olympia qualifizieren sollte und dort stark fährt, wird er maximal Vierter oder Fünfter. Ich war selber Olympia-Vierter, das ist leider nichts wert.»
Kollege Simmen hingegen ist Feuer und Flamme für Podladtchikovs Vorhaben, Mailand-Cortina ins Visier zu nehmen. «Alle Ampeln stehen auf Grün, dass es sehr gut kommen kann», sagt der SRF-Experte, der von Videos her weiss, dass Podladtchikov in den letzten Wochen viele Trainingsstunden in den Pipes herumflog. «Wenn sich Iouri Ziele setzt, hat er sich intensiv damit auseinandergesetzt.»
Für Gian Simmen ist das Alter kein Faktor
Der Nagano-Held ist sich sicher, dass «iPod» die rasante Entwicklung der Halfpipe-Tricks in den letzten Jahren verfolgt hat und genau weiss, welches Niveau es heutzutage braucht, um eine Quali zu übersehen oder einen Contest zu gewinnen. «Er hat zwar kein Sommertraining gemacht. Aber er ist topfit, alle seine früheren Verletzungen sind ausgeheilt.»
Zwar schränkt Simmen ein, dass die 14 Monate bis zu den Spielen knapp seien. «Aber Iouri wird den Fokus voll auf Sport setzen und geht All-in für Olympia. Dass er in Korea 2018 nicht wie gewünscht dabei sein konnte, war nun wohl mit ein Grund, 2026 nochmals unbedingt olympisch dabei sein zu wollen.»
Doch das Alter? Diese Bedenken wischt Simmen weg und stellt fest: «Scotty James (der Australier ist Gesamt-Dritter im Halfpipe-Weltcup, Anm. d. Red.) ist auch schon 30 Jahre und vorne dabei.» Rohrer hingegen sagt nüchtern: «Realistisch betrachtet wird es für Iouri schwierig.»